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„.. das 2,6-fache der nicht geringen Menge“ ist auch noch gering….

Cannabis BlattSo, und hier dann noch ganz kurz eine Entscheidung des BGH zur Strafzumessung. Es ist der BGH, Beschl. v. 30.06.2015 –  2 StR 476/15 -, ergangen in einem Verfahren mit dem Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Zu der angesprochenen Problematik hat der BGH in der letzten Zeit wiederholt Stellung genommen. Nämlich Strafmilderung-/schärfung bei der „nicht geringen Menge“. Darum geht es auch hier. Der BGH erteilt folgenden Hinweis:

„Eine geringe Unterschreitung der Untergrenze zur nicht geringen Menge ist ein Strafmilderungsgrund. Das 2,6-fache der nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln ist auch noch derart gering, dass dies jedenfalls nicht als be-stimmender Strafschärfungsgrund gewertet werden kann (BGH NStZ-RR 2016, 141).“

Handel mit BtM in nicht geringer Menge, oder: Eigenkonsum

entnommen wikimedia.org Author H. Zell

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Author H. Zell

Das OLG Hamburg kommt hier in der „Berichterstattung“ ein wenig kurz, jetzt habe ich aber – dem Kollegen Just aus Hamburg sei Dank – eine Entscheidung, über die ich berichten kann. Es ist der OLG Hamburg, Beschl. v. 02.09.2016 – 2 REV 68/16. Dabei handelt es sich um einen Klassiker aus dem BtM-Bereich: Der Angeklagte war angeklagte wegen Handel mit Betaäubungsmittel in nicht geringer Menge. Das LG geht entgegen der Einlassung des Angeklagten davon aus, dass er selbst nur in geringem Maße Marihuana konsumiert hat und hält am Vorwurf des Handeltreibens für die Gesamtmenge fest, ohne zu würdigen, was zumindest auf den auch vom LG angenommenen „geringen Eigenkonsum“ entfallen war. Das OLG hebt auf, u.a. mit folgender Begründung:

„Im Feststellungsabschnitt zu Ziffer III. der Urteilsgründe heißt es zu den Beweggründen des Angeklagten, dass dieser sich im Herbst 2014 entschlossen habe, in dem halben Zimmer seiner Wohnung Marihuana zum Gewinn bringenden Verkauf anzubauen und das in der Wohnung insgesamt sichergestellte Marihuana von dem Angeklagten zum Gewinn bringenden Weiterverkauf angebaut bzw. zum Teil bereits verkaufsfertig portioniert sowie verpackt worden sei. Die Absicht Gewinn bringenden Verkaufs hat das Landgericht vertretbar aus einer Vielzahl im Einzelnen ausgeführter Indizien gewonnen.

Andererseits erbringen die Urteilsgründe, dass das Landgericht zugleich davon ausgegangen ist, dass ein als gering bezeichneter Anteil der Drogen zum Eigenkonsum des Angeklagten für sich und Freunde bestimmt war. Insoweit fehlt jedoch eine hinreichende Bestimmung der Größenordnung des darauf entfallenden Anteils. So hat das Landgericht nach den Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten und der diesbezüglichen Beweiswürdigungserwägungen (Ziffer II. der Urteilsgründe) sowie einzelner Beweiswürdigungserwägungen zu den zur Sache getroffenen Feststellungen (Ziffer IV. der Urteilsgründe) die auf einen ausschließlichen Anbau zum Eigenkonsum zielenden Angaben des am … geborenen Angeklagten, seit seinem sechzehnten Lebensjahr Marihuana konsumiert und seit 2013 bis zu der am 20. Oktober 2014 erfolgten polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung seine Freizeit ausschließlich mit dem Konsum von Marihuana verbracht zu haben, nicht geglaubt, sondern im Hinblick ins-besondere auf die absolvierte kaufmännische Berufsausbildung des Angeklagten und sein langjähriges beanstandungsfreies Berufsleben sowie die große Menge von insgesamt 752,18 g am 20. Oktober 2014 in der Wohnung des Angeklagten befindlichen Marihuanas und die professionelle Ausstattung den von dem Ange-klagten geschilderten exzessiven Marihuanakonsum als nicht glaubhafte Schutzbehauptung gewertet. Allerdings hat es nach den zur Sache und zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten getroffenen Feststellungen sowie den zugehörigen Beweiswürdigungserwägungen nicht jeglichen Eigenkonsum, sondern nur den von dem Angeklagten behaupteten exzessiven Konsum als widerlegt angesehen und bei der zur Strafrahmenbestimmung bei Prüfung des Vorliegens eines minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG vorzunehmenden und vorgenommenen Gesamtabwägung der für und gegen die Annahme eines minder schweren Falles sprechenden Zumessungsgesichtspunkte sowie erneut bei der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe zu Gunsten des Angeklagten gewertet, das möglicherweise „die Hemmschwelle zur Begehung der Taten durch eigenen geringen Drogenkonsum herabgesetzt“ war. Dafür, dass dieser Eigenkonsum nur andere Drogen als das von dem Angeklagten selbst angebaute Marihuana betraf, gibt es nach den landgerichtlichen Feststellungen keine Anhaltspunkte.

b) Die fehlende nähere Einordnung der Größenordnung der auf den danach nicht ausgeschlossenen und damit zu Gunsten des Angeklagten angenommenen Eigenkonsum entfallenden Betäubungsmittelmenge betrifft vorliegend außer dem Schuldspruch auch die Prüfung des Vorliegens eines minder schweren Fall sowie die Bemessung von Einzelstrafen und Gesamtstrafe….“

Bei der Gelegenheit: Der Kollege Just hat zusammen mit der Kollegin Maurer aus HH vor kurzem bei Facebook eine Gruppe gegründet: „Fachanwälte für Strafrecht | Strafverteidiger“ mit inzwischen gut 300 Mitgliedern. Vielleicht hat das ja der ein oder andere Kollege noch nicht gesehen. Einfach beitreten oder melden bei einem Mitglied. Dann wird man zugefügt 🙂 .

