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Beweisantrag II: Fristsetzung beim Beweisantrag, oder: War die Einhaltung der gesetzten Frist unmöglich?

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Im zweiten Posting stelle ich hier den BGH, Beschl. v.  13.03.2024 – 5 StR 393/23 – vor. Die Angeklagten sindt vom LG u.a. wegen wegen Geiselnahme in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Dagegendie Revisionen, die keinen Erfolg hatten. In seinerm Verwerfungsbeschluss hat der 5. Strafsenat „ergänzend“ zum Vortrag des GBA zu den erhobenen Verfahrensrügen Stellung genommen, und zwar wie folgt:

„2. Zu den von dem Angeklagten Y. erhobenen Verfahrensrügen, die unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten das Setzen einer Frist zur Stellung von Beweisanträgen und die Ablehnung eines nach Ablauf der Frist gestellten „Beweisantrags“ in den Urteilsgründen beanstanden, bemerkt der Senat über die Ausführungen des Generalbundesanwalts hinaus ergänzend:

a) Soweit geltend gemacht wird, die Frist habe nicht bestimmt werden dürfen, weil kein Verdacht für eine Prozessverschleppung bestanden habe, ist diese Rechtsauffassung unzutreffend (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Dezember 2023 – 3 StR 160/22, NJW 2024, 1122 ff.; vom 10. Januar 2024 – 6 StR 276/23, NJW 2024, 1594, 1595).

b) Mit der Stoßrichtung, die Frist sei angesichts der langen Verfahrensdauer und komplexen Beweisaufnahme unangemessen kurz gewesen, erweist sich die Rüge als unzulässig, weil sie den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügt. Denn die Revision hat den sich aus der Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft ergebenden Umstand verschwiegen, dass die Verteidiger schon längere Zeit vor der Fristsetzung (jedenfalls sechs Wochen) darüber informiert waren, dass die Strafkammer die Beweisaufnahme schließen wollte. Ohne die Kenntnis dieser Zeitabläufe wäre dem Senat eine Prüfung der Angemessenheit der Fristsetzung nicht möglich gewesen.

c) Darüber hinaus rügt die Revision, die Strafkammer habe durch Bescheidung des nach Fristablauf gestellten Antrags erst im Urteil gegen § 244 Abs. 6 Satz 3 und 4 StPO und den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen.

aa) Der Verfahrensbeanstandung liegt das folgende Geschehen zugrunde:

Am 171. Hauptverhandlungstag verfügte der Vorsitzende, dass den Beteiligten eine Frist zur Stellung von Beweisanträgen von einer Woche gesetzt werde. Auf Beanstandung am nächsten Hauptverhandlungstag – noch vor Fristablauf – wurde die Verfügung des Vorsitzenden von der Strafkammer bestätigt; eine Gegenvorstellung vom 173. Hauptverhandlungstag, einem Freitag, an dem die Frist ablief, wies die Strafkammer mit Beschluss vom selben Tag zurück. Am darauffolgenden Hauptverhandlungstag stellte einer der Verteidiger den Antrag, einen namentlich und mit Anschrift bezeichneten Zeugen zu laden mit der Begründung, dieser werde bekunden, dass er „während eines Aufenthalts in einem öffentlichen Raum“ ein Gespräch des Geschädigten „mit einer anderen männlichen Person mitbekommen“ habe. In dem Gespräch, das sich „am vergangenen Wochenende ereignet habe“, habe der Geschädigte eingeräumt, dass er die Angeklagten falsch beschuldigt und insbesondere den Sachverhalt übertrieben dargestellt habe. Weiter heißt es in dem Antrag, die Verteidigung habe zunächst die Angaben vor Stellung des Antrages selbst durch Vernehmung des Zeugen verifizieren wollen. „Nachdem die Kammer aber mit ihrer Beweisaufnahme am Ende [sei, werde] der Antrag unmittelbar gestellt.“

Die Strafkammer wies den Antrag im Urteil als Beweisermittlungsantrag zurück, denn das „Begehren [lasse] alle für die Stellung eines ernsthaften Beweisbegehrens zu verlangenden Angaben vermissen, die die Wahrnehmungssituation des benannten Zeugen u.a. in örtlicher, zeitlicher, situativer, personeller und relationaler Hinsicht konkretisieren.“ Auch nach den Maßstäben der gerichtlichen Aufklärungspflicht sei dem Antrag nicht nachzugehen.

bb) Die Rüge hat keinen Erfolg.

(1) Soweit sie mit der Stoßrichtung erhoben ist, die Strafkammer habe den Antrag nicht erst im Urteil bescheiden dürfen, weil die Verteidigung nach § 244 Abs. 6 Satz 5 StPO mit dem Antrag die Tatsachen glaubhaft gemacht habe, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht hätten, bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit. Denn in dem zitierten Antrag wird ausgeführt, dass die Verteidigung selbst beabsichtigt habe, den Zeugen zu vernehmen, um seine Angaben zu verifizieren. Im Widerspruch dazu erklärte der Verteidiger im Anschluss an die Antragstellung auf Nachfrage des Vorsitzenden jedoch, er könne keine Angaben zu dem behaupteten Gespräch machen, „weil er das Gespräch schnell abgebrochen habe, da er mit Zeugen während eines laufenden Verfahrens nicht spreche.“ Dieser Widerspruch wird im weiteren Rügevorbringen nicht ausgeräumt.

(2) Jedenfalls ist die Rüge auf der Grundlage des Revisionsvorbringens aber unbegründet, weil das Landgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass entgegen § 244 Abs. 6 Satz 5 StPO die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag nicht glaubhaft gemacht wurden.

Als Ergebnis der Glaubhaftmachung müssen die entscheidungsrelevanten Tatsachen zwar nicht in einer Weise bewiesen sein, dass sie zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Das Gericht muss die relevanten Umstände – insoweit gilt nichts anderes als etwa bei § 45 Abs. 2 StPO – aber zumindest für hinreichend wahrscheinlich ansehen (MüKo-StPO/Trüg/Habetha, 2. Aufl., § 244 Rn. 185v; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 244 Rn. 98; Schneider, NStZ 2019, 489, 497; Mosbacher, NStZ 2018, 9, 12), wobei es nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1967 – 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 347; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, aaO Rn. 98a).

