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Auslagen für Ausdruck des digitalen Datenträgers II?, oder: Ausnahmsweise ja zur Dokumentenpauschale

Heute morgen hatte ich den OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.09.2024 – Ws 649/24 – zum Ausdruck eines digitalen Datenträgers vorgestellt. Das OLG hatte den Anfall der Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG verneint. Hier habe ich nun den LG Köln, Beschl. v. 24.10.2024 – 104 Ks 76/23 -, derden Anfall der Dokumentenpauschale in Sonderfällen bejaht, und zwar:

„Der Rechtsanwältin steht nach RVG-VV-7000 die abgesetzte Dokumentenpauschale für Ausdrucke aus der elektronischen Gerichtsakte von 410,45 Euro zu, nämlich im Ermittlungsverfahren 50 Ausdrucke zu je 0,50 Euro und 926 Ausdrucke zu je 0,15 Euro sowie im Hauptverfahren 50 Ausdrucke zu je 0,50 Euro, 1.317 Ausdrucke zu je 0,15 Euro und 24 Farbausdrucke zu je 1,00 Euro. Hinzu kommt nach RVG-VV-7008 die anteilige Umsatzsteuer von 77,99 Euro. Daraus ergibt sich der erstattungsfähige Gesamtbetrag von 488,44 Euro.

Nach RVG-VV-7000 1a) fällt die Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten für Kopien und Ausdrucke aus Behörden- und Gerichtsakten nur an, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Dabei ist grundsätzlich ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl. Schneider/Volpert/Fölsch/Stollenwerk, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage, RVG VV 7000, Rn. 10). Wird der Rechtsanwältin – wie hier – die komplette Verfahrensakte in digitalisierter Form zum weiteren Verbleib überlassen, sind Kosten für Ausdrucke daraus nach RVG-VV-7000 1a) vom Grundsatz her keine erforderlichen Auslagen im Sinne von §?46 Abs.?1 RVG (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.04.2018, 2 Ws 1/18, JurBüro 2018, 352). Von diesem Grundsatz sind jedoch Ausnahmen möglich, deren Voraussetzungen in der Kommentarliteratur umstritten sind (vgl. Schneider/Volpert/Fölsch/Stollenwerk, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage, RVG VV 7000, Rn. 10; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 26. Aufl., RVG VV 7000, Rn. 62; Toussaint/Schmitt/Lang-Lendorff, 54. Aufl., RVG VV 7000 Rn. 10; Ahlmann/Kapischke/Pankatz/Rech/Schneider/Schütz/Ahlmann, 11. Aufl., RVG VV 7000, Rn. 8; HK-RVG/Ludwig Kroiß, 8. Aufl., RVG VV 7000 Rn. 5; jeweils m.w.N.).

Auf die Einzelheiten dieses Meinungsstreits kommt es jedoch nicht an, weil der vorliegende Fall exemplarisch dafür ist, dass Ausdrucke aus der elektronischen Gerichtsakte zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten waren: Die Akte bestand aus über 2.000 Blatt Hauptakten nebst Beweismittelheften und ganz überwiegend aus Vernehmungen von Zeugen und Beschuldigten; allein der Nebenkläger ist vor der Hauptverhandlung mehr als fünfmal, teilweise sehr umfangreich, vernommen worden; die Akte war äußerst unübersichtlich strukturiert; die erinnerungsführende Rechtsanwältin hat seit dem Ermittlungsverfahren wiederholt aktenkundige Aussagen von Zeugen und Beschuldigten synoptisch nebeneinander gestellt. Dazu war es erforderlich, Ausdrucke der zahlreichen aktenkundigen Aussagen von Zeugen und Beschuldigten ausgedruckt nebeneinanderzulegen und abzugleichen. Außerdem war es angesichts der Vielzahl wiederholter Vernehmungen für die Hauptverhandlung erforderlich, jeweils Ausdrucke aller aktenkundigen Aussagen eines Zeugen zu verwenden. Aus diesen Gründen des Einzelfalls war ausnahmsweise ein vollständiger Ausdruck der elektronischen Gerichtsakte zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache im Sinne von RVG-VV-7000 1a) geboten.

