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„Das Halteverbotschild hat da nicht gestanden“, oder: Doch, es gilt der Anscsheinsbeweis

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Im Kessel Buntes dann heute zwei verwaltungsrechtliche Entscheidungen.

Die erste befasst sich mit dem Dauerthema „Abschleppen“. Im VG Düsseldorf, Urt. v. 06.10.2020 – 14 K 6187/19 – geht es mal wieder um die Abschleppkosten, und zwar nacheinem Abschleppen aus einem „mobilen absoluten Halteverbot“. Der Kläger hatte u.a. einegwandt, dass die Schilder nicht drei volle Tage vor dem Abschleppvorgang aufgestellt worden seien. Er hatte mit seiner Klage keinen Erfolg:

„Der Bescheid ist rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der vorgenannten Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt. Hiernach hat der für eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit verantwortliche Störer die durch eine rechtmäßige Sicherstellung oder Ersatzvornahme entstandenen Kosten zu tragen.

Ob die hier in Rede stehende Abschleppmaßnahme als Sicherstellung gemäß § 24 Nr. 13 OBG NRW, § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW oder als Ersatzvornahme einer Beseitigungsmaßnahme gemäß § 14 OBG NRW, § 55 Abs. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 59 VwVG NRW auf Grundlage der ordnungsrechtlichen Generalklausel anzusehen ist, kann dahinstehen,
vgl. OVG Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 28. November 2000 – 5 A 2625/00 -, Rn. 13, juris,

denn sie ist nach beiden Alternativen rechtmäßig. Die in den vorgenannten Vorschriften vorausgesetzte gegenwärtige bzw. konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand vorliegend. Eine Gefahr im polizei- und ordnungsrechtlichen Sinne liegt jedenfalls bei einem Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung, mithin bei einer Zuwiderhandlung gegen formelle und materielle Gesetze vor.

Eine derartige Zuwiderhandlung ist gegeben.

Der Parkvorgang auf dem Parkplatz „L2. “ in N2. verstieß gegen § 41 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) i.V.m. Nr. 62 der Anl. 2 zu § 41 Abs. 2 StVO (Zeichen 283). Denn aufgrund der auf dem Platz aufgestellten Halteverbotsschilder mit dem Datumszusatz war das Halten an dem von dem abgeschleppten PKW genutzten Parkplatz zu diesem Zeitpunkt verboten.

Denn nach der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die auf den – in den Verwaltungsvorgängen befindlichen – Fotos neben dem Fahrzeug des Klägers sichtbaren mobilen Haltverbotszeichen mit dem Zeitzusatz „ab 17.06.2019 ab 22:00 Uhr“ auf dem Parkplatz ab dem 13. Juni 2019 ordnungsgemäß aufgestellt waren, durchgehend bis zum Tag der Abschleppmaßnahme am 19. Juni 2019 vor Ort vorhanden waren und zwischenzeitlich weder abgebaut noch unkenntlich gemacht worden sind. Das Vorhandensein der Halteverbotsschilder am 18. Juni 2019 ist in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten fotografisch dokumentiert. Das Aufstellen der Schilder am 13. Juni 2019 ergibt sich aus 3 verschiedenen Belegen unterschiedlicher Personen: Zum einen ergibt es sich aus dem Tagesbericht des Mitarbeiters I1. . Zum anderen ergibt es sich aus dem handschriftlichen Vermerk der Mitarbeiterin D. . Schließlich ergibt es sich aus dem handschriftlichen Vermerk der Außendienstmitarbeiter vom 19. Juni 2019. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass diese verschiedenen Mitarbeiter alle eine unrichtige Dokumentation festgehalten haben. So ist auch plausibel, dass der nachträglich ausgedruckte Tagesbericht das Datum seines Ausdrucks trägt und dass die Mitarbeiterin D. das Ergebnis ihrer Überprüfung vor Ort richtig festgehalten hat.

Damit besteht grundsätzlich ein Anscheinsbeweis für die ununterbrochene Anwesenheit und Wahrnehmbarkeit der Verkehrszeichen vor Ort,
vgl. VG Bremen, Urteil vom 13. August 2009, – 5 K 3876/08 -, Juris, VG Leipzig, Urteil vom 14. November 2007, Az. 1 K 483/06, Juris.

Denn nach der Lebenserfahrung werden Schilder in der Regel nicht von Unbefugten versetzt oder gar entfernt. Der Beweis des ersten Anscheins ist hier auch nicht durch die Darlegungen des Klägers erschüttert, da keine Tatsachen vorliegen, welche die ernsthafte und naheliegende Möglichkeit eines atypischen Verlaufs begründen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Vernehmung der Zeugin T2. . Denn sie hat im Rahmen ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und widerspruchsfrei bekundet, dass sie dem Kläger telefonisch die Auskunft erteilt habe, dass die Schilder ab dem 17. Juni 2019 wirksam gewesen seien. Weiter habe sie ihm gesagt, dass sie als für die Erstellung der Bescheide im Innendienst Zuständige keine Kenntnis davon habe, wann die Schilder genau aufgestellt worden seien und sich diesbezüglich erkundigen müsste.