Nach diesen Grundsätzen hat die Strafkammer ermessensfehlerfrei eine in diesem Sinne genügende Glaubhaftmachung verneint. Denn der Verteidiger hat letztlich jegliche Form der Glaubhaftmachung unterlassen und lediglich ausgeführt, er habe „das Gespräch“ schnell abgebrochen, da er mit Zeugen während eines laufenden Verfahrens nicht spreche. Damit bleibt schon offen, mit wem der Verteidiger „das Gespräch“ führte und damit, ob er von dem angeblich „am Wochenende“ stattgefundenen Gespräch von dem benannten Zeugen selbst oder von Dritten erfahren haben will. Weitere Fragen des Vorsitzenden dazu blockte der Verteidiger ab, indem er entgegnete, er gebe dazu keine Erklärung ab, weil er „kein Zeuge“ sei. Damit bestand für die Strafkammer keine Möglichkeit zu prüfen, ob das behauptete Gespräch überhaupt an dem Wochenende nach Ablauf der Fristsetzung stattgefunden haben konnte. Deshalb konnte sie nicht die Wahrscheinlichkeit der Umstände einschätzen, die dafür hätten sprechen können, dass die Einhaltung der Frist zur Stellung von Beweisanträgen unmöglich war.

Daran ändert nichts, dass der Vorsitzende der Strafkammer (überobligatorisch) noch am Tag der Antragstellung einen Gerichtswachtmeister zur Wohnung des angebotenen Zeugen entsandte, um einer in Erwägung gezogenen Aufklärungsverpflichtung nach § 244 Abs. 2 StPO zu genügen. Denn es stellte keine ausreichende Glaubhaftmachung für die Unmöglichkeit der Fristwahrung dar, dass in dem Antrag der Zeuge, der das Gespräch gehört haben sollte, mit ladungsfähiger Anschrift benannt worden war. Zur Glaubhaftmachung sind grundsätzlich „parate“ Beweismittel zu verwenden (MüKo-StPO/Trüg/Habetha, aaO Rn. 185w; Schneider, NStZ 2019, 489, 497). Dies folgt aus Sinn und Zweck der Glaubhaftmachung, die dem Gericht eine sofortige Entscheidung ermöglichen soll, ohne dass weitergehende Untersuchungen über die Hintergründe der Verspätung, die das Verfahren weiter verzögern würden, erforderlich sind (MüKo-StPO/Trüg/Habetha, aaO Rn. 185v mwN). Dieser Zweck würde konterkariert, wenn der Zeuge, der in der Hauptsache gehört werden soll, auch als Mittel der Glaubhaftmachung herangezogen würde. Hier war der Zeuge zudem über mehrere Stunden nicht an der genannten Anschrift anzutreffen und meldete sich trotz entsprechender Bitten gegenüber seiner dort aufhältigen Ehefrau und Schwester auch bis zum nächsten Hauptverhandlungstag nicht bei Gericht.

(3) Schließlich hat die Strafkammer im Ergebnis zu Recht verneint, dass es sich bei dem Begehren um einen Beweisantrag im Sinne von § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO gehandelt hat. Ihm war jedenfalls nicht zu entnehmen, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können sollte.

Dieses durch die Schaffung der Legaldefinition mit dem Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2121) in den Gesetzestext von § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO übernommene Erfordernis der sogenannten Konnexität verlangt, dass einem Beweisantrag beispielsweise zu entnehmen sein muss, weshalb ein Zeuge die Beweisbehauptung aus eigener Wahrnehmung bestätigen können soll, sofern sich dies nicht von selbst versteht. Dies soll gewährleisten, dass das Tatgericht die Ablehnungsgründe der Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache oder der Ungeeignetheit des Beweismittels prüfen kann (vgl. BT-Drucks. 19/14747, 34; MüKo-StPO/Trüg/Habetha, aaO Rn. 134; Meyer-Goßner/Schmitt aaO Rn. 21a).

Diese Voraussetzung war hier nicht gegeben. Denn die vagen Angaben in dem Antrag konkretisierten die Wahrnehmungssituation des benannten Zeugen weder in örtlicher („in einem öffentlichen Raum“), zeitlicher („am vergangenen Wochenende“), personeller („mit einer anderen männlichen Person“) oder situativer Hinsicht (der Zeuge soll das Gespräch „mitbekommen“ haben; unklar bleibt, ob er dies unmittelbar selbst hörte oder ob ihm darüber mittelbar berichtet wurde). Die Rüge einer Verletzung des § 244 Abs. 6 StPO war mithin auch deshalb unbegründet, weil die Vorschrift auf Beweisermittlungsanträge nicht anwendbar ist (vgl. MüKo-StPO/Trüg/Habetha, aaO Rn. 173 mwN).“

BGH II: Beweisantrag nach Ablauf einer gesetzten Frist, oder: Fristsetzung muss nicht begründet werden

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Und dann die zweite Entscheidung, der BGH, Besch. v. 10.01.2024 – 6 StR 276/23 – zu der (neuen) Vorschrift des § 244 Abs. 6 Satz 3 SzPO, also Fristsetzung zur Stellung eines Beweisantrages.

Ergangen ist der Beschluss in einem Verfahren, in dem mehreren Angeklagten Diebstahl vorgeworfen worden ist. Zwei der Angeklagten haben ihre Revisonen gegen ihre Verurteilungen auch mit der Verfahrensrüge begründet und zu deren Begründung folgendes Verfahrensgeschehen beanstandet:

Der Vorsit­zende der Strafkammer hatte am 11. Hauptverhandlungstag den Verfahrensbeteiligten eine Frist bis 11.07.2022 gesetzt, um Beweisanträge zu stellen. Diese Anordnung wurde auf Initiative der Verteidigung mehrfach verlängert. Am 15. Hauptverhandlungstag, an welchem diese Frist ablief, beantragte der Verteidiger des einen Angeklagten, ein Sachverständigengutach­ten einzuholen.

