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StPO II: Der Mandant schweigt, der Verteidiger redet, oder: Wann redet der Verteidiger für den Mandanten?

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Wann sind Erklärungen des Verteidigers Erklärungen des schweigenden Mandanten? Das ist eine Frage, die sich häufig dann stellt, wenn Verteidiger für ihre Mandanten, die selbst schweigen, in der Hauptverhandlung Erklärungen abgegeben haben. Das KG hat im KG, Beschl. v. 05.12.2022- 3 Ws (B) 310/22 – noch einmal zu dieser Frage Stellung genommen, und erläutert, ob das zulässig und wie mit solchen Erklärungen umzugehen ist.

Das KG fasst die zu der Frage vorliegende Rechtsprechung, vor allem des BGG, im Leitsatz wie folgt zusammen

„Erklärungen des Verteidigers in der Hauptverhandlung dürfen nicht ohne Weiteres als Erklärungen des schweigenden Betroffenen gewertet werden.

Äußert sich der Verteidiger in der Hauptverhandlung zur Sache, darf das Gericht diese Angaben nicht ohne weiteres dem schweigenden Betroffenen zurechnen.

Es ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die grundsätzlich auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren gelten, zu differenzieren:

a) Äußert sich der Verteidiger in Form eines Schriftsatzes zur Sache, handelt es sich grundsätzlich um eine Prozesserklärung des Verteidigers, die dieser aus eigenem Recht und in eigenem Namen abgibt, und nicht um eine Sacheinlassung des Angeklagten. Gleiches gilt bei entsprechenden Erklärungen in der Hauptverhandlung bei Anwesenheit des Betroffenen.

b) Schriftliche und mündliche Erklärungen des Verteidigers können ausnahmsweise als Einlassung des Angeklagten bzw. des Betroffenen entgegengenommen und verwertet werden, wenn ein gesetzlich vorgesehener Fall der Vertretung vorliegt (§§ 234, 329, 350, 387, 411 StPO bzw. § 73 Abs. 3 OWiG) oder wenn der Angeklagte bzw. der Betroffene ausdrücklich erklärt, sie als eigene gelten zu lassen. Eine solche Erklärung des anwesenden Betroffenen ist eine wesentliche Förmlichkeit und protokollierungspflichtig.“

Verlesungsverbot, oder: Schriftsätzliche Erklärungen des Verteidigers

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Seit längerem hat man zur Frage der Verlesbarkeit von Erklärungen des Angeklagten nichts gehört (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 8. Aufl., 2016, Rdn 2934 ff.). Der OLG Koblenz, Beschl. v. 12.05.2016 – 2 OLG 4 Ss 54/16 -, auf den mich mein „Hinweisgeber des Vertrauens – Danke Oliver Garcia hingewiesen hat – greift die Problematik nun mal wieder auf und löst sie anhand der dazu vorliegenden obergerichtlichen Rechtsprechung überzeugend. Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: Was zu beachten ist, ergibt sich aus den Gründen des OLG-Beschlusses:

„Die form- und fristgerecht angebrachte Revision hat einen zumindest vorläufigen Erfolg. Die neben anderen Verfahrensrügen und der Sachrüge zulässig erhobene Rüge der Verletzung des § 250 Satz 2 StPO führt zur Aufhebung des Urteils.

1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Der Angeklagte hatte in der Hauptverhandlung und zuvor auch im Ermittlungsverfahren Angaben zur Sache verweigert. In der Berufungshauptverhandlung wurden zwei bei der Akte befindliche Schriftsätze seines Verteidigers vom 6. Februar 2015 auszugsweise verlesen. In dem an das Forstamt N. gerichteten Schriftsatz hatte der Verteidiger für den Angeklagten erklärt, dieser bedauere den Vorfall zutiefst und wolle sich für sein Verhalten entschuldigen; er habe ihn (den Verteidiger) gebeten abzuklären, inwieweit die Gegenseite zur Mitwirkung an einem Täteropferausgleich bereit sei. An die Staatsanwaltschaft gerichtet hatte der Verteidiger „namens und im Auftrag“ des Angeklagten mitgeteilt, dass dieser die Tatbegehung dem Grunde nach nicht bestreite. Beide Schriftsätze hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil seiner Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

2. Diese Verfahrensweise verstößt gegen § 250 Satz 2 StPO, worauf bereits die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 6. April 2016 zutreffend hingewiesen hat.

