Manchmal haben zivilverfahrensrechtliche Entscheidungen auch Auswirkungen auf das Straf- bzw. Bußgeldverfahren. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn es um Zustellungsfragen geht. So daher auch der BGH, Urt. v. 16.06.2011 – III ZR 342/09, in dem es um die Frage der Wirksamkeit einer Ersatzzustellung ging. Die Frage kann im Bereich der Problematik: Frist versäumt und/oder Wiedereinsetzung erforderlich oder nicht, Bedeutung erlangen.
In dem vom BGH entschiedenen Fall heißt es zur Zustellung:
„In dem Haus B. Straße 8 hatten außer der Beklagten noch zwei weitere Parteien eine Wohnung beziehungsweise Geschäftsräume. In der Außentür des Hauses befand sich ein einzelner Briefschlitz, in den die Post für alle drei Parteien eingeworfen wurde. Da innen ein Behältnis nicht angebracht war, fielen die Sendungen hinter der Tür auf den Boden des Hausflurs. Die Beklagte macht geltend, sie habe am 3. September 2007 ihre Geschäftsräume dort aufgegeben und ihren Sitz an einen neuen Standort verlegt. Ihr Vorstand habe bereits am 29. August 2007 die Schilder mit ihrem Namen an der Hauseingangstür und am Briefeinwurf abmontiert. Sie ist deshalb der Auffassung, der Vollstreckungsbescheid sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden.“
Der BGH befasst sich in Zusammenhang mit der Frage nach der Wirksamkeit der Ersatzzustellung (§ 178 ff. ZPO) zunächst mit dem Begriff der „Wohnung“ oder des „Geschäftsraums“. Dazu heißt es:
„Die Ersatzzustellung nach §§ 178 bis 181 ZPO setzt voraus, dass eine Wohnung oder ein Geschäftsraum des Adressaten an dem Ort, an dem zugestellt werden soll, tatsächlich von dem Adressaten genutzt wird (z.B. BGH, Beschlüsse vom 22. Oktober 2009 – IX ZB 248/08, NJW-RR 2010, 489 Rn. 15 und vom 2. Juli 2008 – IV ZB 5/08, ZIP 2008, 1747 Rn. 7 und Urteil vom 19. März 1998 – VII ZR 172/97, ZIP 1998, 862, 863). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz genügt der bloße, dem Empfänger zurechenbare Rechtsschein, dieser unterhalte unter der jeweiligen Anschrift eine Wohnung oder Geschäftsräume, für eine ordnungsgemäße Zustellung nicht. Dies ergibt sich aus dem unmissverständlichen Wortlaut der §§ 178 bis 181 ZPO, nach dem nur in der Wohnung beziehungsweise den Geschäftsräumen oder durch Einwurf in die hierzu gehörenden Postempfangsvorrichtungen zugestellt werden kann, nicht aber dort, wo lediglich der Anschein einer Wohnung oder eines Geschäftsraums besteht.“
In einer Segelanweisung definiert/erläutert er dann den Begriff „Geschäftslokal“ näher.
In einem zweiten Schritt setzt er sich dann mit der Art der Zustellung auseinander. Dazu heißt es:
„Die Wirksamkeit der Zustellung scheiterte, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht daran, dass der Vollstreckungsbescheid in den in der Außentür des Hauses B. Straße 8 befindlichen Briefschlitz eingeworfen wurde, obgleich es sich um eine von drei Parteien gemeinschaftlich genutzte Vorrichtung handelte und sich auf der Innenseite der Tür keine geschlossene Auffangvorrichtung für die eingeworfene Post befand. Der gemeinsame Briefschlitz in der Haustür eines Mehrparteienhauses ist jedenfalls dann eine „ähnliche Vorrichtung“ im Sinne des § 180 Satz 1 ZPO, die eine Zustellung ermöglicht, wenn, wie hier, in dem betreffenden Gebäude lediglich drei Parteien wohnen beziehungsweise Geschäftsräume unterhalten, der Zustellungsadressat gewöhnlich seine Post durch diesen Einwurf erhält und – etwa aufgrund einer entsprechenden Beschriftung – eine eindeutige Zuordnung zum Adressaten möglich ist.“
Die Frage ist in der Rechtsprechung bislang nicht ganz eindeutig gesehen worden.