Die Strafkammer lehnte den Antrag am 04.10.2022 (16. Hauptverhand­lungstag) ab. Nach Ablauf der vom Vorsitzenden gesetzten Frist stellte der Verteidiger dieses Angeklagten am 17. Hauptverhandlungstag drei Beweisanträge. Am folgenden Sitzungstag gab der Vorsitzende bekannt, dass die Straf­kammer diese Anträge erst im Urteil bescheiden werde. Dies beanstandete der Verteidiger des Angeklagten. Die Strafkammer wies die Beanstandung zurück und lehnte die Anträge in den schriftlichen Urteilsgründen wegen Bedeutungslosigkeit ab. Die Revisionen der Angeklagten blieben hinsichtlich dieses Verfahrensgeschehens erfolglos:

„3. Die Strafkammer hat durch die Bescheidung der drei nach Fristablauf gestellten Anträge in den Urteilsgründen § 244 Abs. 6 Satz 1 StPO nicht verletzt.

a) Der Vorsitzende hat die Frist nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO wirksam gesetzt. Hierfür war – entgegen dem Revisionsvorbringen – der konkrete Verdacht einer Verschleppungsabsicht nicht erforderlich. Der Senat schließt sich der Ansicht und Begründung des 3. Strafsenats an (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2023 – 3 StR 160/22, Rn. 18 ff. mwN).

b) Der Beschwerdeführer beanstandet zudem ohne Erfolg, dass der Vorsitzende seine Anordnung nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO nicht begründet hat.

aa) Bei der Fristbestimmung nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO handelt es sich um eine Prozesshandlung des Vorsitzenden in Ausübung seiner Sachleitungsbefugnis (§ 238 Abs. 1 StPO), für die weder Gesetzeswortlaut noch systematische Erwägungen eine Begründung verlangen. Anderes folgt auch nicht aus § 34 StPO, weil die Anordnung nicht mit einem Rechtsmittel anfechtbar ist. Schließlich ergibt die Entstehungsgeschichte der Norm keine Anhaltspunkte für eine Begründungspflicht. Die Regelungen des § 244 Abs. 6 Sätze 3 bis 5 StPO wurden mit dem Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3202) – damals als Sätze 2 bis 4 – geschaffen. Der zugrundeliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 18/11277) enthält keine Ausführungen zu einem etwaigen Begründungserfordernis. Im Gegenteil lässt sich dem Reformgesetz die Bestrebung entnehmen, dem Vorsitzenden nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme die Bestimmung einer Frist für die Stellung weiterer Beweisanträge gerade zum Zwecke einer effizienten Verfahrensführung zu ermöglichen. Eine in jedem Fall notwendige Begründung liefe der erstrebten zügigen Verfahrensweise zuwider.

bb) Diese Auslegung korrespondiert mit der Tatsache, dass die Fristbestimmung an keine begründungsbedürftigen prozessualen Voraussetzungen oder Anlässe, etwa Anhaltspunkte für Verfahrensverschleppung, geknüpft ist (vgl. MüKo-StPO/Trüg/Habetha, 2. Aufl., § 244 Rn. 185j; aA LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 359i; Krehl in FS Fischer, 2018, S. 705, 708; Schneider, NStZ 2019, 489, 493). Schließlich sind Ausführungen dazu, dass im Zeitpunkt der Anordnung die von Amts wegen vorgesehenen Beweiserhebungen abgeschlossen sind, ebenfalls nicht veranlasst. Denn die Fristsetzung ist erst ab diesem Verfahrensstand möglich. Mit ihr kommt stets zugleich zum Ausdruck, dass aus Sicht des Vorsitzenden der Amtsaufklärungspflicht genügt worden ist (vgl. Schneider, aaO, 492).

cc) Dies entspricht im Übrigen den für sitzungsleitende Anordnungen allgemein geltenden rechtlichen Maßgaben (§ 238 Abs. 1 StPO). Bei diesen werden Vorsitzenden vielfach Freiräume in der Gestaltung zugebilligt (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 1996 – 4 StR 737/95, BGHSt 42, 73), deren Nutzung im Interesse einer straffen Durchführung der Hauptverhandlung grundsätzlich nicht schriftlich zu begründen ist.

dd) Vor diesem Hintergrund ist eine Begründung auch aus Fairnessgründen nicht geboten. Die Verfahrensbeteiligten können mittels des Zwischenrechtsbehelfs gemäß § 238 Abs. 2 StPO jederzeit eine gerichtliche Überprüfung erwirken, die im Falle der Bestätigung der Anordnung zu begründen ist. Anders als etwa bei der Zurückweisung von Fragen nach § 241 StPO (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 1975 – 5 StR 204/75, MDR 1975, 726; vom 6. März 1990 – 5 StR 71/90, BGHR StPO § 241 Abs. 2 Zurückweisung 3; LR/Becker, aaO, § 241 Rn. 22; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 241 Rn. 17; KK-StPO/Schneider, 9. Aufl., § 241 Rn. 14), kann sich insbesondere der verteidigte Angeklagte bei § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO überdies auch ohne Begründung auf die neue Prozesslage einstellen.

ee) Aus denselben Erwägungen muss schließlich auch die Dauer der bestimmten Frist regelmäßig nicht begründet werden (aA Schlothauer, FS Fischer, 2018, S. 819, 826). Dies gilt erst recht, wenn sich diese erkennbar an der Frist des § 217 StPO oder aber, im Ausnahmefall, an der gesetzlichen Höchstdauer einer Unterbrechung nach § 229 Abs. 1 StPO orientiert.

c) Die Beschwerdeführer dringen auch mit der weiteren Beanstandung nicht durch, sie seien bei der Bestimmung der Frist nicht auf die Rechtsfolgen einer nach Fristablauf erfolgten Antragstellung hingewiesen worden. Eine Hinweis- oder gar Belehrungspflicht liegt schon mit Blick auf hierfür fehlende Anhaltspunkte in Wortlaut und Systematik der Vorschrift fern. Sie ist jedenfalls beim verteidigten Angeklagten nicht geboten. Der rechtskundige Verteidiger wird – wie hier – die entsprechende Sachleitungsverfügung des Vorsitzenden kritisch am Gesetzeswortlaut überprüfen und sie gegebenenfalls beanstanden (§ 238 Abs. 2 StPO; vgl. Basdorf, StV 1997, 489, 490; Ventzke, NStZ 2005, 396). Abgesehen davon hat der Vorsitzende den Angeklagten vor Schluss der Beweisaufnahme (§ 258 Abs. 1 Satz 1 StPO) die gerichtliche Entscheidung mitgeteilt, dass die drei nach Fristablauf gestellten Beweisanträge im Urteil beschieden werden würden.

d) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die von Amts wegen vorgesehene Beweisaufnahme (vgl. § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO) im Zeitpunkt der Fristbestimmung abgeschlossen war, weil dies nicht beanstandet wurde. Eingedenk der im Übrigen präzise bezeichneten Verfahrensbeanstandungen und des insoweit vollständigen Vortrags der rügebegründenden Tatsachen schließt der Senat aus, dass die Beschwerdeführer auch eine Rüge mit der bezeichneten Angriffsrichtung erheben wollten. Ihm wäre im Übrigen eine dahingehende Prüfung deshalb unmöglich, weil nicht mit der notwendigen Bestimmtheit (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) ausgeführt wird, dass die Beweisaufnahme zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich nicht abgeschlossen gewesen wäre. Unabhängig davon könnte der Senat der überwiegenden Ansicht im Schrifttum nicht beitreten, die dafür auch die Bescheidung sämtlicher gestellter Beweisanträge als notwendig ansieht (vgl. BeckOK-StPO/Bachler, 49. Ed., § 244 Rn. 30; LR/Becker, aaO, § 244 Rn. 358g; MüKo-StPO/Trüg/Habetha, aaO, 9244 Rn. 185i; KK-StPO/Krehl, aaO, § 244 Rn. 87b; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 244 Rn. 95b; Mosbacher, NStZ 2018, 9, 10; Schneider, aaO, 493).

