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Wie gewonnen, so zerronnen – die Auslagenerstattung in der Revision

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Mit der einen Hand gegeben, mit der anderen Hand genommen, kann man über zwei Beschlüsse des LG Verden schreiben. Hintergrund ist folgender Sachverhalt:

Die Staatsanwaltschaft legt gegen ein landgerichtliches Urteil Revision ein, die sie dann aber vor Begründung wieder zurücknimmt. Das LG übersieht, in der zu treffenden Kostenentscheidung der Landeskasse gemäß § 473 Abs. 2 Satz 1 StPO auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten aufzuerlegen. Der Verteidiger legt gegen diesen Beschluss Rechtsmittel ein.

Dazu verhält sich der LG Verden, Beschl. v. 05.06.2012 – 12 Ns 64/11, der zutreffend feststellt:

Selbständige Kostenentscheidungen im Sinne des § 473 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 StPO, die nach Zurücknahme einer Revision erlassen werden, können nicht mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden. Ist in einem solchen Falle aber die von Gesetzes wegen zu treffende Auslagenentscheidung unterblieben, so kann diese von Amts wegen oder auf – nicht fristgebundenen – Antrag hin gemäß § 33a S. 1 StPO unter dem Gesichtspunkt der Verletzung rechtlichen Gehörs nachgeholt werden.

So weit, so gut. Das war mit der einen Hand gegeben, denn die Entscheidung über die Auslagen brauchte der Verteidiger als Kostengrundentscheidung. Sonst hätte er mit einem Kostenfestsetzungsantrag schon aus dem Grund keinen Erfolg gehabt.

Sicherlich froh über diese Entscheidung hat der Verteidiger dann die Festsetzung der dem Angeklagten entstandenen Auslagen – seine Gebühren – beantragt. Und da erleidet er Schiffbruch bzw. wird „mit der anderen Hand genommen“. Denn der LG Verden, Beschl. v. 05.07.2012 – 1 Qs 109/12 – schließt sich der m.E. falschen Auffassung an, die im Fall der Revision der Staatsanwaltschaft vor Begründung der Revision die Beauftragung eines Verteidigers als nicht erforderlich ansieht:

Bei einer allein von der Staatsanwaltschaft eingelegten Revision besteht für den Angeklagten so lange kein rechtliche Notwendigkeit für die Einschaltung eines Verteidigers im Revisionsverfahren, wie die Staatsanwaltschaft ihre Revision nicht begründet hat. Beauftragt der Angeklagte früher einen Verteidiger, sind die dadurch entstehenden Auslagen nicht „notwendig“ und werden im Fall der Rücknahme nicht erstattet. 

Wie gewonnen, so zerronnen.

 

Der Kampf um die Auslagenerstattung in Beratungshilfesachen

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Von vielen Kollegen höre ich immer wieder, dass in Beratungshilfesachen sie sich häufig in einem Dauerkampf mit den Rechtspflegern um die Erstattung von Auslagen, insbesondere um die Erstattung von Kopien der Verfahrensakten, befinden.Die Erstattung wird häufig mit dem Argument, der Rechtsanwalt könne sich ja Notizen aus den Akten machen, abgelehnt. Dass das aus verschiedenen Gründen nicht richtig ist, liegt m.E. auf der Hand. So wird es zunehmend auch in der Rechtsprechung gesehen. Ein schönes Beispiel für die Argumentation ist der AG Riesa, Beschl. v. 27.06.2012 – 002 UR II 00885110, mit dem (allgemeinen) Leitsatz:

Ein Rechtsanwalt, der seinen Mandanten berät um die Reaktion in einem Strafverfahren zu besprechen, benötigt dazu Ablichtungen aus der Ermittlungsakte. Deshalb besteht auch in Beratungshilfesachen Anspruch auf Erstattung der von dem Rechtsanwalt gefertigten Fotokopien aus der Staatskasse.

Der Beschluss listet die Argumente pro Erstattung schön auf.