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Na bitte, geht doch: Grundsätzlich immer Mittelgebühr, oder: Nix Pauschale

© SZ-Designs - Fotolia.com

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Nach dem eher traurigen OLG Köln, Beschl. v. 03.05.2016 – 2 Ws 138/16 – zur Abrechnung des Zeugenbeistands (vgl. dazu Auch du mein Sohn Brutus, oder: Was andere falsch machen, machen wir auch falsch) zur Stimmungsaufhellung kurz vor dem Wochenende zwei schöne Entscheidungen des LG Chemnitz zur Abrechnung im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren. Auf die eine hatte mich der Kollege Schillo aus Dreden hingewiesen und ich habe sie mir dann vom LG Chemnitz besorgt, die andere hatte der Kollege Suska aus Dresden erstritten und mir übersandt. Fazit: Im Bezirk des LG Chemnitz geht man jetzt auch in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren immer von der Mittelgebühr aus und schaut dann, ob ggf. Reduzierungen oder Erhöhungen erforderlich sind, so der LG Chemnitz, Beschl. v. 23.02.2016 – 2 Ws 159/15:

„Der Rechtsanwalt bestimmt hierbei im Einzelfall die Gebühr gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Zu beachten ist, dass die Rahmenmittelgebühr den durchschnittlichen Fall erfasst; so sieht es die Gesetzeslage vor. Ausgangspunkt der Bemessung der Gebühr für die Tätigkeit des Rechtsanwaltes ist daher auch in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grundsätzlich die Mittelgebühr, wenn diese nicht im Einzelfall unbillig hoch ist. Anhand der Gesamtumstände und Besonderheiten des konkreten Einzelfalles ist in jedem Fall in einer Gesamtwürdigung die Gebühr innerhalb des Rahmens auf ihre Angemessenheit zu prüfen (vgl. LG Saarbrücken, 2 Qs 30/14, zitiert nach juris). Es ist daher ohne pauschale Reduzierungen und Festsetzungen mit der Hälfte der Mittelgebühr jeweils eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Die Kammer hat auch in ihren früheren Entscheidungen immer eine Einzelfallprüfung für jede einzelne Gebühr vorgenommen, wird jedoch aufgrund eines bei der Rechtsanwaltskammer Sachsen gemäß § 14 Abs. 2 RVG eingeholten Gutachtens der Rechtsanwaltskammer Sachsen zukünftig regelmäßig die Mittelgebühr zugrundelegen, sofern nicht Abweichungsgründe vorliegen:

Die in Teil 5 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG vorgesehenen Gebührenrahmen stellen den Rahmen für die Vergütung der Bearbeitung sämtlicher Bußgeldsachen dar. Dies sind neben Verkehrsordnungswidrigkeiten auch solche aus den Bereichen des Bau-, Gewerbe-, Umwelt- und Steuerrechts etc., die häufig mit Bußgeldern im oberen Bereich des Bußgeldrahmens bis 5.000 Euro geahndet werden und oft mit rechtlichen Schwierigkeiten und/oder umfangreicher Sachaufklärung verbunden sind (vgl. LG Hannover, RVGreport 2008, 182). Verkehrsordnungswidrigkeiten können im Einzelfall einen gleich hohen, einen höheren oder auch einen geringeren Aufwand als andere Ordnungswidrigkeiten verursachen. Soweit sie einfache Sach- und Rechtsfragen, relativ niedrige Geldbußen, selbst mit einem Fahrverbot und wenigen Punkten im Verkehrszentralregister, aufweisen, können (aber nicht – pauschal – müssen) sie in einer Einzelfallprüfung als unterdurchschnittlich anzusehen sein, wenn die Gesamtwürdigung mit weiteren Besonderheiten des Einzelfalles dies zuläßt.“

Also eine klare Absage an die pauschalen Reduzierungen, die von anderen LG teilweise gemacht werden. Und das LG hat Recht mit seiner Auffassung. Also, es geht doch…

Bei dem anderen – genau so schönen – Beschluss handelt es sich um den LG Chemnitz, Beschl. v. 09.06.2016 – 2 Qs 76/16.

Danke für den Hinweis und den Beschluss 🙂 .