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BTM I: Fahrplan für den Großen Senat für Strafsachen, oder: Packen wir es an?

© Blackosaka - Fotolia.com

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In der letzten Zeit sind einige Anfragebeschlüsse der Strafsenate des BGH bei den anderen Senaten ergangen, die zu Antworten geführt haben, die darauf hindeuten, dass nun demnächst der Große Senat für Strafsachen mit den Fragen befasst sein wird. Mit zwei dieser Anfragen – beide aus dem BtM-Bereich bzw. ihn tangierend – eröffne ich dann den heutigen Tag.

  • Das war einmal der BGH, Beschl. v. 01.06.2016 – 2 StR 335/15  (vgl. dazu Schon wieder: Anfragebeschluss des 2. Ss des BGH – Nötigung zur Herausgabe von BtM). Ja, das ist die Geschichte mit dem Vermögensbegriff. Der 2. Strafsenat will davon ausgehen, dass die Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln sich nicht gegen das Vermögen des Genötigten richtet und daher nicht den Tatbestand der Erpressung erfüllt. Geantwortet hat jetzt der 4. Strafsenat im BGH, Beschl. v. 10.11.2016 – 4 ARs 17/16: Er hält an seiner (alten) Rechtsprechung fest und meint abschließend: Die Anfrage gibt keinen Anlass, den in der Praxis bewährten und insbe-sondere aus kriminalpolitischen Gesichtspunkten sachgerechten wirtschaftlichen Vermögensbegriff – mit erheblichen Weiterungen auch für zahlreiche andere Fallkonstellationen – generell aufzugeben. Auch eine ausnahmsweise Einschränkung des Vermögensschutzes nur für den illegalen Betäubungsmittelbesitz kommt aus Sicht des Senats nicht in Betracht. Vielmehr ist auf der Grundlage des wirtschaftlichen Vermögensbegriffs auch in diesen Fallkonstellationen an der strafrechtlichen Sanktionierung festzuhalten.“
  • Das zweite Anfrageverfahren geht zurück auf den BGH, Beschl. v. 03.09.2015 – 3 StR 236/15. Da geht es um die Verbindung von zwei BtM-Umsatzgeschäften zu einer einheitlichen Tat. Der 3. Strafsenat will entscheidn: „Weder das sowohl dem Transport des Kaufgeldes für die erste als auch der Übernahme der weiteren Betäubungsmittelmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten noch die Bezahlung einer zuvor auf ‚Kommission‘ erhaltenen Be-täubungsmittelmenge bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren Betäu-bungsmittelmenge verbindet die beiden Umsatzgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen Sinn.“ Dem haben inzwischen der 2. Strafsenat des BGH (vgl. BGH, Beschl.v. 31.05.2016 – 2 ARs 403/15) und der  4. Strafsenat des BGH (vgl. BGH, Beschl. v. 01.09.2016 – 4 ARs 17/16) eine Absage erteilt.

Damit dürften die beiden Fragen demnächst auf der Agenda des Großen Senats für Strafsachen stehen. Packen wir es an…

Cannabinoide in China bestellt, keine Einfuhr von BtM

entnommen wikimedia.org Quelle Scan by Raimond Spekking

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Eine schon eher nicht alltägliche Fallgestaltung liegt dem BGH, Beschl. v. 08.09.2016 – 1 StR 232/16 – zugrunde. Der Angeklagte hatte nämlich im Internet synthetische Cannabinoide mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 85% bestellt, die aufgrund seiner Bestellung aus China versandt, in das Bundesgebiet eingeführt und an die Wohnanschrift des Angeklagten geliefert wurden. Im Einzelnen war es eine Bestellung von über 100 Gramm des synthetischen Cannabinoids JWH-122 zum Preis von 346,05 €, die nicht geringe Menge von JWH-122 liegt bei höchstens zwei Gramm, und eine Bestellung über 100 Gramm des synthetischen Cannabinoids UR-144 zum Preis von mindestens 300 €, die nicht geringe Menge von UR-144 liegt bei höchstens sechs Gramm.