Ob die Ausdrucke aus der elektronischen Gerichtsakte daneben auch zur Unterrichtung des Auftraggebers notwendig waren (RVG-VV-7000 1c), kann dahinstehen.“

Dokumetenpauschale für Einscannen von Unterlagen, oder. Wann kommt die erforderliche Reform der Reform

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Am heutigen Gebührenfreitag dann zunächst eine OLG Bamberg-Entscheidung, und zwar der OLG Bamberg, Beschl. v. 02.04.2024 – 1 W 12/24 e – zum Anfall der Dokumentenpauschalefür das Einscannen von Dokumenten. Gibt es nicht mehr, sagt das OLG Bamberg:

„Das Erstgericht hat zu Recht die vom Kläger beanspruchten Digitalisierungkosten als nicht kostenrechtlich festsetzungsfähig angesehen und dies auch zutreffend begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 15.01.2024 und die der Nicht-Abhilfeentscheidung vom 08.03.2024 Bezug genommen und nur noch ergänzend folgendes ausgeführt:

1. Zutreffend hat das Erstgericht zugrunde gelegt, dass es sich bei den vom Prozessbevollmächtigten des Klägers hinsichtlich der angesetzten Kosten für die Digitalisierung der beklagtenseits in Papierform übergebenen Unterlagen nicht um gemäß Nr. 7000 Abs. 2 i.V.m. Ziffer 2 und Ziffer 1 lit. c) VV-RVG kostenrechtlich erstattungsfähige Auslagen (Dokumentenpauschale) handelt.

Denn allein für das Einscannen von Dokumenten fällt seit der Neufassung der Nr. 7000 VV-RVG durch das 2. KostRMoG zum 01.08.2013 keine Vergütung mehr an, weil der Gesetzgeber durch die Ersetzung des Begriffs „Ablichtung“ durch den Begriff „Kopie“ in Nr. 7000 Ziffer 1V VV-RVG klarstellen wollte, dass ein eingescanntes Dokument entgegen der früheren h.M. keine „Ablichtung“ ist und es sich auch nicht um eine Kopie i.S.v. Nr. 7000 Ziffer 1 VV-RVG handelt (vgl. BT-Drucks 17/11471). Demnach ist eine Kopie im Sinne des Kostenrechts die Reproduktion einer Vorlage auf einem körperlichen Gegenstand, bspw. Papier, Karton oder Folie, was beim Speichern eines Dokuments auf einem externen Datenträger wie einem USB-Stick, einer externen Festplatte, einer CD-ROM oder auf der Festplatte eines Computers nicht der Fall ist (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 28.08.2015, 1 Ws 51/15; Gerold/Schmidt, RVG, 25. Auflage RVG-VV Nr. 7000 Rn. 15 ff. m.w.N.).

Das Einscannen eines Dokuments wird somit nur nach dem durch das 2. KostRMoG eingeführten Nr. 7000 Anm. Abs. 2 VV-RVG bei der Berechnung der Dokumentenpauschale berücksichtigt, d.h. nur dann, wenn auch die Voraussetzungen nach Nr. 7000 Ziffer 2 i.V.m. Ziffer 1 lit. d) VV-RVG vorliegen. Nachdem es in Nr. 7000 Anm. Abs. 2 VV-RVG um die Überlassung von elektronisch gespeicherten Dateien geht, kann sich diese Regelung – entgegen der Ansicht des Klägers – allein auf die Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 Ziffer 2 i.V.m. Ziffer 1 lit. d) VV-RVG beziehen. Die Regelung der Nr. 7000 Ziffer. 2 VV-RVG tritt damit nur an die Stelle der Nr. 7000 Ziffer 1 lit. d) VV-RVG und gilt demnach in den Fällen der Nr. 7000 Ziffer 1 lit a) bis lit. C) VV-RVG nicht (Gerold/Schmidt, RVG, 25. Auflage RVG-VV Nr. 7000 Rn. 200 ff.; Schneider/Volpert, AnwK RVG, 9. Auflage, VV 7000, Rn. 159ff; KG Berlin, aaO; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 9. August 2018, Az. L 12 SF 296/18e).

