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Pflichti III: Wiederaufnahme nach Einstellung, oder: Fortgeltung der „alten“ Pflichtverteidigerbestellung?

Und zur Abrundung dann noch der OLG Celle, Beschl. v. 31.05.2021 – 5 StS 2/21.

Hintergrund dieser Entscheidung ist ein Umfangsverfahren, in dem der Kollege bereits vor Inkrafttreten des KostRÄG Pflichtverteidiger war. Das Verfahren ist dann von der GStA nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Nach dem 01.01.2021, also nach Inkrafttreten des KostRÄG 2021, wird das Verfahren wieder aufgenommen.

Da stellt sich dann die Frage, ob die ursprüngliche Pflichtverteidigerbestellung wieder auflebt oder ob sie geendet hat und beendet bleibt mit der Folge, dass neu bestellt werden muss. Die gebührenrechtliche Folge wäre dann: Geltung des KostRÄG 2021 und damit Geltung der erhöhten RVG-Sätze.

Ich hatte mit dem betroffenen Kollegen Dr. Elobied zusammen mit einigen anderen Kollegen die Frage diskutiert. Empfehlung war dann – trotz der an sich recht klaren Regelung in § 143 Abs. 1 StPO -, beim OLG Klarstellung zu erbitten. Das hat der Kollege getan und das OLG hat entschieden:

„Rechtsanwalt pp. wird dem Angeklagten als Verteidiger beigeordnet.

Gründe:

Es handelt sich gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 1 StPO um einen Fall der notwendigen Verteidigung. Die Hauptverhandlung soll im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht stattfinden. Nachdem das Verfahren durch die Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden war, endete gemäß § 143 Abs. 1 StPO die bisherige Beiordnung von Rechtsanwalt pp. kraft Gesetzes. Sie war daher nach Wiederaufnahme des Verfahrens und Erhebung der öffentlichen Klage erneut anzuordnen.“

Damit ist jetzt sicher gestellt, dass nun nach neuem Recht abgerechnet werden muss/kann.

Wer bekommt die 42.300 € „Dealgeld“?

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Die mit der Rückabwicklung einer strafprozessualen Beschlagnahme zusammenhängenden Fragen stellen sich in der Praxis häufig, und zwar meist bzw. häufig in BtM-Verfahren, in denen nicht selten „Dealgeld“ beschlagnahmt und sicher gestellt wird. Da stellt sich dann nach Beendigung des Verfahrens die Frage: Wer bekommt das Geld. So auch in einem Strafverfahren, das seinen zivilrechtlichen Abschluss im BGH, Urt. v. 14.11.2014 – V ZR 90/13 – gefunden hat. Postings zu diesem Urteil sind schon an anderen Stellen gelaufen, nun liegt aber der Volltext zu der BGH-Entscheidung vor, die sich kurz dahin zusammenfassen lässt: Die Rückgabe eines beschlagnahmten Gegenstandes nach dem Ende einer förmlichen Beschlagnahme zu Beweiszwecken stellt eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Strafverfolgungsbehörden dar. Es ist der Zustand wiederherzustellen, der vor der Beschlagnahme bestand. Bargeld, das in einem Strafverfahren als Beweismittel beschlagnahmt wird, ist daher nach Verfahrensende im Grundsatz an den letzten Gewahrsamsinhaber auszuhändigen. Bestand bei der Beschlagnahme Mitgewahrsam mehrerer Personen, hat die Rückgabe – bzw. die Leistung von Wertersatz – an diese gemeinschaftlich zu erfolgen.

Ausgangspunkt des Verfahrens (so die PM des BGH) war eine von der StA im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen den Ehemann der Klägerin wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz angeordnete Durchsuchung der Wohnung der Eheleute. Dabei wurden in der Küche – versteckt in einer Kunststoffdose – 42.300 € in bar gefunden. Das Geld wurde als Beweismittel sichergestellt, beschlagnahmt und auf ein Konto der Landesjustizkasse eingezahlt. Der Ehemann wurde zu einer Haftstrafe von dreizehn Jahren verurteilt. Dabei wurde der sog. Wertersatzverfall in Höhe von 30.500 € angeordnet. Die Staatsanwaltschaft erklärte hinsichtlich des sichergestellten Betrags die Aufrechnung mit den Verfahrenskosten des Strafverfahrens und dem Wertersatzverfall. Die Klägerin behauptete jedoch, nicht ihr Mann, sondern sie sei Eigentümerin des Geldes gewesen. Es habe sich um Arbeitslohn gehandelt, den sie in der Ehewohnung versteckt habe, weil sie aufgrund ihrer Lebensgeschichte kein Vertrauen zu Banken habe. Die Hälfte des Geldes hat die Klägerin zurückerhalten. Sie hat dann auf Zahlung des Restes geklagt. Das LG hat die Klage abgewiesen. Auch beim OLG hatte sie dann mit der Berufung keinen Erfolg. Das OLG hat zwar nicht feststellen können, ob das Geld dem Ehemann oder der Ehefrau gehörte, war aber der Meinung, der Zahlungsanspruch gegen die Staatskasse könne aufgeteilt werden und die Klägerin habe den ihr zustehenden hälftigen Anteil bereits erhalten.