Das LG Mosbach hat den Angeklagten deshlab wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine Revision hatte – nach Aufhebung eines Verwerfungsbeschlusses des LG im Verfahren nach § 346 StPO – beim BGH Erfolg:

2. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht. Die Annahme täterschaftlicher unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Zwar erfordert der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze, so dass Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch ein Beteiligter sein kann, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt. Es müssen jedoch die Voraussetzungen für ein täterschaftliches Handeln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts vorliegen. Hierzu ist eine wer-tende Gesamtbetrachtung erforderlich (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 2. Juni 2015 – 4 StR 144/15, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4 Einfuhr 3). Von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt ist der Einfuhrvorgang selbst. Das bloße Interesse an dessen Gelingen genügt nicht, wenn der Betreffende keine Tat-herrschaft oder zumindest Tatherrschaftswillen hat (statt vieler: BGH, Be-schluss vom 2. Juni 2016 – 1 StR 161/16). Eine Person, die den Einfuhrvorgang zwar veranlasst, aber keinen Einfluss auf dessen Durchführung hat, kann weder Mittäter noch Gehilfe der Einfuhr sein (BGH, Beschlüsse vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, StV 2015, 632 und vom 16. Februar 2012 – 3 StR 470/11, StraFo 2012, 158).

Nach diesen Grundsätzen kann die Verurteilung wegen täterschaftlicher Einfuhr keinen Bestand haben. Die Feststellungen des Landgerichts beschränken sich darauf, dass der Angeklagte die Betäubungsmittel über das Internet in China bestellte, ohne irgendeinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang zu haben.

Ob eine Strafbarkeit wegen Anstiftung (oder Beihilfe) zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in Betracht kommt, kann der Senat anhand der vorliegenden Feststellungen nicht beurteilen. Hierzu hätte es insbesondere näherer Feststellungen zu den Bestellvorgängen bedurft.“

Unerlaubte Eigenbehandlung mit BtM – i.d.R. kein Notstand

© rcx - Fotolia.com

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Auf der Homepage des BGH eingestellt worden ist heute der BGH, Beschl. v. 28.06.2016 – 1 StR 613/15. Die für BGHSt vorgesehene Entscheidung behandelt eine Problematik aus dem BtM-Bereich, nämlich die Frage, ob der unerlaubte Umgang mit Betäubungsmitteln zum Zweck der Eigenbehandlung eines Schmerzpatienten durch § 34 StGB – Notstand – gerechtfertigt sein kan. Der BGH sagt: I.d.R. nicht.

Es geht um die Übernahme von jeweils gut 58 g Heroin und 35 g Kokain durch die Angeklagte von einem Kontaktmann. Hintergrund was der Schmerzverlauf der Grunderkrankung der Angeklagten, einer Sarkoidose. Der BGH bejaht zwar eine „Gefahr“ für die Angeklagte, geht jedoch davon aus, dass die anders als durch das unerlaubte Sichverschaffen des Heroins und des Kokains hätte abgewendet werden können:

„…………..(2) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war das unerlaubte Verschaffen von Heroin und Kokain durch die Angeklagte nicht erforderlich, um ihre mit dem Krankheitsschub einhergehenden Schmerzen zu lindern und ihre Arbeitsfähigkeit zu erhalten.

(a) Zwar war ausweislich der Beweiswürdigung des Landgerichts die von der Angeklagten gewählte Dosierung medizinisch nachvollziehbar und die Einnahme des Heroins wirkungsvoll, das dazu erforderliche Verschaffen war mithin zur Abwendung der Gefahr geeignet.

(b) Diese war aber anders, ohne Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, abwendbar. Dazu kam angesichts des bereits seit dem Jahr 2013 erfolgten regelmäßigen Konsums von Heroin aus Angst vor krankheitsbedingten Schmerzen (UA S. 6) entweder eine Behandlung mit für die Angeklagte aufgrund Verschreibung zugänglicher und für sie wirtschaftlich erreichbarer, ausreichend wirksamer Schmerzmittel oder – im Fall fehlenden Zugangs zu solchen Medikamenten – die Einleitung eines Genehmigungsverfahrens gemäß § 3 Abs. 2 BtMG in Frage.