Das Gericht hat keine Veranlassung die Glaubhaftigkeit der Zeugin in Zweifel zu ziehen. Die Zeugin hat das Kerngeschehen hinsichtlich des Vorhandenseins der mobilen Halteverbotszeichen ohne Belastungstendenzen wiedergegeben. Das Gericht geht folglich davon aus, dass die mobilen Haltverbotsschilder ordnungsgemäß aufgestellt waren, als der Kläger seinen PKW am Wochenende des 15./16. Juni 2019 auf dem Parkplatz abstellte.

Unerheblich ist darüber hinaus, dass der Kläger, wie er vorträgt, kein Halteverbotsschild gesehen hat. Auf ein Verschulden kommt es im Bereich des hier vorliegenden Gefahrenabwehrrechts nicht an. Denn der mit dem Halteverbot erlassene Verwaltungsakt ist gegenüber dem Kläger wirksam geworden. Verkehrszeichen und damit auch Halteverbotszeichen stellen nach der ständigen Rechtsprechung Verwaltungsakte im Sinne von § 35 VwVfG NRW in Form von Allgemeinverfügungen dar. Dieser Verwaltungsakt wird gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG NRW gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird. Die Bekanntgabe erfolgt nach den bundesrechtlichen Vorschriften der StVO durch Aufstellung des Verkehrsschildes (§ 39 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 4 StVO). Bei der Aufstellung handelt es sich um eine besondere Form der öffentlichen Bekanntgabe.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1996 – 11 C 15.95 -, Rn. 9, juris.

Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ erfassen kann, so äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, unabhängig davon, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrgenommen hat.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2016 – 3 C 10/15 -, Rn. 15, 19 f. ; – juris; BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1996 – 11 C 15.95 -, Rn. 9, juris; OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 1995 – 5 A 2092/93 -, Rn. 4 ff.; OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 1990 – 5 A 1687/89 -, Rn. 7 ff., juris.

Allerdings sind an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr betreffen, niedrigere Anforderungen zu stellen, als an solche für den fließenden Verkehr. Diese müssen – anders als beim fließenden Verkehr – nicht bereits mit einem raschen und beiläufigen Blick erfasst werden können.
Vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 30. Juni 2009 – 3 Bf 408/08 -, Rn. 31 ff., juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 20. August 2013 – 14 K 5618/12 – juris, Urteil vom 08.11.2016 – 14 K 8007/15 – juris.

Einen Verkehrsteilnehmer, der sein Fahrzeug abstellt, treffen dementsprechend auch andere Sorgfalts- und Informationspflichten hinsichtlich der Beschilderung und der maßgeblichen örtlichen Verkehrsregelungen als einen Teilnehmer am fließenden Verkehr. Die Sorgfaltsanforderungen richten sich stets nach den konkreten Umständen des Einzelfalles.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Juni 1997 – 5 A 4278/95 -, Rn. 5 ff., juris; OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2004 – 5 A 850/03 -, Rn. 38, juris; OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 1990- 5 A 1687/89 -, Rn. 7 ff., juris.

In Bezug auf Einschränkungen des Parkens und Haltens ist ein Verkehrsteilnehmer daher grundsätzlich verpflichtet, sich nach etwa vorhandenen Verkehrszeichen mit Sorgfalt umzusehen und sich über den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich eines (mobilen) Haltverbotsschilds zu informieren. Dabei muss er jedenfalls den leicht einsehbaren Nahbereich auf das Vorhandensein verkehrsrechtlicher Regelungen überprüfen, bevor er sein Fahrzeug endgültig abstellt.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Mai 1990 – 5 A 1687/89 – juris (40 m Gehweg zumutbar); OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Juni 1997 – 5 A 4278/95 -, Rn. 5 ff., juris; OVG Hamburg, Urteil vom 30. Juni 2009 – 3 Bf 408/08 -, Rn. 31 ff., juris.

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien sind die mobilen Haltverbotszeichen ordnungsgemäß bekannt gegeben worden und waren ausweislich des vorliegenden Fotomaterials nach dem Sichtbarkeitsgrundsatz für einen durchschnittlichen Kraftfahrer bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hinreichend erkennbar. Dies gilt auch unter Einbeziehung der am Eingang des Parkplatzes aufgestellten Schilder. Denn aus der Zusammenschau der Schilder ist ersichtlich, dass das absolute Halteverbot für die jeweils bezeichneten Reihen der Parkplätze gelten sollte.