Die schriftsätzlichen Ausführungen des Verteidigers, in denen er Angaben des Angeklagten wiedergibt, waren hier nicht als schriftliche Erklärung des Angeklagten verlesbar (vgl. BGHSt 39, 305 Ls. 1). Es ist anerkannt, dass schriftliche Erklärungen, die der Angeklagte im anhängigen Verfahren zu der gegen ihn erhobenen Beschuldigung abgibt, verlesen werden können, selbst wenn er später Angaben verweigert. Denn das Gesetz lässt den Urkundenbeweis zu, wo es ihn nicht ausdrücklich untersagt (BGHSt 39, 305, 306; 20, 160, 162; 27, 135, 136). Das gilt jedoch nur für schriftliche Erklärungen, die der Angeklagte selbst abgegeben hat. Hat er sich gegenüber einer anderen Person geäußert und diese die Äußerung schriftlich festgehalten, so handelt es sich bei der Wiedergabe um die Erklärung dieser Person; sie schreibt nieder, was sie als Äußerung des Angeklagten wahrnimmt. Geht es um die Feststellung, ob der Angeklagte das schriftlich Niedergelegte geäußert hat, so ist die niederschreibende Person über ihre Wahrnehmung bei der Unterredung mit dem Angeklagten zu vernehmen (§ 250 StPO). Nichts anderes gilt, wenn die niederschreibende Person der Verteidiger ist (BGHSt 39, 305, 306; NStZ 2002, 555; OLG Celle NStZ 1988, 426). Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte sich des Verteidigers nur „als Schreibhilfe“ bedient hat (vgl. hierzu BGHSt 39, 305, 307; NStZ 2002, 555), bestehen nicht. Es handelte sich um die nach Gewährung von Akteneinsicht an den beauftragten Verteidiger „namens und im Auftrag des Angeklagten“ erfolgte pauschale Mitteilung, dass dieser die Tatbegehung dem Grunde nach nicht bestreite, bei der ein Einfluss von eigenen Überlegungen des Verteidigers oder Missverständnissen jedenfalls nicht auszuschließen ist. Hinzukommt, dass der Verteidiger sich – wie die Urteilsgründe ausdrücklich ausführen (UA S. 4) – im Schlussvortrag darauf berufen hat, in den Schriftsätzen habe der Angeklagte die Tatverantwortung für eine andere Person übernommen. Ebenso wenig ist durch eine Erklärung des Angeklagten oder des Verteidigers klargestellt worden, dass der Angeklagte die in den Schriftsätzen vom 6. Februar 2015 enthaltenen Äußerungen als eigene Einlassung verstanden wissen wollte (vgl. BGH NStZ 2002, 555; NStZ 1990, 447). Aus dem Umstand, dass weder der Angeklagte noch der Verteidiger der Verlesung der Schriftsätze widersprochen haben, kann auf eine solche Zustimmung nicht geschlossen werden (vgl. BGH NStZ 2002, 555). Ihr stehen auch die Ausführungen des Verteidigers im Schlussvortrag entgegen. Da es um die Feststellung ging, ob der Angeklagte das schriftlich Niedergelegte geäußert hat, wäre der Verteidiger als Zeuge zu vernehmen gewesen (BGHSt 39, 305; NStZ 2002, 555; OLG Celle aaO).

Die Kammer hat den Nachweis der Täterschaft des Angeklagten im Wesentlichen auf den Inhalt der verlesenen Schriftsätze des Verteidigers gestützt (UA S. 6). Da es sich hierbei um die gewichtigsten Beweise für die Täterschaft handelt, kann trotz der im Übrigen aufgezeigten, für die Beteiligung des Angeklagten sprechenden Zeugenaussagen und Schlussfolgerungen nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht.“