2. Abgesehen davon, dass demnach schon kein Anspruch auf Erstattung einer Kostenpauschale für die Digitalisierung nach § 2 RVG, Nr. 7000 VV-RVG besteht, ist im übrigen hier auch nicht festzustellen, dass die Digitalisierung der beklagtenseits in Papierform übergebenen Unterlagen zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war (§ 91 Abs. 1 ZPO).

a) Erstattungsfähig sind gemäß § 91 Abs. 1 ZPO nur diejenigen Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung notwendig waren. Ob eine Maßnahme notwendig war, richtet sich zunächst grundsätzlich danach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Die Partei ist verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie bei einem Obsiegen vom Gegner erstattet haben will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2012, Az. VI ZB 7/12; Zöller/Herget, ZPO, 35. Aufl., § 91 Rn. 12, jeweils m.w.N.). § 91 ZPO bringt insoweit das Gebot einer sparsamen bzw. ökonomischen Prozessführung zum Ausdruck mit der Folge, dass der prozessuale Erstattungsanspruch nur in den Grenzen einer sparsamen, nicht aber der einer optimalen Prozessführung besteht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat sich die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren, daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt (ex ante) als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte tun. Sie trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleichgearteten Maßnahmen die kostengünstigere auszuwählen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. April 2006 – VI ZB 66/04, VersR 2006, 1089 Rn. 6 und vom 13. Juli 2010 – VI ZB 61/09, VersR 2010, 1470 Rn. 6; BGH, Beschlüsse vom 26. Januar 2006 – III ZB 63/05, BGHZ 166, 117 Rn. 20; vom 16. Oktober 2002 – VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900 und vom 20. Oktober 2005 – VII ZB 53/05, NJW 2006, 446 Rn. 12). Die aus der Sicht einer wirtschaftlich denkenden Partei nicht als erforderlich erscheinenden Aufwendungen sind dagegen grundsätzlich nicht zu erstatten (OLG Karlsruhe, NJW-RR 1999, 85).

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze scheidet eine Erstattungspflicht der geltend gemachten Digitalisierungskosten gleichfalls aus.

Das seit 2018 rechtshängige Verfahren wurde vom Landgericht Coburg in Papierform geführt, sodass der Vortrag des Prozessbevollmächtigten, die gegenständlichen papiernen Unterlagen zur Vereinfachung und Vereinheitlichung entsprechend seiner bisherigen digitalen Aktenführung und Korrespondenz mit dem Kläger gleichfalls für sich (und den Kläger) digitalisiert zu haben, schon kein ausreichender Grund für eine erstattungsfähige Maßnahme seiner Prozessführung ist. Denn bei der hier vorgenommenen Digitalisierung handelt es sich nur um eine nach Ansicht der Klägerseite der individuellen Arbeitserleichterung dienende Maßnahme, die in den Grenzen einer sparsamen Prozessführung (s.o.) nicht erstattungsfähig ist.

