In der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, dem LG Oldenburg, Beschl. v. 29.11.2022 – 6 Qs 60/22, geht es erneut um das Trennungsgebot betreffend jugendliche U-Haft-Gefangene. Ergangen ist der Beschluss ebenfalls in dem Verfahren, in dem auch der vorhin vorgestellte LG Oldenburg, Beschl. v. 29.11.2022 – 6 Qs 62/22 – ergangen ist (vgl. dazu: U-Haft I: Trennung von Jugendlichen und Erwachsenen, oder: Keine faktische Einzelhaft zur Organisation).
In dieser – zweiten – Entscheidung geht es um die Frage der Rechtswidrigkeit der Unterbringung von jugendlichen U-Haft-Gefangenen zusammen mit Erwachsenen. Dazu meint das LG:
„Die gemäß § 167 NJVolIzG i.V.m. mit § 304 StPO zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cloppenburg vom 12.10.2022 (BI. 102 Bd. II d.A.) ist begründet. Das für die Zulässigkeit eines Feststellungsantrags erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse liegt vor. Der Beschwerdeführer befindet sich weiterhin in Untersuchungshaft, sodass im Falle einer erneuten Vorführung über die JVA Vechta eine mögliche Wiederholung des Verstoßes gegen den Trennungsgrundsatz droht.
Die gemeinsame Unterbringung mit erwachsenen Insassen ohne gerichtliche Zustimmung war rechtswidrig.
Die Ausgestaltung des Untersuchungshaftvollzugs für junge Gefangene ist in Niedersachsen im NJVoIIzG insbesondere in den §§ 157 ff. geregelt.
Gemäß § 170 Abs. 2 NJVollzG sind für die einzelnen Vollzugsarten (Freiheitsstrafe, Jugend-strafe, Untersuchungshaft an jungen Gefangenen und Untersuchungshaft an sonstigen Untersuchungsgefangenen), für den Vollzug an Frauen und Männern sowie für den Vollzug der Freiheitsstrafe an jungen Verurteilten jeweils gesonderte Anstalten oder Abteilungen einzurichten. Gemäß § 171 Abs. 2 S.1 NJVollzG sind die einzelnen Vollzugsarten jeweils in den dafür bestimmten gesonderten Anstalten oder Abteilungen zu vollziehen.
Der Vollzug einer Vollzugsart kann jedoch gemäß § 171 Abs. 2 S. 3 NJVollzG unter bestimmten Voraussetzungen in einer für eine andere Vollzugsart bestimmten Anstalt oder Abteilung erfolgen. Dies ist insbesondere dann möglich, wenn es dringende Gründe der Vollzugsorganisation erfordern oder eine Zustimmung des Gefangenen vorliegt. Jedenfalls ist jedoch im Falle einer Abweichung vom Trennungsgrundsatz im Falle der Untersuchungshaft auch die Zustimmung des zuständigen Gerichts nach § 171 Abs. 2 S. 4 NJVollzG einzuholen.
Eine solche vorher erforderliche Zustimmung wurde erst mit Schreiben vom 03.11.2022 erteilt, sodass bereits aus formellen Gründen, die vorherige Aufhebung des Trennungsgrundsatzes rechtswidrig war.
Darüber hinaus sind auch der vorliegenden Stellungnahme der JVA Vechta keine dringenden Gründe der Vollzugsorganisation zu entnehmen, welche eine Abweichung vom Grundsatz des Trennungsgrundsatzes rechtfertigten.
Da es bereits gemäß den obigen Ausführungen an der im Vorhinein erklärten gerichtlichen Zustimmung zur Abweichung vom Trennungsgrundsatz mangelt, konnte davon abgesehen werden, eine weitere Stellungnahme der JA Hameln zur fehlenden Trennung auf dem Sammeltransport einzuholen, da auch für diesen eine vorherige Zustimmung des zuständigen Gerichts erforderlich gewesen wäre.“