aa) Bereits der Gesetzeswortlaut gibt Anlass zu einer zumindest differenzierten Sichtweise. Anders als bei § 258 Abs. 1 StPO (vgl. Schlothauer, aaO, S. 823) ist nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO der Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme maßgeblich. Damit ist gesetzlich ein tragfähiger Anhalt dafür gegeben, hierfür allein den durch § 244 Abs. 2 StPO verlangten gerichtlichen Beweis zu verstehen. Verdeutlicht wird dies überdies durch das Partizip „vorgesehen“; hierdurch wird die Erledigung des durch den Vorsitzenden bereits zu Beginn des Hauptverfahrens (vgl. § 214 Abs. 1 und 2, §§ 221, 222 StPO) geplanten und strukturierten (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2021 – 3 StR 300/20, BGHSt 66, 96, 99), oder aber in späterer Prozesslage modifizierten Beweisprogramms (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2023 – 3 StR 160/22 Rn. 9; Krehl in FS Fischer, 2018, S. 705, 708; Schlothauer, aaO, S. 824; Schneider, aaO, 491) in Bezug genommen.

bb) Dieses restriktive Begriffsverständnis wird durch das Ergebnis einer gesetzessystematischen Betrachtung bestätigt. Im Anschluss an § 243 StPO regelt § 244 Abs. 1 StPO den weiteren Ablauf der Hauptverhandlung, in der das Gericht – in den Grenzen des § 244 Abs. 2 StPO – mit den zulässigen Beweismitteln des Strengbeweises die tatsächlichen Grundlagen seiner Entscheidung schafft. Hingegen behandelt § 244 Abs. 3 bis 5 StPO, auf welche Art und Weise und in welchem Umfang die Verfahrensbeteiligten auf das gerichtliche Beweisprogramm Einfluss nehmen und einen geltend gemachten Beweiserhebungsanspruch durchsetzen können. Ein Antrag nach § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO kann als Prozesserklärung eines Verfahrensbeteiligten eine Beweiserhebung über das vom Gericht für erforderlich und ausreichend Gehaltene (§ 244 Abs. 2 StPO) hinaus erzwingen. Der noch nicht beschiedene oder abgelehnte Antrag selbst ist allerdings weder in formeller noch in materieller Hinsicht Teil der Beweisaufnahme.

cc) Für dieses Verständnis der Norm sprechen auch ihr Sinn und Zweck. Bei der teleologischen Auslegung ist zu berücksichtigen, dass die Fristsetzung nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO dem Tatgericht ermöglichen soll, nach Durchführung der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme den Abschluss des Verfahrens zügig herbeizuführen (vgl. BT-Drucks. 18/11277 S. 34; BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2023 – 3 StR 160/22 Rn. 33). Dieser Zweck würde konterkariert, wenn die Verfahrensbeteiligten die Fristbestimmung durch sukzessives Anbringen von Beweisanträgen (vgl. Niemöller, JR 2010, 332; Tully, ZRP 2014, 45, 46) vereiteln könnten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2023 – 3 StR 160/22 Rn. 27, 33). Dass diese Besorgnis eines verzögerten Verfahrensabschlusses in einer vorangerückten Prozesslage nicht etwa fernliegt, vermag der Senat auch den hier von der Revision mitgeteilten Tatsachen zu entnehmen. In ihrem Beschluss vom 29. Juli 2022 stellte die Strafkammer dar, dass der Verteidiger des Beschwerdeführers S.          auf Nachfrage angegeben habe, „er könnte bereits vorbereitete Beweisanträge stellen, werde dies aber ggf. auch erst später tun“.

e) Das Landgericht ist schließlich auch ohne Rechtsfehler zu der Auffassung gelangt, dass eine fristgerechte Antragstellung nicht gemäß § 244 Abs. 6 Satz 4 Halbsatz 2 StPO unmöglich war.

aa) Stellt ein Verfahrensbeteiligter nach Fristablauf einen Beweisantrag, sind mit diesem die Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, welche die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben (§ 244 Abs. 6 Satz 5 StPO).

bb) Dem wird der in den Beweisanträgen enthaltene Tatsachenvortrag nicht gerecht.

(1) Die Beschwerdeführer machen geltend, dass mit den drei verspäteten Beweisanträgen auf den Beschluss vom 4. Oktober 2022 reagiert worden sei, mit dem der – vor Fristablauf gestellte – Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens abgelehnt worden war. Erst die Begründung des Ablehnungsbeschlusses habe sie in die Lage versetzt, Beweisanträge im Hinblick auf die Konkretisierung des Tatzeitraums, des genauen Standortes des Lkw sowie zu den örtlichen Begebenheiten zu stellen.

(2) Der damit allein vorgetragene Hinweis auf die Begründung des Ablehnungsbeschlusses (§ 244 Abs. 6 Satz 1 StPO) erweist sich zum Beleg der Unmöglichkeit einer Antragstellung vor Fristablauf als unzureichend.

Es bleibt schon offen, warum die Beschwerdeführer nicht bereits mit dem fristgerecht gestellten Beweisantrag die Anknüpfungstatsachen für das Sachverständigengutachten entweder – als Ergebnis eigener Nachforschungen – mitgeteilt oder aber unter Beweis gestellt haben. Dass die nunmehr vorgebrachten Tatsachen für die begehrte Tatrekonstruktion von Bedeutung sein würden, lag bereits im Zeitpunkt der Antragstellung auf der Hand.