Im Übrigen hätte es dem Kläger in jedem Fall oblegen, zuvor gegenüber dem Gericht und der Beklagten die Übermittlung einer entsprechend beklagtenseits erstellten digitale Version dieser Unterlagen spätestens im Termin vom 16.11.2021 zu verlangen, was offensichtlich nicht geschehen ist. Ohne dies anzusprechen, wurde vielmehr sogar noch auf den ausdrücklichen Wunsch des Prozessbevollmächtigten im Termin vom 16.11.2021 das umfangreiche Aktenkonvolut (bestehend aus 5 Aktenbänden mit über 6000 Seiten) vom Landgericht in dessen Kanzlei postalisch übersandt – offensichtlich auch, um es dort selbst (unter anschließender Geltendmachung von Auslagen in Höhe von 1.020,70 €) zu digitalisieren. Das ist jedoch mit dem Gebot der sparsamen Prozessführung, die eigenen Kosten so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung eigener berechtigter Belange vereinbaren lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 2007 – XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 Rn. 12; Zöller/Herget, aaO), nicht ansatzweise in Einklang zu bringen.“

Ist leider seit dem 2. KostRMoG so. Und da ist dringend eine Reform der Reform erforderlich, die ja kommen soll. Nur: Wann. Man hört nichts.

Keine Dokumentenpauschale für Papierscans, und das KostRÄG 2021 schweigt dazu

Smiley

Gestern hat mir der Kollege Pfläging aus Kassel den OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 02.09.2020 – 2 Ws 77/20 – geschickt und das mit folgender Bitte verbunden:

„……ich habe hier ein juristisches Problem, das mir unter den Nägeln brennt.

Es geht um die Erstattung von Kosten für die Anfertigung von Scans der Ermittlungsakte.

Den Sachverhalt können Sie dem beiliegenden Beschuss des Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 02.09.2020, Aktenzeichen: 2 Ws 77/20, sowie meinem Anschreiben an die Bundesrechtsanwaltskammer nebst Anlage entnehmen.

Eventuell könnten Sie sich dieses Problemkreises auch einmal annehmen, um etwas mehr Öffentlichkeit zu schaffen.

In dem beigefügten OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 02.09.2020 – 2 Ws 77/20 -, mit dem das OLG die Beschwerde des Kollegen gegen einen Beschluss des LG Kassel, das die Dokumentenpauschale für das Einscannen der Papierakte nicht festgesetzt hat, zurückgewiesen hat, heißt es:

„Das Einscannen begründet keinen eigenen Ersatzanspruch, denn das Einscannen von Dokumenten ist keine Herstellung von Kopien im Sinne der Nr. 7000 1.a) VV RVG. Als Kopie im Sinne des Kostenrechts ist nur die Reproduktion einer Vorlage auf einen körperlichen Gegenstand, beispielsweise auf Papier, Karton oder Folie anzusehen. Dies wird in der Begründung zum zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (KostRMoG) 2013 ausdrücklich klargestellt (Drucksache 517/12 zu Nr. 7000 W RVG, Seite 444 unter Bezugnahme auf § GNoTKG § 11 GNotKG, Seite 222).“

Nun, etwas Anderes war zu der Frage nicht zu erwarten (und schon gar nicht vom 2. Strafsenat des OLG Frankfurt). Aber in diesem Fall kann man leider noch nicht mal so sehr gegen das OLG Frankfurt Sturm laufen, da sich dieses auf dem Boden der (leider) herrschenden Meinung in der Frage befindet (vgl. u.a. hier: Dokumentenpauschale für das Einscannen von Unterlagen – gibt es beim KG nicht). In der Frage hatte es mal Streit gegeben, aber der hat sich dann leider nach dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG erledigt. Das hatte die entsprechenden Vorschriften geändert und das so begründet, dass es nun ausgeschlossen ist, dass Papierscans als Herstellen von Kopien angesehen wird.