Der BGH hat dann aufgehoben und zurückverwiesen. Kurzbegründung siehe oben. Und: Weil der im Zeitpunkt der Beschlagnahme bestehende Zustand wiederherzustellen sei, könne der Schuldner nicht nach seinem Belieben an einen der Gläubiger leisten oder die Leistung aufteilen. Vielmehr könne die Zahlung nur an die Eheleute gemeinsam erfolgen. Die Aufteilung im Innenverhältnis sei allein deren Sache. Infolgedessen sei die Aufrechnung der Staatsanwaltschaft mit den nur von dem Ehemann geschuldeten Verfahrenskosten des Strafverfahrens und dem Wertersatzverfall erfolglos, weil es an der erforderlichen Gegenseitigkeit der Ansprüche fehle. Selbst (durch)entscheiden konnte der BGH allerdings nicht: Die Ehefrau hatte bislang Zahlung an sich verlangt. Sie muss nun entweder Zahlung an sich und ihren Ehemann beantragen oder eine Erklärung ihres Ehemannes beibringen, wonach dieser keine Ansprüche an dem Geld erhebt.

Da sag noch mal einer, als Strafrechtler habe man nichts mehr mit dem BGB zu tun.

Beschlagnahme beeendet – wer bekommt die sichergestellten Gegenstände?

An sich ist die Antwort auf die Frage, an wen nach Beendigung einer Beschlagnahme sichergestellte Gegenstände herauszugeben sind, verhältnismäßig einfach. Herauszugeben sind sie an den letzten Gewahrsamsinhaber. Allerdings besteht dann eine Ausnahme, wenn die sichergestellter Gegenstände durch strafbare Handlungen in den Besitz des Betreffenden gelangt sind.

So (auch) das OLG Celle, Beschl. v. 10.01.2012 –  1 Ws 7/12:

In der Sache kann das Rechtsmittel indessen keinen Erfolg haben. Zwar sind sichergestellte Gegenstände, sofern sie – wie vorliegend – nicht eingezogen wurden, nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens grundsätzlich an den letzten Gewahrsamsinhaber herauszugeben, weil regelmäßig derjenige Zustand wiederhergestellt werden soll, in den durch die vorläufigen Maßnahmen für die Zwecke des Verfahrens eingegriffen wurde (vgl. nur KK-Nack, § 94 Rn. 24; Meyer-Goßner, § 94 Rn. 22). Weshalb die Strafkammer im Urteil vom 1. Februar 2011 eine Entscheidung nach § 73 ff StGB nicht getroffen, und auch die Staatsanwaltschaft insoweit kein Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt hat, erschließt sich nicht.
Eine Herausgabe an den letzten Gewahrsamsinhaber (vorliegend der Drittbeteiligte Me.) kommt aber dann nicht in Betracht, wenn die sichergestellten Gegenstände zweifelsfrei durch irgendeine – wenn auch möglicherweise eine nicht in das Verfahren einbezogene – Straftat in den Besitz des Betreffenden gelangt sind (OLG Düsseldorf NStZ 1984, 567; OLG Hamm NStZ 1985, 376; OLG Schleswig NStZ 1994, 99; LG Hildesheim NStZ 1989, 336). Dies gilt für den Beschuldigten, und auch für einen Drittbeteiligten – bzw. wie vorliegend nach Abtretung für dessen Zessionar. Denn es wäre mit einem geordneten Strafverfahren nicht zu vereinbaren, wenn der Staat sich anderenfalls am Aufrechterhalten eines rechtswidrigen Zustands beteiligen und „Rechtsbrechern die Früchte ihrer Tat sichern“ müsste (LR-Schäfer a.a.O., Rn. 15). Hierzu hat die Strafkammer im Rahmen des rechtskräftigen Urteils vom 1. Februar 2011 als auch im Rahmen der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass das sichergestellte Geld aus Drogengeschäften stammte und bei dem Drittbeteiligten, der als Kurier für dieses Geld eingesetzt worden war, sichergestellt wurde. Hiernach kann keinem Zweifel unterliegen, dass es sich um inkriminiertes Geld handelt und eine Rückgabe nach den dargelegten Grundsätzen deshalb fraglos ausscheidet. Ein Verletzter ist offensichtlich nicht bekannt, so dass das Geld letztlich dem Fiskus zufallen wird.“

Ist z.B. für BtM-Verfahren nicht ganz unwichtig.