Schlagwort-Archive: Auslieferung

Lesetipp: Die Verteidigung in Auslieferungsverfahren nach IRG

Inzwischen ist StRR 06/2011 online. Für einen Monat haben wir aus dem Heft dann auf der Startseite von Heymanns Strafrecht den Beitrag „Die Verteidigung in Auslieferungsverfahren nach IRG“ von Rechtsanwalt Dr. jur. Ingo E. Fromm, Koblenz (StRR 2011, 208) zum kostenlosen Download bereitgestellt.

Auslieferung in die USA: Keine Bedenken hat das OLG Dresden

Das OLG Dresden, Beschl. v. 14.01.2011, OLG_Ausl_179/10, hat, wie man den nachstehenden Leitsätzen seiner Entscheidung entnehmen kann, keine Bedenken hinsichtlich einer Auslieferung in die USA:

  1. Im Auslieferungsverkehr mit den Vereinigten Staaten von Amerika zum Zwecke der Strafverfolgung ist es unschädlich, wenn der dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegende US-amerikanische Haftbefehl entgegen Art. 14 Abs. 3 Buchst. a US-AuslV nicht von einem Richter, sondern von einem Urkundsbeamten unterzeichnet ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht gehindert, ihr innerstaatliches Auslieferungsrecht (§ 10 IRG) dann anzuwenden, wenn und soweit es zu Gunsten des ausländischen Verfahrens über den Vertrag hinausgeht.
  2. Es steht der Auslieferung nicht entgegen, dass dem Auslieferungsersuchen keine Beweismittel gemäß Art. 14 Abs. 3 Buchst. a US-AuslV beigefügt sind.
  3. Die in den Vereinigten Staaten von Amerika drohende Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung verstößt nicht gegen unabdingbare Grundsätze der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung, wenn für den Verfolgten die Möglichkeit eines Gnadengesuches besteht. Das Oberlandgericht ist im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung nicht verpflichtet, die nähere Ausgestaltung des zur Anwendung kommenden Gnadenrechts aufzuklären.
  4. Die Haftbedingungen in den Vereinigten Staaten von Amerika bieten keine begründeten Anhaltspunkte für die Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung des Verfolgten.
  5. Die Auslieferung eines Verfolgten wegen des Vorwurfs der Begehung erheblicher Straftaten mit schwersten Rechtsgutverletzungen verstößt weder gegen Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK.

Deutschland/Niederlande 1:1 :-)

Hat der Angeklagte im Ausland in Auslieferungshaft gesessen, stellt sich, wenn er in der Bundesrepublik zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird, die Frage, wie die erlittene Auslieferungshaft angerechnet werden muss. Dazu gibt es Tabellen und Rechtsprechung des BGH, der jetzt vor kurzem in seinem Beschl. v. 26.01.2011 – 2 StR 458/10 für die Niederlande nocheinmal den Anrechnungsmaßstab 1:1 bestätigt hat.  Im Fußball wünscht man sich in dem Verhältnis andere Zahlen 🙂

U-Haft, Strafhaft, sonstige Haft – was hat Vorrang?

Ziemlich unbekannt ist noch die verhältnismäßig neue Vorschrift des § 116b StPO, die das Verhältnis von U-Haft und anderen freiheitsentziehenden Maßnahmen regelt. Geregelt ist dort, dass die Vollstreckung von U-Haft z.B. der Auslieferungshaft vorgeht, andererseits aber die Vollstreckung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe Vorrang vor der U-Haft hat.

Damit setzt sich der Beschl. des KG v. 01.11.2010 – 2 Ws 551/10 auseinander. Danach gilt:

1. Der Verurteilte hat keinen Anspruch darauf, vor Einleitung der Vollstreckung einer rechtskräftig verhängten Freiheitsstrafe angehört zu werden. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus der neuen gesetzlichen Regelung des § 116b Satz 2 StPO. Diese schreibt vielmehr gesetzlich fest, daß nunmehr die Vollstreckung einer rechtskräftig verhängten Freiheitsstrafe von Gesetzes wegen der Vollstreckung von Untersuchungshaft vorgeht. Diese Folge tritt automatisch mit dem Eingang des Aufnahmeersuchens in der Justizvollzugsanstalt ein.

2. Nur wenn der Zweck der Untersuchungshaft dies erfordert, was nur bei besonderen Gefahren, insbesondere der Verdunkelungsgefahr angenommen werden darf, kann das für die Untersuchungshaft zuständige Gericht eine abweichende Entscheidung – nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten – jederzeit treffen.