Das ist mehr als ärgerlich und angesichts der sich in den letzten Jahren geänderten Arbeitsweise vor allem von Verteidigern – weg von der Papierakte, hin zu Scans – auch nicht nachvollziehbar. Denn der Arbeitsaufwand, der beim Verteidiger bzw. seinen Mitarbeitern entsteht – ist ja derselbe wie beim Kopieren einen Papierakte. Daher ist/wäre an der Stelle dringend eine Gesetzesänderung erforderlich. Die hatte man – auch ich – sich/mir mit einem 3. KostRMoG erhofft. Nun, jetzt kommt ein (mickriges) KostRÄG 2021 und da liest man von einer Änderung an der Stelle – bislang nichts (vgl. Referentenentwurf zum KostenrechtsänderungsG 2021 – “Es röhrt ein Elefant und er gebiert eine Maus”). 

Der Kollege hat sich – so hat er mir mitgeteilt – an die BRAK gewandt und dort auf den „dringenden Handlungsbedarf“ hingewiesen. Es könne – so der Kollege – nicht angehen, dass die
Anwaltschaft gezwungen wird, digitale Kommunikationswege bei beA zu nutzen und andererseits die Arbeit des Scannens nicht vergütet werden soll. Recht hat er der Kollege. Man könnte auch schreiben: Es wäre schön, wenn man an der Stelle im 21. Jahrhundert ankommen würde.

Die Bitte des Kollegen (siehe oben) -„etwas mehr Öffentlichkeit schaffen“ – greife ich gern auf und erfülle sie hiermit. Nur wird es m.E. nichts bringen. Denn wenn man sich die „Gemeinsame Stellungnahme Bundesrechtsanwaltskammer und Deutscher Anwaltverein“ (54/2020) von August 2020 ansieht, dann findet sich darin zu dem Punkt nichts. Man schluckt es also, dass sich dort nichts ändert. Das verwundert nicht. Denn – so hört man: BRAK und DAV sollen ja bei der Erarbeitung des Referentenentwurfs beteiligt gewesen sein. Und der DAV feiert den Entwurf ja auch als Erfolg – “Auch wenn nicht alle Forderungen von DAV und BRAK in den vorliegenden Referentenentwurf Eingang gefunden haben – das vorliegende Ergebnis ist ein Erfolg und zeigt, dass sich die Mühen der letzten Monate gelohnt haben.“ (vgl. hier). Da passt es dann sicher nicht so, wenn man an der Stelle „Verbesserungsbedarf“ einfordern würde. Zumal man sicherlich mit erheblichem Widerstand der Bundesländer rechnen müsste, die wieder/noch einmal schreien würden: Alles viel zu teuer.

Also: Ich bin auf die (pflaumenweiche; wahrscheinlich beschwichtigende und hinhaltende) Antwort der BRAK an den Kollegen gespannt. Wahrscheinlich wird man auf die lineare Erhöhung von 10 % hinweisen – na und?, die letzte Erhöhung liegt immer mehr als sieben (!) Jahre zurück – und mitteilen, dass man alles versucht habe, eine Änderung an der Stelle nicht zu erreichen gewesen sei.

Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Daher: Vielleich hat ja der ein oder andere Kollege Zeit, dieses Problem/diese Frage auch an die BRAK bzw. den DAV heranzutragen.

Steter Tropfen höhlt den Stein.

Edit: Auf Anregung eines Kollegen in einem Kommentar bei Facebook und nach Rücksprache mit dem Kollegen Pfläging hier dann das Schreiben des Kollegen an die BRAK:

„Ersatz von Kosten für das Einscannen der Papierakte

Sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen,

ich habe hier einen Punkt, der möglicherweise bei der RVG-Novelle nicht hinreichend berücksichtigt wurde. Es handelt sich um den Ersatz von Kosten für das Einscannen der Papierakte.

Ich wurde von der 3. Großen Strafkammer des Landgerichtes Kassel in einem sehr umfangreichen Wirtschaftsstrafverfahren als notwendiger Verteidiger beigeordnet und habe die insgesamt 13.207 Seiten umfassende Ermittlungsakte hier im Büro von meiner Mitarbeiterin einscannen lassen.

