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Irgendwie untergegangen…

ist wohl hier und auch bei mir – habe die PM des BMJ gerade in meinem Postfach entdeckt – die Nachricht zur Annahme eines Richtlinienentwurfs zum Recht auf Information in Strafverfahren durch das Kollegium der EU-Kommission. Dazu erklärt die „Bundesschnarri“ am 20.07.2010

„EU-weite Mindeststandards im Strafverfahren: Weiterer Schritt zur Stärkung der Bürgerrechte

Der heute beschlossene Richtlinienentwurf ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Stärkung der Bürgerrechte in Europa. Ich habe bereits im November letzten Jahres mit meinen europäischen Amtskollegen einen konkreten Fahrplan festgelegt, wie die Rechte von Beschuldigten im Strafverfahren verbessert werden können. Erstes Projekt war die Verständigung darauf, dass jeder Beschuldigte das Recht auf einen Dolmetscher und Übersetzer hat. Künftig soll auch sichergestellt werden, dass Beschuldigte in allen Mitgliedstaaten gleichermaßen über ihre elementaren Rechte belehrt und umfassend informiert werden. In bestimmten Fällen, etwa bei Verhaftungen, wird es dafür ein EU-weites einheitliches Informationsblatt, einen „letter of rights“, geben.

Zwischen den Mitgliedstaaten der EU finden sich erhebliche Unterschiede bei den Verfahrensrechten. Das Vertrauen in andere Rechtsordnungen und in die Rechtsakte der EU kann nur gestärkt werden, wenn die Bürgerinnen und Bürger Gewissheit haben, dass die Verfahrensrechte auf gemeinsamen rechtlichen Standards beruhen. Ein wirksamer Grundrechtsschutz durch Mindestgarantien ist die Voraussetzung für die weitere Integration Europas im Bereich der Bürgerrechte.

Unter dem Eindruck des 11. September 2001 sind die Instrumente der strafrechtlichen Zusammenarbeit in Europa zunehmend erweitert worden. Die grenzüberschreitende Stärkung des Rechtsstaats und der Schutz der Grundrechte haben mit der Ausweitung staatlicher Eingriffbefugnissen wenig Schritt gehalten. Bei der voranschreitenden Integration des europäischen Strafrechts dürfen die Bürgerrechte und der Schutz der Grundrechte nicht auf der Strecke bleiben. Europäische Politik muss sensibler werden für die Rechte des Einzelnen. Die Garantie rechtstaatlicher und grundrechtsorientierter Verfahrensrechte ist dabei ein wichtiger Baustein. Beschuldigte müssen im Strafverfahren möglichst frühzeitig über ihre Rechte belehrt werden. Nur dann ist eine effektive Verteidigung möglich. Ich werde mich dafür einsetzen, dass der heutige Richtlinienentwurf zur Stärkung der Bürgerrechte zügig angenommen wird.“

Hilfestellung: Besuchserlaubnis für Dolmetscher. Wer kennt Rechtsprechung?

Im Forum bei LexisNexis Strafrecht hat sich vor einigen Tagen folgende Problematik gestellt (Fragesteller kommt aus Bayern):

Hallo werte Kollegen,
unserer Staatsanwaltschaft ist – wohl auf Geheiss des Ministeriums – mal wieder etwas Neues eingefallen:
Ich wollte zum Mandangespräch in die JVA eine Dolmetscherin mitnehmen, keine öffentlich bestellte, sondern jemand, der dies „nebenbei“ macht und in der Vergangenheit schon oft, auch für die Justiz beanstandungsfrei gemacht hat. Ich habe dann einen Sprechschein für diese Dame beantragt, nunmehr bei der StA, die nach der Änderung des U-Haftrechts per Übertragung des Gerichts dafür zuständig ist.
Sollte alles kein Problem sein – dachte ich. Nun wurde mir aber dieser Antrag abgelehnt, da die StA die Anweisung hat, Sprechscheine (also Besuchserlaubnisse) nur noch an öffentlich bestellte Dolmetscher zu erteilen.
Das kommt mir doch alles sehr komisch vor, soll ich künftig auf eine Besprechung mit meinem Mandanten drei Wochen oder noch mehr warten bis ein öff.best. Dolmetscher mal Zeit hat und sich eine teilweise auch recht weite Anreise einrichten kann? Von den Kosten ( allein schon den Fahrtkosten, da bei uns in der Region nicht für alle gängigen Sprachen öff.best. Dolmetscher vorhanden sind) mal gar nicht zu reden, die werden ja ohnehin dem armen Mandanten bzw der Staatskasse aufgebrummt…Jedenfalls sehe ich darin doch eine erhebliche Einschränkung der Rechte der Verteidigung ?

Der Kollege sucht Rechtsprechung. Zu der Problematik scheint es aber nichts zu geben, jedenfalls haben wir nichts gefunden. Kann hier jemand helfen?

Dolmetscher für Verdachtspersonen – Bundesrat will nicht wirklich…

Ich hatte zunächst gedacht, eine Meldung aus dem Bundesrat könnte Argumentationshilfe sein in der Problematik, Dolmetscher ja oder nein. Denn die Europäische Kommission hatte ja mit ihrem am 08.07.2009 angenommenen Vorschlag eines Rahmenbeschluss des Rates gefordert, dass EU-weit Mindestnormen für das Recht auf Verdolmetschung und Übersetzung in Strafverfahren eingeführt werden. Vorgesehen ist darin auch ein Anspruch auf Übersetzung maßgeblicher Prozessunterlagen. So soll sichergestellt werden, dass die gegen Verdächtige erhobenen Beschuldigungen von ihnen auch verstanden werden.

Zu dem Vorschlag hat dann inzwischen auch schon der Bundesrat Stellung genommen (vgl. BR-Drs. 657/09 und 657/09(B)). Freudig liest man: Der Bundesrat begrüßt das mit dem Rahmenbeschlussvorschlag verfolgte Anliegen, durch die Festlegung gemeinsamer Mindeststandards für Verdolmetschung und Übersetzung im Strafverfahren innerhalb der EU das Vertrauen in die Rechtssysteme der anderen Mitgliedstaaten zu stärken und die gegenseitige Anerkennung von gerichtlichen Entscheidungen zu fördern. Die Ausführungen in der Begründung und in den Erwägungen des Rahmenbeschlussvorschlags seien im Hinblick auf die Rechtsgrundlage des Artikels 31 Absatz 1 Buchstabe c EUV auch grundsätzlich geeignet, die Kompetenz für eine entsprechende Regelung zu begründen, so der Bundesrat.
Aber dann: Der Bundesrat hält den Rahmenbeschluss jedoch in fachlicher Hinsicht nicht in dem von der Kommission vorgeschlagenen Umfang für erforderlich. Zum Nachlesen der Gründe bitte hier Klicke. es wird nicht offen ausgesprochen, aber natürlich geht es um die Kosten.

Schade, hilft also nicht so wirklich und letztlich wahrscheinlich: Viel Lärm um nichts.

Die Unterrichtung durch die Bundesregierung: BR-Drs. 657/09 (PDF).
Die Empfehlungen der Ausschüsse: BR-Drs. 657/1/09 (PDF)
Den Beschluss des Bundesrates: BR-Drs. 657/09(B) (PDF)