BtM: Die „nicht geringe Menge“ bei JWH-210 und bei MDPV

© macrovector - Fotolia.com

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Jeder Rechtsanwalt, der im BtM-Bereich verteidigt, weiß: Auf die „nicht geringe“ Menge kommt es an bzw. die ist für die Höhe der ggf. zu verhängenden Strafe von erheblicher Bedeutung. Daher sind Entscheidungen der Obergerichte, die sich zu „Grenzwerten“ äußern, für die Praxis von erheblicher Bedeutung. Daher dann auch der OLG Nürnberg, Beschl. v. 04.04.2016 – 2 OLG 8 Ss 173/15, der Aussagen zu den Grenzwerten bei JWH-210 und MDPV macht, und zwar nach den Leitsätzen wie folgt:

  1. Der Grenzwert zur nicht geringen Menge JWH-210 liegt bei 2 Gramm Wirkstoffgehalt.
  2. Der Grenzwert zur nicht geringen Menge MDPV liegt bei 10 Gramm Wirkstoffgehalt.

Für den Grentwert bei JWH-210 bezieht sich das OLG auf den BGH, Beschl. v. 05.11.2015 -4 StR 124/14. Für den Grenzwert zu 2 ist im Verfahren ein Sachverständiger gehört worden.

Anpflanzung von Cannabis – Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge?

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Eine interessante betäubungsmittel -rechtliche Frage hat der BGH mit dem für eine Veröffentlichung in BGHSt vorgesehenen Beschl. v. 20.12.2012 – 3 StR 407/12 – entschieden. Nämlich die Frage, ob die Anpflanzung von Cannabis mit dem Ziel späterer Ernte und gewinnbringenden Weiterverkaufs „Handeltreiben“ i.S. des BtMG darstellt und wann ein Handeltreiben mit Betäunbungsmitteln in nicht geringer Menge vorliegt.

Dazu sagt der BGH:

  • Das „Handeltreiben“ mit Betäubungsmitteln umfasst jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit, soweit es sich nicht lediglich um typische Vorbereitungen handelt, die weit im Vorfeld des beabsichtigten Güterumsatzes liegen. Für ein vollendetes „Handeltreiben“ kann es daher ausreichen, dass Cannabissetzlinge mit dem Ziel einer späteren Ernte und des gewinnbringenden Weiterverkaufs angepflanzt werden, auch wenn es dazu letztlich nicht mehr kommt.
  • In einem solchen Fall kommt es für die Frage nach der nicht geringen Menge nicht darauf an, welchen Wirkstoffgehalt die angebauten Pflanzen konkret haben, sondern auf welchen geplanten Umsatz die Aufzucht gerichtet ist. Maßgeblich ist die Menge , die mit der bereits begonnenen Aufzucht der Pflanzen letztlich erzielt und gewinnbringend veräußert werden soll.

In solchen Verfahren wird man zur Bestimmung der geringen Menge wahrscheinlich kaum ohne einen Sachverständigen auskommen.

Hinweis: Die Entscheidung des BGH ist aus zwei weiteren Gründen von Bedeutung/lesenswert, nämlich

  • im Hinblick auf das Handeln als „Bande“
  • und die Frage der Zweier/Dreierbesetzung der großen Strafkammer.

Auf den letzten Punkt komme ich noch mal zurück.

 

 

Wann liegt eine nicht geringe Menge von Nitrazepam vor – für „Btm-Verteidiger“ wichtig

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Machen wir noch mal was zu den Betäubungsmitteln, und zwar den OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.0.2012 – 2 Ss 154/12, der sich mit dem Besitz einer nicht geringen Menge von bei Erwerb noch nicht in der Positivliste enthaltenen Betäubungsmitteln befasst. Dazu das OLG mit folgenden Leitsätzen:

1. Wer Betäubungsmittel besitzt, die erst nach deren Erwerb in die Anlagen zum BtMG aufgenommen wurden, macht sich nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG wegen unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes strafbar, wenn er zum Zeitpunkt des Besitzes keine Erlaubnis hat.

2. Dagegen scheidet eine Strafbarkeit nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG wegen unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes in nicht geringer Menge aus, wenn zum Zeitpunkt des Erwerbs keine Erlaubnispflicht nach § 3 Abs. 1 BtMG bestand.

Interessant ist der Beschluss darüber hinaus, weil das OLG – in einem obiter dictum – davon ausgeht, dass bei Nitrazepam eine nicht geringe Menge ab einem Wirkstoffgehalt von 2,4 g vorliegt. Dazu gibt es bisher nichts.