Da ich die Auffassung vertrat, dass keine Differenzierung zwischen Digital- und Hartkopie vorzunehmen ist, habe ich die Erstattung im Rahmen der Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG beantragt, was schlussendlich allerdings im Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main mit dem in Kopie beiliegenden Beschluss 2 Ws 77/20 verweigert wurde.

Meine Argumentation im Festsetzungsverfahren können Sie dem beiliegenden Schriftsatz vom 23.03.2020 entnehmen.

Ich denke, hier besteht dringender Handlungsbedarf. Es kann nicht angehen, dass die Anwaltschaft gezwungen wird, digitale Kommunikationswege bei beA zu nutzen und anderseits die Arbeit des Scannens nicht vergütet werden soll.

Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie sich dieser Angelegenheit annehmen könnten.

Mit freundlichen und kollegialen Grüßen“

Das erleichtert eine Stellungnahme. Ich denke, dass sich BRAK und DAV sicherlich über viele Stellungnahmen und Anregungen freuen werden 🙂 .

 

Dokumentenpauschale für den Empfang einer Behördenakte per Computerfax?, oder: Nur in Ausnahmefällen

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Die zweite gebührenrechtliche Entscheidung kommt heute vom VG Dresden. Ja, richtig: Verwaltungsgericht. Es handelt sich aber um eine Problematik in Zusammenhang mit der Nr. 7000 VV RVG, so dass ich sie hier auch vorstellen kann/möchte.

Das VG Dresden hat im VG Dresden, Beschl. v. 21.08.2019 – 12 K 2345/16.A – über die Abrechnung einer Dokumentenpauschale für den Empfang einer Behördenakte per Computerfax entschieden. Es hat diese nicht gewährt und das wie folgt begründet:

„Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat keinen Anspruch auf eine Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten nach Nr. 7000 Ziffer 1a) des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG).

Nach Nr. 7000 Ziffer 1a) VV RVG hat der Rechtsanwalt einen Anspruch auf eine Pauschale für Ablichtungen und Ausdrucke aus Behörden- und Gerichtsakten, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Für die Ausdrucke aus der dem Kläger-Prozessbevollmächtigten per PC-Fax übersandten Behördenakte kommt die Erstattung von Auslagen in Form der Dokumentenpauschale zwar grundsätzlich in Betracht. Im vorliegenden Fall ist aber die Gebotenheit der Herstellung der Ausdrucke für die sachgemäße Bearbeitung der Rechtssache nicht dargelegt.

Nr. 7000 VV RVG ist vor dem Hintergrund der Vorbemerkung 7 Abs. 1 Satz 1 zu sehen, wonach mit den Gebühren auch die allgemeinen Geschäftskosten entgolten werden. Aus Nr. 7000 VV RVG ergibt sich, dass dazu auch die Herstellung eines Dokuments zählt, soweit nicht Nr. 7000 VV RVG einen Anspruch auf die Dokumentenpauschale begründet. Nr. 7000 Ziffer 1 VV RVG betrifft Kopien und Ausdrucke, Nr. 2 elektronisch gespeicherte Daten. Die Pauschale bringt zum Ausdruck, dass damit alle für die Herstellung des Schreibwerks erforderlichen Aufwendungen pauschal abgegolten sein sollen, insbesondere also Personal- und Materialkosten, z. B. für Papier, Formulare, Schreib- und Kopiergeräte und deren Bedienung und Wartung. Diese dürfen dem Auftraggeber also nicht zusätzlich zu den Gebühren berechnet werden (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG 23. Aufl., § 7000 VV Rn. 1, 13). Aus der Anmerkung zu Nr. 7000 VV RVG Absatz 1 Satz 2, wonach einer Übermittlung durch den Rechtsanwalt per Telefax die Herstellung einer Kopie gleichsteht, ergibt sich, dass der Rechtsanwalt als Empfänger einer Telefaxsendung jedoch nicht die Dokumentenpauschale dafür berechnen kann, dass er seine Anlage zum Empfang bereithält und das Papier sowie den Toner stellt, auf dem der ihm übermittelte Text gedruckt wird (vgl. Müller-Rabe, a. a. O., Rn. 21f.). In diesem Fall entstehen die Kopien bei ihm ohne sein Zutun und ohne den für die Fertigung von Kopien erforderlichen Arbeitsaufwand (VG Aachen, Beschl. v. 16. Mai 2018 – 6 K 3213/17.A –, juris Rn. 5).