Wie das Landgericht im Rahmen der Erwägungen zur Maßregel gemäß § 64 StGB ausführt, hatte die Angeklagte im September 2013 einen massiven Schub ihrer Erkrankung erlitten und war aufgrund der Schmerzen nicht mehr in der Lage gewesen, das Bett zu verlassen. Die ihr vom Arzt verordneten Medikamente hätten nicht geholfen bzw. habe sie ein morphinhaltiges Medikament nicht einnehmen wollen (UA S. 23). Bei weiterer Zunahme der Schmerzen habe sie dann angefangen, Drogen zu konsumieren. Aufgrund des Konsums sei sie in der Lage gewesen, ihrer Arbeit nachzugehen und sich um ihre Kinder zu kümmern (UA S. 23). Bis zur Begehung der gegenständlichen Tat im Dezember 2014 war damit mehr als ein Jahr vergangen, in dem keine legalen Möglichkeiten einer effektiven Schmerzbehandlung seitens der Angeklagten ergriffen worden sind. Vielmehr ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang des Urteils, dass die Angeklagte sogleich auf unerlaubte Betäubungsmittel zugegriffen hat, ohne einen Versuch zu unternehmen, mit dem sie behandelnden Arzt eine andere Schmerzmedikation umzusetzen. Auch eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 3 Abs. 2 BtMG ist nicht nachgesucht worden (vgl. insoweit BVerfG [3. Kammer des Zweiten Senats], Beschluss vom 20. Januar 2000 – 2 BvR 2382/99 u.a., NJW 2000, 3126, 3127).

Eine solche kommt aber – wie dargelegt (Rn. 14 und 15) – grundsätzlich zur Sicherstellung einer notwendigen medizinischen Versorgung eines einzelnen Patienten in Betracht. Das gilt nicht allein für Cannabisprodukte, sondern auch für Heroinprodukte, die zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden sollen (vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 3 Rn. 58). Bei der Entscheidung über die Erteilung einer Genehmigung muss die zuständige Behörde die Wirkungen des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und die Gewährleistung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) berücksichtigen (BVerwG, Urteil vom 19. Mai 2005 – 3 C 17.04, BVerwGE 123, 352, 355 f. mwN). Der Schutzbereich des Grundrechts ist auch dann betroffen, wenn der Staat Maßnahmen ergreift, die verhindern, dass eine Krankheit geheilt oder wenigstens gelindert werden kann, und wenn dadurch körperliche Leiden ohne Not fortgesetzt oder aufrechterhalten werden (BVerwG aaO mwN). Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Kriterien für die Entscheidung über einen Antrag auf Genehmigung für den Umgang mit Can-nabis für eine Einzelperson zu therapeutischen Zwecken wären auch für die Verbescheidung eines Antrags auf Umgang mit anderen Betäubungsmitteln maßgeblich (vgl. Patzak aaO § 3 Rn. 58). Mit dem für die Substitutionsbehand-lung unter näheren Voraussetzungen zugelassenen Diamorphin steht ein mit Diacetylmorphin (Heroin) substanzgleiches Produkt (siehe Patzak aaO Stoffe Rn. 194) mit gleichen Wirkungen zur Verfügung……………“

BtM III: Du warst kein „Mittäter“ bei der Einfuhr oder was?