…..“

Na ja, ……

Abschleppen wegen Parkverstoßes, oder: Was ist eine „scharfe Kurve“?

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In der zweiten Entscheidung geht es um die Rechtsmäßigkeit des Abschleppens des Pkw des Klägers. Dessen Pkw war wegen eines Parkverstoßes, und zwar Parken im Bereich einer scharfen Kurve, abgeschleppt worden.  Wegen der Kosten für die Abschleppmaßnahme wurde der Kläger in Anspruch genommen. Die Polizei hatte sich zur Begründung der Abschleppmaßnahme auf § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO gestützt. Der Kläger ist davon ausgegangen, dass er verkehrsgerecht geparkt hätte. Bei dem Bereich, in dem er seinen Pkw abgestellt hat, habe es sich nicht um eine scharfe Kurve gehandelt, sondern um einen weitgezogenen Bogen. Das Tatbestandsmerkmal der scharfen Kurve wäre nur dann erfüllt, wenn dort ein parkendes Fahrzeug ein unvermutetes Hindernis für den Straßenverkehr darstellen würde.

Das VG München nimmt dann im VG, Urt. v. 28.04.2020 – M 7 K 18.5617 – zum Begriff der schwafen Kurve Stellung:

„Die Polizei war befugt, das Abschleppen des Fahrzeugs der Klägerin anzuordnen, da das Parken des Wagens im Bereich der Berliner Straße, Höhe Anwesen Nr. pp., eine Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 StVG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 12, § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO dargestellt hat.

Nach § 49 Abs. 1 Nr. 12 StVO handelt ordnungswidrig im Sinn des § 24 StVG, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift über das Halten oder Parken nach § 12 Abs. 1 StVO verstößt. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO ist das Halten im Bereich von scharfen Kurven unzulässig.

Eine Kurve ist ein gekrümmter Straßenverlauf bezogen auf eine einheitliche Fahrbahn. Dies bedeutet, dass die Schnittstelle zweier Straßen an Kreuzungen und Einmündungen und Wendehammer (Wendeschleife) nicht hierunter fallen (vgl. OLG Brandenburg, B. v. 3.11.2003 – 1 Ss (OWi) 218 Z/03 – juris Rn. 7). Scharf ist eine Kurve, wenn ihr Radius so klein ist, dass für Kraftfahrzeuge die Gefahr besteht, unabsichtlich auf die Gegenfahrbahn zu gelangen (vgl. Schubert in MüKoStVR, 1. Aufl. 2016, StVO § 12 Rn. 16). In scharfen Kurven darf wegen der dort immer gefährlichen Sichtbehinderung durch haltende Fahrzeuge auch dann nicht gehalten/geparkt werden, wenn die Kurve selbst übersichtlich ist (vgl. Heß in Burmann/Heß/Hühnermann/ Jahnke, 26. Aufl. 2020, StVO § 12 Rn. 9a). Das Verbot des Kurvenparkens dient dem Verkehrsfluss im Straßenraum und dem möglichst weitgehenden Ausschluss von Gefährdungen, die im Falle seiner Zulassung durch Brems- und Ausweichmanöver entstehen könnten. Eine Behinderung des fahrenden Verkehrs soll vermieden werden. Das Verbot trägt zudem dem Umstand Rechnung, dass Kraftfahrzeuge in Kurvenbereichen nicht per se zum Fahren auf Sicht verpflichtet sind und darauf vertrauen dürfen, dort durch stehenden Verkehr unbeeinträchtigt zu bleiben (vgl. VG Schwerin, U.v. 14.9.2016 – 7 A 31/16 SN – juris Rn. 20). Vor diesem Hintergrund wird das Halten durch die Worte „im Bereich von“ nicht nur in, sondern auch so nahe vor oder hinter scharfen Kurven verboten, dass sich die Gefahr, die ein haltendes Kfz bilden könnte, in der Kurve nicht auswirken kann. Zudem gilt das Verbot für beide Fahrbahnseiten, nicht nur für die Innenseite. (vgl. Schubert in MüKoStVR, 1. Aufl. 2016, StVO § 12 Rn. 16).