Im vorliegenden Fall hat das Gericht die Behördenakte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht in Papierform, sondern elektronisch durch Computerfax zur Akteneinsicht übermittelt. Die Übermittlung und der Empfang einer vollständigen Behördenakte, hier im Umfang von 176 Seiten plus 3 Seiten Inhaltsverzeichnis/Übersicht, entspricht nicht der üblichen Nutzung eines Faxgerätes. Ob für diese Ausdrucke aus der Akte die Dokumentenpauschale anfällt, kann nicht von der vom Gericht gewählten Form der Übermittlung abhängen, sondern nur davon, ob ihre Fertigung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Es kann nicht darauf ankommen, ob Kopien von einer in Papierform vorliegenden Behörden- oder Gerichtsakte gefertigt werden oder Teile einer elektronisch übermittelten Gerichtsakte ausgedruckt werden. So ist dem Wortlaut von Nr. 7000 Ziffer 1) nicht zu entnehmen, dass die Vorschrift nur eingreifen soll, wenn Kopien von körperlichen Akten erstellt werden. Vielmehr stellt der Rechtsanwalt auch dann Ausdrucke aus einer Gerichtsakte her, wenn ihm eine elektronische Gerichtsakte zugeleitet wird und er hiervon Ausdrucke fertigt – etwa um bestimmte Vorgänge plastischer vor Augen zu haben oder in der Handakte leichter zu finden (Müller-Rabe, a. a. O, Rn. 52). Allerdings ist dem Anwalt zuzumuten, zunächst am Bildschirm zu klären, was er auch noch ausdrucken muss (Hartmann, Kostengesetze, 49. Aufl., VV 7000 Rn. 10; OLG Rostock Strafsenat, Beschl. v. 29. September 2014 – 20 Ws 266/14 –, juris, Rn. 22, 24).

Da sich ein Rechtsanwalt im Rahmen des Verständigen auf alle Eventualitäten der Rechtssache vorbereiten muss, steht ihm bei der Entscheidung, welche Teile der Verwaltungsakten er ablichtet oder ablichten lässt, ein Ermessensspielraum zu. Damit das kostenfestsetzende Gericht und der Kostenschuldner überprüfen können, ob der Prozessbevollmächtigte das ihm über Nr. 7000 Ziffer 1a) VV RVG eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat, ist es jedoch erforderlich, dass der Prozessbevollmächtigte darlegt, dass und warum die gefertigten Ablichtungen aus seiner Sicht geboten waren (VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 12. März 2013 – 1 K 4489/11 –, juris Rn. 8f.). Daran fehlt es hier.

Der Kläger-Prozessbevollmächtigte führt zur Begründung seiner Erinnerung lediglich aus, er habe, soweit möglich, eine entsprechende Auswahl getroffen, die für die Bearbeitung als notwendig angesehen worden sei. Dies sei dem als Anlage vorgelegten Inhaltsverzeichnis der Behördenakte als Nachweis der Prüfung der Notwendigkeit der gefertigten Kopien zu entnehmen. In welcher Form die Notwendigkeit geprüft werde, bleibe dem Anwalt überlassen.