© fotomek -Fotolia.com

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Bei der Verteidigung im BtM-Bereich (vgl. vorhin schon den BGH, Beschl. v. 16.02. 2016 – 1 StR 525/15 und dazu BtM I: Bitte nicht nur „Vermutungen“, oder der zu „Vertuschungszwecken vorgeschobene Zahlungsempfänger“ und den BGH, Beschl. v. 16.02. 2016 – 1 StR 525/15 und dazu BtM II: Das war kein „Handeltreiben“) spielen die Probleme im Zusammenhang mit der Frage: Mittäter bei der Einfuhr von BtM (in nicht geringer Mnege) , eine erhebliche Rolle, und zwar vor allem hinsichtlich der Strafhöhe. Dazu verhält sich dann mal wieder der BGH, Beschl. v. 05.04.2016 – 3 StR 554/15. Nach den vom LG getroffenen Feststellungen hatte die Freundin des Angeklagten einem gemeinsamen Tatplan entsprechend bei einem Händler in den Niederlanden Heroin, Amphetamin und Streckmittel bestellt (wie man das eben so macht 🙂 ). Das Rauschgift war teilweise zum gewinnbringenden Weiterverkauf, teilweise zum jeweils hälftigen Eigenkonsum durch den Angeklagten und seine Freundin bestimmt. Aufgrund einer Erkrankung seiner Freundin beabsichtigte der Angeklagte, die Betäubungsmittel in den Niederlanden abzuholen. An der Grenze wurde ihm jedoch die Weiterreise aufgrund seiner Alkoholisierung untersagt. Daher unternahm nach telefonischer Abstimmung schließlich doch seine Freundin mit einem auf den Angeklagten zugelassenen PKW die Fahrt in die Niederlande, während dieser die Heimreise antrat. Die Freundin des Angeklagten erwarb sodann in den Niederlanden die Betäubungs- und -streckmittel, konsumierte einen Teil des Heroins und des Amphetamins und verbrachte den Rest nach Deutschland. Hier wurde sie aufgrund ihres auffälligen Fahrstils von der Polizei aufgegriffen und zu einer Wache verbracht. Es gelang ihr aber, das Rauschgift zu verstecken. Nachdem sie dem Angeklagten ihren Aufenthaltsort mitgeteilt hatte, holte dieser sie ab und half ihr, die Betäubungsmittel nach Hause zu bringen.

Frage: Ist der Angeklagte Mittäter der Einfuhr? Dazu der BGH:

b) Zwar ist es nicht erforderlich, dass der Täter der Einfuhr das Rauschgift eigenhändig ins Inland verbringt. Vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, (Mit-)Täter der Einfuhr des unmittelbar handelnden Täters sein, wenn er einen Tatbeitrag erbringt, der sich bei wertender Betrachtung nicht nur als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der zur Tatbestandsverwirklichung führenden Tätigkeit aller Mitwirkenden darstellt, und der die Tathandlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 1992 – 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 319 mwN). Wesentliche Anhaltspunkte für die Täterschaft sind dabei der Grad seines Tatinteresses, der Umfang der Tat-beteiligung, die Tatherrschaft und der Wille dazu, die in eine wertende Ge-samtbetrachtung einzubeziehen sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 33 mwN). Auch der im Inland aufhältige Empfänger von Betäubungsmitteln aus dem Ausland kann deshalb wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar sein, wenn er sie durch Dritte über die Grenze bringen lässt und dabei mit Täterwillen die Tatbestandsverwirklichung fördernde Beiträge leistet. Hat der Empfänger hingegen keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet er nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, kann er sich zwar etwa wegen einer Bestellung des Rauschgifts wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar machen; die bloße Bereitschaft zur Entgegennahme der eingeführten Betäubungsmittel begründet aber weder die Stellung als Mittäter noch als Gehilfe der Einfuhr (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 167 mwN).

c) Nach diesen Maßstäben ist die Wertung, der Angeklagte sei als Mit-täter der Einfuhr anzusehen, rechtsfehlerhaft.

Der Angeklagte hatte zwar ein nicht unerhebliches Interesse an dem Erwerb der Betäubungsmittel sowie deren Transport nach Deutschland, da er diese teilweise mitverkaufen und teilweise selbst konsumieren wollte. Dies allein begründet seine (Mit-)Täterschaft an der Einfuhr der Drogen hier aber mit Blick auf den Umfang der Tatbeteiligung und die fehlende Tatherrschaft des Angeklagten nicht. Die Strafkammer hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Angeklagte einen auch nur geringen Einfluss auf den konkreten Transport der Betäubungsmittel von den Niederlanden nach Deutschland hatte. Diesen Teil der Tat führte vielmehr allein die ebenfalls mit einem erheblichen Eigeninteresse handelnde Freundin des Angeklagten aus. Dieser beteiligte sich lediglich an der Planung des Einkaufs, unternahm einen bereits an der Grenze zu den Niederlanden endenden vergeblichen Versuch, das Rauschgift zu erwerben, informierte seine Freundin hierüber und half schließlich beim Weitertransport der sich bereits in Deutschland befindenden Betäubungsmittel. Beim Erwerb des Heroins, Amphetamins und der Streckmittel in den Niederlanden war der Angeklagte ebenso wenig zugegen wie bei der sich anschließenden Rückfahrt seiner Freundin, die mit dem erworbenen Rauschgift trotz ihres Zu-stands selbstständig bis auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelangte.“