Im Übrigen ist die hiesige Konstellation entgegen dem Revisionsvorbringen auch mit einem Wiedereintritt in die Beweisaufnahme (vgl. BT-Drucks. 18/11277 S. 35; BVerfG, StV 2020, 805; BGH, Beschluss vom 21. April 2021 – 3 StR 300/20, BGHSt 66, 96, 97, 102; BeckOK-StPO/Bachler, aaO, § 244 Rn. 30; MüKo-StPO/Trüg/Habetha, aaO, 9244 Rn. 185y mwN) nicht vergleichbar. Die Strafkammer hat mit ihrem Ablehnungsbeschluss nach § 244 Abs. 6 Satz 1 StPO lediglich eine durch Prozesserklärung der Beschwerdeführer erwirkte Entscheidung getroffen. Der durch den fristgerecht gestellten Antrag ausgelösten Begründungspflicht (§ 244 Abs. 6 Satz 1 StPO) hat die Strafkammer entsprochen, nicht aber dadurch die Frist nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO nachträglich teilweise desavouiert. Dem vom Beschwerdeführer im Kern geltend gemachten Anspruch auf die Fortführung des „formalisierten Dialogs“ steht die wirksam gesetzte Frist des Vorsitzenden gerade entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2021 – 3 StR 300/20, BGHSt 66, 96, Rn. 16).

(3) Soweit das Revisionsvorbringen überdies auf eine den Beweisanträgen an einem der folgenden Sitzungstage im Rahmen einer unstatthaften Beanstandung (§ 238 Abs. 2 StPO; vgl. aber auch BVerfG, aaO) nachgeschobene Erklärung Bezug nimmt, durfte die Strafkammer deren Inhalt unberücksichtigt lassen, weil diese Tatsachen nicht zugleich mit den Beweisanträgen, sondern verspätet vorgebracht wurden (vgl. § 244 Abs. 6 Satz 5 StPO). Bereits der Gesetzeswortlaut legt nahe, dass ein Nachschieben von Gründen im Rahmen des § 244 Abs. 6 Satz 5 StPO nicht zulässig ist (vgl. zu den anderslautenden Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO LR/Stuckenberg, aaO, § 244 Rn. 359r; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 244 Rn. 98; Mosbacher, NStZ 2018, 9, 12; Schneider, NStZ 2019, aaO, 500).

Ungeachtet dessen war dieses Vorbringen auch in der Sache ungeeignet, die Unmöglichkeit der Fristeinhaltung zu belegen. Zum einen wird damit kein tragfähiger prozessualer Anlass für die Unmöglichkeit einer fristgerechten Antragstellung vorgebracht; insbesondere begründete die vom Landgericht in seinem Ablehnungsbeschluss erwähnte Möglichkeit eines auch im Fall II.2 eingesetzten weiteren Lkw keine Hinweispflicht (vgl. BGH, Beschluss vom 30. August 2022 – 5 StR 153/22 Rn. 5; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 244 Rn. 97; nachstehend 5.). Zum anderen zielen die drei Beweisbegehren nicht auf diesen Umstand ab, sondern auf das Verschaffen weiterer, von der Anzahl eingesetzter Fahrzeuge unabhängiger Beweistatsachen.

f) Durch dieses Ergebnis wird der Anspruch auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren nicht verletzt (vgl. zu etwaigen Bedenken BverfG, StV 2020, 805). Den Verfahrensbeteiligten wird durch die Fristsetzung nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO die Möglichkeit nicht genommen, Beweisanträge zu stellen, über die das Gericht befinden muss. Beschränkt wird allein der Anspruch, etwaige Ablehnungsgründe noch vor Abschluss der Beweisaufnahme zu erfahren. Vor dieser Begrenzung erhalten die Beteiligten angesichts der Fristsetzung Gelegenheit, in der Hauptverhandlung zu bescheidende Beweisanträge zu stellen. Machen sie hiervon nicht Gebrauch, liegt dies in ihrem Verantwortungsbereich. Ergibt sich allerdings aus erneuten Beweiserhebungen oder gerichtlichen Hinweisen nach Fristablauf das Bedürfnis weiterer Beweisanträge, ist gewährleistet, dass darüber wie sonst auch noch während der Hauptverhandlung befunden wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. April 2021 – 3 StR 300/20, BGHSt 66, 96 Rn. 23; vom 30. August 2022 – 5 StR 153/22 Rn. 5).

4. Die Verfahrensrügen, mit denen die Ablehnung der drei nach Fristablauf gestellten Beweisanträge in den Urteilsgründen als bedeutungslos beanstandet wird (§ 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO), bleiben – auch aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts – ebenfalls ohne Erfolg. Das Landgericht hat sämtliche Beweisanträge rechtsfehlerfrei beschieden.

Beweis I: Fristsetzung zur Beweisantragsstellung, oder: Verdacht der Prozessverschleppung erforderlich?

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Heute stelle ich drei Entscheidungen, die alle drei mit Beweis(antrags)fragen zu tun haben. Zwei stammen vom BGG, eine kommt vom KG.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 19.12. 2023 – 3 StR 160/22 -, mit dem der BGH ein ehemals beim KG anhängiges Staatsschutzverfahren erledigt hat. Hier interessieren aber nur die vom BGH entschiedenen Verfahrensfragen, von denen zwei für eine Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen sind.

Im Verfahren ging es u.a. um die Fristsetzung zur Stellung von Beweisanträgen. Das KG hatte die Angeklagten wegen verschiedener Kriegsverbrechen gegen Personen in Tateinheit mit Mord und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland verurteilt. Die dagegen gerichteten Revisionen der Angeklagten sind vom BGH als unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen worden.

Für dieses Posting ist folgendes Verfahrensgeschehen von Bedeutung: Die Angeklagten hatten ihre Revisionen u.a. auch mit der Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO unbegründet. Zur Begründung hatten sie sich auf Folgendes bezogen: Die Hauptverhandlung vor dem KG fand ab dem 22.11.2018 statt. Im Termin am 30.10.2020 teilte der Vorsitzende mit, der Staatsschutzsenat beabsichtige derzeit nicht, die Beweisaufnahme über die fortzusetzende Vernehmung eines Zeugen hinaus von Amts wegen auf weitere Zeugen zu erstrecken. Mit Blick auf das verbleibende Beweisprogramm bat er die Bundesanwaltschaft und die Verteidigung, etwaige Anträge möglichst bis zum 05.11.2020 zu stellen. Anschließend wurden noch weitere Beweise erhoben und von den Verteidigern Anträge gestellt. Nachdem die Sachverständigen ihre Gutachten erstattet hatten und entlassen worden waren, verkündete der Vorsitzende im Termin am 05.03.2021, dem 151. Hauptverhandlungstag, drei Beschlüsse und stellte fest, dass damit alle Anträge erledigt seien. Ferner teilte er mit, dass er beabsichtige, für die Verfahrensbeteiligten eine Frist gemäß § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO zur Anbringung von Beweisanträgen bis zum 12.03.2021 zu bestimmen, und gab Gelegenheit zur Stellungnahme. Von dieser Möglichkeit wurde kein Gebrauch gemacht. Sodann gab der Vorsitzende eine Anordnung mit dem vorbezeichneten Inhalt bekannt und begründete sie. Auf einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung bestätigte der Staatsschutzsenat die Fristsetzung durch mit Gründen versehenen Beschluss vom 19.03,2021. Die nach Fristablauf gestellten Beweisanträge sind überwiegend in den Urteilsgründen beschieden worden.

