Ich setze dann die Pflichtverteidigungsreihe (vgl. Klein aber fein, AG Backnang zum “Pflichti” bei Unfähigkeit der Selbstverteidigung – “Pflichti 1?) fort mit dem KG, Beschl. v. 25.09.2013 – (4) 121 Ss 147/13 (184/13), in dem es um die Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Berufungsverfahren wegen Schwierigkeit der Sachlage ging. Das KG hat sie bejaht, denn:
„Die Schwierigkeit der Sachlage macht die Mitwirkung eines Verteidigers an der Berufungshauptverhandlung in einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation notwendig, wenn aus weiteren Indizien allein nicht hinreichend sicher auf die Richtigkeit der Angaben des einzigen Belastungszeugen geschlossen werden kann, so dass eine besondere Glaubwürdigkeitsprüfung erforderlich ist, und weitere, die Beweiswürdigung zusätzlich erschwerende Umstände hinzukommen. In dieser Konstellation kann eine sachgerechte Verteidigung, insbesondere das Aufzeigen von eventuellen Widersprüchen in den Angaben des Belastungszeugen, nur durch Kenntnis des gesamten Akteninhaltes gewährleistet werden. Dieser ist aber – auch nach der Neufassung des § 147 StPO – nur dem Verteidiger zugänglich, so dass in diesem Falle die Bestellung des Pflichtverteidigers unumgänglich ist.“
Letztlich hat, wenn man den Beschluss liest, ein „Umständebündel“ zur Beiordnung geführt, wobei allerdings die Frage der erforderlichen Aktenkenntnis schon im Vordergrund gestanden hat. Man fragt sich allerdings, ob nicht – unabhängig von den vom KG herausgearbeiteten Umständen – ein Pflichtverteidiger auch deshalb hätte beigeordnet bleiben müssen, weil sich der Angeklagte bis kurz vor dem HV-Termin in U-Haft befunden hatte. Damit hat sich das KG allerdings nicht befasst.
Der Verteidiger hat im Übrigen im Hinblick auf § 338 Nr. 5 StPO alles richtig gemacht. denn:
„Nach dem Plädoyer der Verteidigung, welches Rechtsanwalt Z. im Termin zur Berufungshauptverhandlung am 19. März 2013 gehalten hatte, verließ dieser den Sitzungssaal mit der Erklärung, an diesem Tag nicht mehr zurückzukehren. Die Hauptverhandlung wurde für 13 Minuten unterbrochen und sodann in Abwesenheit des Verteidigers mit dem Plädoyer des Vertreters der Staatsanwaltschaft fortgesetzt. Der Angeklagte erklärte sich abschließend und hatte das letzte Wort. Das angefochtene Urteil wurde nach Beratung verkündet. Ein Verteidiger nahm bis zum Schluss der Sitzung nicht mehr für den Angeklagten an der Berufungshauptverhandlung teil.“
Und dazu dann das KG:
Bei den in Abwesenheit eines Verteidigers vorgenommenen Verfahrenshandlungen handelte es sich – hinsichtlich des Schlussvortrags des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, des letzten Wortes des Angeklagten und der Verlesung der Urteilsformel – auch um wesentliche Teile der Hauptverhandlung (vgl. Meyer-Goßner, StPO 56. Aufl., § 338 Rn. 37 m.w.Nachw.).“