BtM II: Das war kein „Handeltreiben“

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Als zweites Posting zum BtM – nach dem BGH, Beschl. v. 16.02. 2016 – 1 StR 525/15 und dazu BtM I: Bitte nicht nur „Vermutungen“, oder der zu „Vertuschungszwecken vorgeschobene Zahlungsempfänger“ – den BGH, Beschl. v. 10.11.2015 – 3 StR 302/15. Der befasst sich noch einmal mit der Frage des Handeltreibens:

„1. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte S. wegen der zögerlichen Zahlweise des von ihm in den Fällen II. 1. bis 3. belieferten Abnehmers vorübergehend den Kontakt zu diesem abgebrochen. Da er schließlich aber doch an einer Weiterführung der geschäftlichen Bezie-hungen interessiert war, rief der Angeklagte D. , der in die Drogenge-schäfte des Angeklagten S. eingeweiht war, den Abnehmer an und vereinbarte ein persönliches Treffen, um zu „reden und (zu) rechnen“. Mit einem vom Angeklagten D. angemieteten Fahrzeug fuhren die Angeklagten noch am selben Tag zusammen zu der verabredeten Zusammenkunft, bei der besprochen wurde, wie die Lieferbeziehung zwischen dem Angeklagten S. und dem Abnehmer würde fortgeführt werden können. Insbesondere wurde über das Zahlungsverhalten des Abnehmers gesprochen. Der Angeklagte S. machte deutlich, dass er künftig nur gegen unmittelbare Zahlung liefern werde. „Man wurde sich einig“.

2. Das festgestellte Verhalten erfüllt hinsichtlich des Angeklagten S. nicht den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

Der Begriff des Handeltreibens im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist zwar weit auszulegen. Danach ist Handeltreiben im Sinne dieser Vorschriften jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungs-mitteln gerichtete Tätigkeit (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256, 262). Ein vollendetes Handeltreiben mit Betäu-bungsmitteln liegt damit bereits vor, wenn der Verkäufer dem Kaufinteressenten ein verbindliches und ernsthaftes Verkaufsangebot unterbreitet (BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 1999 – 3 StR 479/99, NStZ 2000, 207, 208; vom 7. Juli 2006 – 2 StR 184/06, NStZ 2007, 100, 101; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 81; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 374 ff.). All-gemein sondierende Gespräche über die Möglichkeit und eventuelle Modalitä-ten künftiger Betäubungsmittelgeschäfte begründen dagegen noch kein vollen-detes Handeltreiben; bei ihnen handelt es sich lediglich um straflose Vorberei-tungshandlungen (Weber aaO, Rn. 367 mwN).

Nach diesen Maßstäben liegt im Fall II. 4. der Urteilsgründe ein strafba-res Verhalten des Angeklagten nicht vor. Ernsthafte Verkaufsverhandlungen zum Abschluss eines näher konkretisierten Betäubungsmittelgeschäfts führte der Angeklagte S. nicht. Nach den Feststellungen besprach er bei dem Treffen mit seinem früheren Abnehmer lediglich, unter welchen Bedingungen er zu einer Fortsetzung der Betäubungsmittellieferungen grundsätzlich bereit sei. Ein Verkaufsangebot unterbreitete er nicht. Der Tatbestand des Handeltreibens ist damit nicht erfüllt.

Da die Feststellungen das Vorliegen der Haupttat nicht tragen, entfällt auch die Strafbarkeit des Angeklagten D. wegen Beihilfe hierzu.“