Der BGH hat die Verfahrensrüge als unbegründet angesehen, denn die Bestimmung der Frist begegne keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Fristsetzung zur Anbringung von Beweisanträgen gemäß § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO erfordere nämlich nicht die Feststellung oder den konkreten Verdacht einer Absicht der Prozessverschleppung. Das begründet der BGH umfangreich; der Beschluss hat – mit den Ausführungen zur materiellen Seite – insgesamt 36 Seiten, so viel also zu „offensichtlich unbegründet“.

Ich stelle hier nur die Leitsätze aus dem Beschluss ein. Den Rest empfehle ich dem Selbststudium:

    1. Die Fristsetzung zur Anbringung von Beweisanträgen nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO erfordert nicht die Feststellung oder den konkreten Verdacht einer Absicht der Prozessverschleppung.
    2. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gemäß § 244 Abs. 6 Satz 4 Halbsatz 1 StPO im Urteil abgelehnt, so ist eine rechtsfehlerhafte Begründung unschädlich, wenn das Tatgericht ihn ohne Rechtsfehler hätte zurückweisen dürfen und die Ablehnungsgründe vom Revisionsgericht aufgrund des Urteilsinhalts nachgebracht werden können.

M.E. sind die Ausführungen des BGH zu der Frage recht überzeugend. Jedenfalls ist damit die Streitfrage obergerichtlich geklärt. Als Verteidiger muss man sich auf diese Rechtsprechung einstellen.

Zudem: Das KG hatte einen Beweisantrag nach Fristablauf gemäß § 244 Abs. 6 Satz 4 Halbsatz 1 StPO im Urteil abgelehnt. Die gewählte Begründung war nach Auffassung des BGH aber fehlerhaft. Der BGH hat diese rechtsfehlerhafte Begründung jedoch als unschädlich angesehen – das ist der o.a. Leitsatz zu 2. – , da das KG den Beweisantrag ohne Rechtsfehler hätte zurückweisen dürfen und „die Ablehnungsgründe vom Revisionsgericht aufgrund des Urteilsinhalts nachgebracht werden können.“ Auch insoweit ist die Entscheidung im Volltext lesenswert.

Extra!!: Nichtvorlage der schriftlichen Vollmacht, oder: Begründete Zweifel und ausreichende Vorlagefrist?

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Und dann am Freitagnachmittag etwas außer der Reihe, also nichts zu Gebühren 🙂 , sondern Vollmachtsfrage. Behandelt wird sie in einem BVerfG-Beschluss, auf den ich gerade gestoßen bin. Kleines Schmankerl am Freitag…. 🙂

Die Entscheidung ist in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren ergangen, hat aber m.E. darüber hinaus Bedeutung. Denn es geht mal wieder um die Vollmachtsvorlage des Rechtsanwalts.

Das VG hat eine Klage abgewiesen. Der Kläger hat danach wegen/gegen einen nicht beachteten Terminsverlegungsantrag in einer persönlich verfassten Erklärung Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt und darin angegeben, sein – namentlich benannter – Rechtsanwalt habe schon „Einspruch“ gegen das „Versäumnisurteil“ eingelegt. Tatsächlich beantragte dieser dann am 12.11.2020 beim OVG Magdeburg die Zulassung der Berufung. Am 20.11.2020 setzte das OVG eine Frist von einer Woche zur Vorlage einer schriftlichen Vollmacht. Am 01.12.2020 telefonierte die Geschäftsstelle mit dem Bevollmächtigten. Dabei gab dieser an, dass das Schriftstück noch auf dem Postweg zu ihm sei und er es unverzüglich weiterleiten werde. Gleiches teilte er mit Schriftsatz vom 02.12.2020 dem OVG mit. Die Vollmacht erreicht ihn schließlich am 08.12.2020 und wurde  von dem Rechtsanwalt direkt weitergeleitet. Das OVG hatte aber bereits am 03.12.2020 die Berufung wegen der fehlenden Vollmacht als unzulässig verworfen. Die Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Das BVerfG hat im BVerfG, Beschl. v. 18.02.2022 – 1 BvR 305/21 – den Verwerfungsbeschluss aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Begründung – in Kurzform: So geht es nicht. Begründung in Langform:

„In Anwendung dieser Maßstäbe verstößt der angegriffene Beschluss gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Ein hinreichender Anlass, den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung zu verwerfen, geht aus den Beschlussgründen nicht hervor und ist auch ansonsten nicht erkennbar. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass hier die Zweifel an der Bevollmächtigung des auftretenden Rechtsanwalts berechtigt waren, die aber Voraussetzung dafür sind, einen Mangel der Vollmacht ausnahmsweise von Amts wegen zu berücksichtigen (aa). Jedenfalls hätte das Oberverwaltungsgericht den Antrag auf Zulassung der Berufung unter den hier gegebenen Umständen nicht aufgrund des Fehlens einer Vollmacht verwerfen dürfen (bb).