Damit hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Notwendigkeit der gefertigten Ausdrucke jedoch nicht substantiiert dargelegt. Die Dokumentenpauschale ist insgesamt nicht zu berücksichtigen, weil es an differenzierten Angaben zur Notwendigkeit der Ausdrucke fehlt. So fehlt es an einer konkreten Begründung dafür, dass der Ausdruck der kompletten Behördenakte zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Auf der Übersicht des Akteninhalts weist der Prozessbevollmächtigte lediglich darauf hin, dass die Notwendigkeit der Fertigung von 179 Kopien geprüft worden ist. Dieser Hinweis ist allgemein gehalten; es ist nicht nachvollziehbar, weshalb beispielsweise die Eurodac-Belehrungen, die Dublin-Befragungen und die Rückkehrinfos im Verfahren, in dem es um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ging, mit ausgedruckt worden sind und dies zur sachgerechten Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Es ist aber nicht Aufgabe der Kostenbeamtin oder des Gerichts, das eigene Ermessen nachträglich an die Stelle des anwaltlichen Ermessens zu setzen.“

Nochmals: Einscannen führt nicht zur Dokumentenpauschale, oder: Was ist mit einem 3. KostRMoG?

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Und als zweite Entscheidung dann der LSG Bayern, Beschl. v. 09.08.2018 – L 12 SF 296/18 E. Ja, Sozialrecht. Nein, ich werde nicht abtrünnig 🙂 , aber den Beschluss kann ich hier auch bringen, denn es geht um eine Frage, die auch im Straf-/Bußgeldverfahren von Bedeutung ist. Nämlich um den Dauerbrenner Einscannen und Dokumentenpauschale.

Dazu sagt auch das LSG: Das Einscannen von Dokumenten begründet keinen Anspruch auf Erstattung einer Pauschale nach Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG, denn das Einscannen von Dokumenten ist keine Herstellung von Kopien im Sinne der Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG. Als Kopie im Sinne des Kostenrechts nach dem 2. KostRModG ist nur die Reproduktion einer Vorlage auf einen körperlichen Gegenstand, beispielsweise auf Papier, Karton oder Folie anzusehen.

Zur Begründung bezieht sich das LSG auf die Motive zum 2. KostRMoG; die Argumentation kennen wir u.a. vom KG. Und dann noch:

„Nach Auffassung des Senats führt diese Rechtslage nach dem 2. KostRMoG zwar angesichts der zunehmenden Digitalisierung nicht immer zu nachvollziehbaren Ergebnissen, hält sich aber im Rahmen des weit gefassten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers und ist daher zulässig.

Es bleibt jedoch anzumerken, dass der Arbeitsaufwand für Einscannen und Fotokopieren grundsätzlich im Wesentlichen gleich ist, wie der Beschwerdeführer zutreffend vorträgt. Dies gilt insbesondere dann, wenn nicht aus Gründen der Arbeitserleichterung die gesamte Akte, sondern – ebenso wie bei der Auswahl der notwendig zu kopierenden Seiten – nur einzelne Dokumente nach Durchsicht der Akte eingescannt werden. Auch dienen sowohl das Kopieren als auch das Einscannen demselben Zweck, der darin liegt, dem Rechtsanwalt dauerhaft Zugriff auf die wesentlichen Bestandteile der Akte zu verschaffen. Eine kostenrechtlich unterschiedliche Behandlung beider Vorgänge ist daher schwer nachzuvollziehen. Die Neuregelung durch das 2. KostRMoG stellt aber nach der Gesetzesbegründung, die auf die Verkörperung der Kopien zielt, wohl die Vergütung der reinen Reproduktionskosten in den Vordergrund. Angesichts des klaren Wortlautes der Gesetzesmaterialien ist deshalb eine Auslegung der Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG, die Dokumentenpauschale auch für das Einscannen zuzubilligen, nach Auffassung des Senats nicht zulässig.“

Dazu Folgendes: Der „Gemeinsame Vorschlag von DAV und BRAK für ein 3. KostRMoG“ sieht an der Stelle übrigens eine Änderung vor, die dann, wenn die GroKo das in der ihr noch verbleibenden Zeit hinbekommt, dann auch hoffentlich kommen wird.