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Machen wir heute mal zum Wochenauftakt – ist ja nur eine kurze „Arbeitswoche“ – etwas schwerere Kost, nämlich einmal „Kapsachen“, und zwar Mord. Und zwar den BGH, Beschl. v. 26.03.2014 – 2 StR 505/13, in dem der BGH das landgerichtliche Urteil aufgehoben hat, weil das LG – so der BGH – das Tatabestandsmerkmal der „niedrigen Beweggründe“ ggf. verkannt hat. Ausgangspunkt war folgender Sachverhalt:
„1. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten Lebensgefährten, sie lebten unter Obdachlosen und waren alkoholabhängig. Am 30. April 2012 wurde ihnen in ihrer vorübergehenden Unterkunft ein Hausverbot erteilt. Sie luden ihre Habe in einen Einkaufswagen und verließen die Unterkunft, um zunächst gemeinsam mit anderen Obdachlosen die Zeit im Freien zu verbringen und dann in einer Unterführung zu übernachten. Der Angeklagte F. hatte den Verdacht, dass der zum Kreis der Obdachlosen gehörende S. an einem sexuellen Kontakt mit der Angeklagten B. interessiert sei. Deshalb war er eifersüchtig und aggressiv. Er drohte damit, den gehbehinderten S. umzubringen. Ein anderer Obdachloser konnte zunächst eine Eskalation verhindern. Nachdem sich die Angeklagten in eine nahe gelegene Unterführung zurückgezogen hatten, ging der stark alkoholisierte S. auf seinem Weg zu einem „Übernachtungscontainer“ auf die Unterführung zu, weil er dort Stimmen hörte. Der Angeklagte F. erkannte eine Gelegenheit, S. „mit dem Tode zu bestrafen“, nahm ihn in den „Schwitzkasten“ und versuchte, ihn durch Genickbruch zu töten. Dabei brach er ihm die Kehlkopfhörner sowie das Zungenbein und ließ das Opfer zu Boden fallen. Dann trat der Ange-klagte F. den Bewusstlosen ins Gesicht, zog ihn gemeinsam mit der An-geklagten B. einige Meter von der Unterführung weg auf den gepflasterten Weg, wo er weiter auf Kopf und Oberkörper des Opfers eintrat. Durch die Tritte erlitt das Opfer umfangreiche Zertrümmerungen der Gesichtsknochen sowie Rippenbrüche, „wollte“ aber aus der Sicht des Täters „einfach nicht verrecken“. Die Angeklagte B. erkannte die mit Tötungsvorsatz ausgeführten Handlungen und befürchtete, dass sie erhebliche strafrechtliche Folgen für ihren Lebensgefährten haben könnten. Sie zerschlug eine kleine Flasche, nahm ein Bruchstück des Glases, trat an das Opfer heran und schnitt ihm mehrfach in den Hals. Danach fühlte sie ihm den Puls, bis dieser nicht mehr spürbar war. Der Angeklagte F. trat auch danach noch auf das Opfer ein, holte einen Hammer und schlug dem bereits Verstorbenen damit mehrfach auf den Kopf.
Die Revision der Angeklagten B. hatte mit der Sachrüge Erfolg, die des Angeklagten F. übrigens auch, aber aus anderem Grund. Nach Auffassung des BGH tragen die Urteilsgründe den Schuldspruch wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen nicht. Sie lassen vielmehr – so der BGH – besorgen, dass das LG von einem falschen Maßstab ausgegangen sei.
Auf das äußere „Tatbild“ einer brutalen Tötung kommt es dafür nicht an, sondern auf eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Hand-lungsantriebe des jeweiligen Täters maßgeblichen Faktoren (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2001 – 2 StR 259/01, BGHSt 47, 128, 131). Auch ist die vom Landgericht hervorgehobene „Solidarität“ der Angeklagten B. mit dem Angeklagten F. nicht von Belang, weil eine Zurechnung des von dem Mittäter verwirklichten Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe nach § 25 Abs. 2 StGB nicht möglich ist. Mittäter einer vorsätzlichen Tötung können wegen Tot-schlags oder Mordes unterschiedlich beurteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 1989 – 1 StR 479/88, BGHSt 36, 231, 233). Ein Handeln aus niedrigen Beweggründen ist für jeden Mittäter der vorsätzlichen Tötung gesondert zu prü-fen. Daran sind die Überlegungen der Schwurgerichtskammer durch die Her-vorhebung einer „Solidarität“ der Angeklagten B. mit ihrem Lebensgefähr-ten zum Teil vorbeigegangen.
Im Übrigen hat das Landgericht Gesichtspunkte hervorgehoben, die eine Bewertung des Motivs als besonders verachtenswert nicht rechtfertigen. Aus der „Beziehung zum Opfer“ lässt sich für die Angeklagte B. , die „ein freundschaftliches Verhältnis“ zu dem Getöteten gehabt hatte, kein niedriger Beweggrund ableiten. Insoweit ist auch die „Vorgeschichte der Tat“ ohne Aussagekraft.“