aa) Während der Mangel einer nach § 67 Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 VwGO erforderlichen schriftlichen Vollmacht durch andere Beteiligte in jeder Lage geltend gemacht werden kann, hat ihn das Gericht grundsätzlich nur dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht ein Rechtsanwalt als Bevollmächtigter auftritt (§ 67 Abs. 6 Satz 3 und 4 VwGO). Auch wenn wie hier ein Rechtsanwalt als Bevollmächtigter auftritt, kommt aber nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Prüfung von Amts wegen dann in Betracht, wenn die Art und Weise der Prozessführung beziehungsweise sonstige besondere Umstände dem Gericht dazu berechtigten Anlass geben. Dies wurde etwa bejaht, wenn der auftretende Rechtsanwalt trotz gerichtlicher Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nur versäumt, die Vollmacht nachzureichen, sondern zudem den angeblich vertretenen Kläger nicht ordnungsgemäß bezeichnet (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2011 – 8 A 1/10 -, juris, Rn. 16; Urteil vom 15. August 2019 – 1 A 2/19 -, juris, Rn. 16). Auch in weiteren Entscheidungen wird auf eine fehlende Nachreichung der Vollmacht abgestellt, wobei aber immer weitere Umstände angeführt sind, die jeweils gegen das Bestehen der Bevollmächtigung sprachen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996 – 4 A 38/95 -, juris, Rn. 8; Urteil vom 22. Januar 1985 – 9 C 105/84 -, juris, Rn. 3 und 9 ff.; vgl. zu ernsthaftem Zweifel als Voraussetzung für eine gerichtliche Prüfung und Berücksichtigung eines Mangels der Vollmacht zudem BSG, Beschluss vom 20. Januar 2016 – B 14 AS 188/15 B -, juris, Rn. 11; BGH, Urteil vom 5. April 2001 – IX ZR 309/00 -, juris, Rn. 11). Allein durch die Nichtvorlage nach Aufforderung wird hingegen das dem Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege ausweislich des § 67 Abs. 6 Satz 4 VwGO beigemessene besondere Vertrauen nicht erschüttert. Angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Möglichkeit zur Nachreichung der Vollmacht nach § 67 Abs. 6 Satz 1 VwGO stellt ein solches Verhalten – zumal zum Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittels – keine besonders ungewöhnliche Prozesssituation dar. Auf die ausbleibende Nachreichung kann allenfalls nach ? Zweifel verfestigender ? mehrmaliger vergeblicher Erinnerung und Fristsetzung maßgeblich abgestellt werden (vgl. OVG der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 9. März 2021 – 1 D 343/20 -, juris, Rn. 7).

Für berechtigte Zweifel an der Bevollmächtigung bieten die vom Oberverwaltungsgericht angeführten Gründe danach, auch in ihrer Zusammenschau, keinerlei Anlass. Der Verweis darauf, dass eine Vollmacht schon in der Vorinstanz nicht vorgelegt worden sei, genügt hier schon deshalb nicht, weil in der dem Oberverwaltungsgericht vorliegenden Akte des erstinstanzlichen Verfahrens mit der durch den Beschwerdeführer persönlich eingelegten Dienstaufsichtsbeschwerde Anhaltspunkte dafür zu finden sind, dass der auftretende Rechtsanwalt jedenfalls damals bevollmächtigt war. Darüber hinaus ergibt sich hieraus unmissverständlich, dass der Beschwerdeführer gegen das erstinstanzliche Urteil vorgehen wollte und dass er dies gerade durch seinen Prozessbevollmächtigten tun wollte. Überhaupt nicht nachvollziehbar ist vor diesem Hintergrund auch, warum die Beantragung der Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hier auf einen Abbruch des Kontakts des Bevollmächtigten zum Beschwerdeführer hindeuten sollte. Daran änderte auch nichts, wenn der Bevollmächtigte auf die gerichtliche Erinnerung an die Erfüllung der Eingangsverfügung hin, bei seiner noch am selben Tag telefonisch und am Folgetag schriftsätzlich erfolgten Ankündigung, die schriftliche Vollmacht bald zu übersenden, die Umstände für die Verspätung ? was der Beschwerdeführer bestreitet ? nicht benannt haben sollte.

bb) Selbst wenn die Verwerfung nicht bereits mangels nachvollziehbarer Zweifel an der Bevollmächtigung gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verstoßen würde, wäre eine Verwerfung aufgrund des Fehlens einer Vollmacht hier nicht mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar gewesen. Hätten berechtigte Zweifel an der Bevollmächtigung bestanden, wäre dem (angeblich) Bevollmächtigten zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes eine angemessene Zeitspanne einzuräumen gewesen, innerhalb derer er die Vollmacht nachzureichen hat. Dem wurde die vom Oberverwaltungsgericht gesetzte Wochenfrist hier nicht gerecht. Unabhängig davon, ob eine Wochenfrist für die Nachreichung der Vollmacht nach § 67 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO grundsätzlich ausreichen könnte, widersprach eine solche Begrenzung jedenfalls vorliegend einer an der Effektivität des Rechtsschutzes orientierten Rechtsanwendung, weil keinerlei Umstände ersichtlich sind, die im konkreten Fall eine derart kurze Frist für die – gesetzlich ausdrücklich in § 67 Abs. 6 Satz 2 VwGO vorgesehene – Nachreichung erfordert haben könnte. So ist etwa ein generell für kurze Fristen streitender besonderer Eil- beziehungsweise Beschleunigungsbedarf weder durch das Oberverwaltungsgericht benannt noch in der Sache ersichtlich, zumal noch nicht einmal die Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung abgelaufen war.

Der angegriffene Beschluss ist auch nicht deswegen mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar, weil das Oberverwaltungsgericht nach Ablauf der von ihm gesetzten Wochenfrist noch eine weitere Woche bis zu seiner Entscheidung zuwartete, denn das Gericht stellt allein auf den Fristablauf ab, nicht nicht aber darauf, dass ein weiterer Zeitraum verstrichen ist.“

Kann man doch im „Vollmachtsstreit“, der ja gerade in Straf- und Bußgeldsachen immer noch häufig ist, mit argumentieren.

Der nur sporadisch auftretende Sicherheitsmangel beim Pkw, oder: Vorführeffekt

buch_paragraphenzeichen_BGB_01U.a. mit der Überschrift „Vorführeffekt“ ist das BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15 – vor einiger Zeit über die Ticker gelaufen. In der Entscheidung ging es um die in der Praxis sicherlich häufigere Frage, ob es einem Käufer nach § 440 Satz 1 BGB zumutbar ist, dass der Verkäufer die geschuldete Nachbesserung bei einem nur sporadisch auftretenden, aber für die Verkehrssicherheit relevanten Mangel eine aufwendige Untersuchung zunächst unterlässt und den Käufer darauf verweist, das Fahrzeug bei erneutem Auftreten der Mangelsymptome wieder vorzuführen.

Nach dem Sachverhalt hatte der Kläger von der beklagten Kraftfahrzeughändlerin einen gebrauchten Volvo V 50 zum Preis von 12.300 € gekauft. Kurze Zeit nach der Übergabe des Fahrzeugs bemängelte der Kläger u.a., das Kupplungspedal sei nach Betätigung am Fahrzeugboden hängengeblieben, so dass es in die Ausgangsposition habe zurückgezogen werden müssen. Bei einer daraufhin von der Beklagten durchgeführten Untersuchungsfahrt trat der vom Kläger gerügte Mangel am Kupplungspedal allerdings auch bei mehrmaliger Betätigung der Kupplung nicht auf. Während der Kläger geltend macht, er habe gleichwohl, allerdings vergeblich, auf einer umgehenden Mangelbehebung bestanden, will die Beklagte ihm lediglich mitgeteilt haben, dass derzeit kein Grund zur Annahme einer Mangelhaftigkeit und somit für ein Tätigwerden bestehe und der Kläger das Fahrzeug bei erneutem Hängenbleiben des Kupplungspedals wieder bei ihr vorstellen solle. Nachdem der Kläger in den folgenden Tagen unter Hinweis auf ein erneutes Hängenbleiben des Kupplungspedals vergeblich versucht hatte, die Beklagte zu einer Äußerung über ihre Reparaturbereitschaft zu bewegen, trat er vom Kaufvertrag zurück.

Die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und den Ersatz weiterer Schäden gerichtete Klage war dann erfolgreich. Der BGH geht davon aus, dass der Kläger auch ohne Fristsetzung zur Nachbesserung wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten konnte, weil es ihm trotz des nur sporadischen Auftreten des Mangels aufgrund dessen Relevanz für die Verkehrssicherheit des Kraftfahrzeugs nicht im Sinne von § 440 Satz 1 BGB zumutbar war, ein weiteres Auftreten der Mangelsymptome abzuwarten:

„2. Vergeblich wendet sich die Revision weiter gegen das vom Berufungsgericht verneinte Erfordernis einer dem Rücktritt vorausgegangenen er-folglosen Fristsetzung zur Nacherfüllung gegenüber der Beklagten. Ob auf eine nach § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich erforderliche, im Streitfall  aber unterbliebene Fristsetzung des Käufers zur Nacherfüllung verzichtet werden darf, richtet sich nach den Bestimmungen in § 323 Abs. 2 und § 440 BGB, in denen die Voraussetzungen, unter denen eine Fristsetzung zur Nacherfüllung für einen Rücktritt vom Kaufvertrag ausnahmsweise entbehrlich ist, abschließend geregelt sind (vgl. Senatsurteil vom 23. Januar 2013 – VIII ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 23 mwN). Dies hat das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis richtig entschieden.

a) ….

Eine Fristsetzung war aber deshalb entbehrlich, weil die dem Kläger in der beschriebenen Weise allein angebotene Abhilfe nach der gegebenen Situa-tion gemäß § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB unzumutbar war. Zwar hat sich das Berufungsgericht mit diesem Gesichtspunkt nicht ausdrücklich befasst, sondern ihn in Teilen lediglich bei der von ihm bejahten ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung mit berücksichtigt. Der Senat kann diese Prüfung jedoch selbst vornehmen, weil die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch die Annahme einer Unzumutbarkeit tragen, ohne dass es insoweit zusätzlicher tatsächlicher Feststellungen bedarf.

b) ….

Zur Vermeidung bestehender Zweifel, ob man unter einem Fehlschlagen der Nacherfüllung auch den Fall der Unzumutbarkeit fassen kann, ist dieser Begriff zusätzlich in die Gesetzesfassung aufgenommen worden. Zugleich war mit der Aufnahme dieses Merkmals eine Umsetzung von Art. 3 Abs. 5, 3. Spiegelstrich der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Ra-tes (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) vom 24. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. Nr. L 171 S. 12; im Folgenden: Richtlinie 1999/44/EG) beabsichtigt, wo-nach der Verbraucher – über den im 2. Spiegelstrich geregelten Fall, dass der Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist Abhilfe geschaffen hat, hinaus – eine Vertragsauflösung auch verlangen kann, wenn der Verkäufer nicht ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher Abhilfe geschaffen hat. Ebenso war die in diesem Merkmal angesprochene (Un-)Zumutbarkeit auf eine Konkretisierung von Art. 3 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinie 1999/44/EG ange-legt, wonach die Nachbesserung innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher unter Berücksichtigung der Art der Sache und des Zwecks, für den der Verbraucher die Sache benötigt, erfolgen muss (BT-Drucks. 14/6040, aaO, S. 233 f.).

c) Die Materialien belegen danach, dass der Gesetzgeber über die in § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB geregelte Alternative der Unzumutbarkeit einen Rücktritt ohne vorherige Fristsetzung jedenfalls bei einem – wie hier – Verbrauchs-güterkauf (§ 474 BGB) auch in Fällen zulassen wollte, in denen eine vom Käu-fer berechtigterweise gewählte Art der Nacherfüllung zwar (noch) nicht endgül-tig vom Verkäufer verweigert ist und auch nicht als in einem engeren Wortsinn fehlgeschlagen angesehen werden kann, in denen der Verkäufer einer Nacher-füllung aber unberechtigt Hindernisse in den Weg gestellt hat, die geeignet sind, dem Käufer erhebliche Unannehmlichkeiten in Bezug auf den von ihm erstreb-ten Gebrauchszweck zu bereiten (ähnlich auch BeckOGK/Höpfner, BGB, Stand: März 2016, § 440 Rn. 20). So verhält es sich im Streitfall angesichts der Sicherheitsrelevanz des Mangels.

aa) Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer in diesem Sinne gemäß § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Dazu zählen neben Art und Ausmaß einer Be-einträchtigung der Interessen des Käufers etwa auch die Zuverlässigkeit des Verkäufers und diesem vorzuwerfende Nebenpflichtverletzungen sowie ein dadurch möglicherweise gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien (vgl. Senatsurteil vom 15. April 2015 – VIII ZR 80/14, aaO Rn. 22).

Der Kläger hat den Anforderungen an ein hinreichendes Nacherfüllungsverlangen bereits dadurch genügt, dass er der Beklagten neben der Einräumung einer Untersuchungsmöglichkeit die Mangelsymptome hinreichend genau bezeichnet hatte.

Bei dem durch Sachverständigengutachten bestätigten und bereits bei Gefahrübergang vorhandenen sporadischen Hängenbleiben des Kupplungspedals handelte es sich nicht um einen bloßen „Komfortmangel“ , sondern um einen sicherheitsrelevanten Mangel. Denn eine solche Fehlfunktion kann, selbst wenn sie nur das Kupplungspedal selbst betrifft, unter anderem wegen des beim Fahrer hervorgerufenen Aufmerksamkeitsverlusts die Unfallgefahr signifikant erhöhen. Mit ihrer Erklärung anlässlich der Vorführung des Fahrzeugs, es bestünde kein Grund für die Annahme einer Mangelhaftigkeit und damit ein Tätigwerden, solange der behauptete Mangel nicht (erneut) auftrete und der Kläger damit nochmals vorstellig werde, ist die Beklagte dem Nacherfüllungsverlangen nicht gerecht geworden…..