Die Berliner Straße bildet an der Stelle, an der das klägerische Fahrzeug geparkt war, eine scharfe Kurve i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO. Denn ausweislich der vorgelegten und der in der Behördenakte befindlichen Lichtbilder sowie einer Luftbildkarte (BayernAtlas) verläuft die Berliner Straße an der Stelle, an der das klägerische Fahrzeug geparkt war im 90° Winkel und stellt damit auf Grund des Radius des Straßenverlaufs eine scharfe Kurve dar (vgl. auch VG Düsseldorf, U.v. 17.2.2010 – 14 K 2614/09 – juris Rn. 13). Dabei ist für den einzelnen Verkehrsteilnehmern auf Grund der gesamten Gestaltung des Kurvenbereichs auch erkennbar, dass der Kurvenbereich von haltenden Fahrzeugen frei zu halten ist, um eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch haltende Fahrzeuge und die durch diese bedingten Brems- und Ausweichmanöver auszuschließen. So sind bis bzw. ab dem jeweiligen Kurveneingang bzw. -ausgang beidseitig optisch von der Fahrbahn abgesetzte (Kopfsteinpflaster) Parkflächen vorhanden. Im Kurvenbereich selbst sind die nicht zur Fahrbahn gehörenden Flächen demgegenüber durch entsprechende bauliche Gestaltung (hoher Randstein, Metallgeländer und Betonpylonen) von der Fahrbahn abgetrennt, sodass ein Parken dort nicht möglich ist. Diese straßenbauliche Gestaltung lässt somit eindeutig erkennen, dass der Kurvenbereich selbst von parkenden Fahrzeugen freigehalten werden soll. In der Gesamtschau der örtlichen Verhältnisse (Straßenverlauf und straßenbauliche Gestaltung) handelt es sich bei dem Verlauf der Berliner Straße auf Höhe des Anwesens Nr. … um eine scharfe Kurve i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO, in der ein Verkehrsteilnehmer nicht mit parkenden Fahrzeugen im Kurvenbereich und einer von diesen ausgehenden, Verkehrsbehinderung rechnen muss.“

Das kurzfristig aufgestellte Haltverbotsschilder, oder: Abschleppen aber erst nach Vorlaufzeit von drei vollen Tagen

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Als zweite „Samstags-Entscheidung“ dann das BVerwG, Urt. v. 24.05.2018 – 3 C 25.16 – und damit seit längerem mal wieder etwas zum Abschleppen. Entschieden hat das BVerwG die Frage der die Länge der Vorlaufzeit, die Voraussetzung der kostenrechtlichen Inanspruchnahme des Fahrzeugverantwortlichen für eine Abschleppmaßnahme bei nachträglich angeordneten Haltverboten ist.

Ausgangspunkt war folgender Sachverhalt:

Die Klägerin stellte ihren Personenkraftwagen nach eigenen Angaben am 19. August 2013 auf einer öffentlichen Straße in Düsseldorf vor dem Nachbarhaus ihrer Wohnung ab und flog anschließend in den Urlaub. Am Vormittag des 20. August 2013 stellten Mitarbeiter eines privaten Umzugsunternehmens – auf der Grundlage einer straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung der beklagten Stadt vom 15. August 2013 – in dem betreffenden Straßenabschnitt zur Vorbereitung eines Umzugs zwei mobile Haltverbotsschilder für den Zeitraum vom 23. bis zum 24. August, jeweils von 7:00 bis 18:00 Uhr, auf. Das Fahrzeug der Klägerin war zu diesem Zeitpunkt bereits im Bereich der eingerichteten Haltverbotszone geparkt. Am 23. August 2013 um 13:43 Uhr veranlasste ein Mitarbeiter der beklagten Stadt, nachdem er mehrfach erfolglos an der Wohnung der Klägerin geklingelt hatte, dass das Fahrzeug von einem Abschleppunternehmen auf dessen Betriebshof geschleppt wurde. Dort holte es die Klägerin am 5. September 2013 gegen Zahlung von 176,98 € für Abschlepp- und Verwahrungskosten ab. Mit Bescheid vom 7. Oktober 2013 setzte die Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 62 € fest.

Die auf Erstattung der an den Abschleppunternehmer gezahlten Kosten und Aufhebung des Gebührenbescheids gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Verkehrsschilder seien gut erkennbar aufgestellt und das Haltverbot damit wirksam bekanntgegeben worden. Die Abschleppmaßnahme sei erforderlich gewesen, um die blockierte Fläche für die mit der temporären Verkehrsregelung bezweckte Durchführung der Umzugsarbeiten freizugeben und die eingetretene Behinderung der Umzugsarbeiten zu beenden. Mildere Mittel zur Störungsbeseitigung hätten nicht bestanden, weil die in unmittelbarer Nähe wohnende Klägerin nicht erreichbar gewesen sei. Auch die Kostenbelastung der Klägerin sei nicht unangemessen. Der Umstand, dass Haltverbotsschilder erst nach dem rechtmäßigen Abstellen eines Fahrzeugs aufgestellt worden seien, stehe der Verhältnismäßigkeit der Belastung des Fahrzeugverantwortlichen mit den Kosten für das Abschleppen des Fahrzeugs aus dem Haltverbot im Regelfall nicht entgegen, wenn zwischen dem Aufstellen der Haltverbotsschilder und der Abschleppmaßnahme – wie hier – eine Frist von 48 Stunden verstrichen sei. Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folge nichts anderes. Dieser lasse sich nicht entnehmen, dass die gebilligte Vorlaufzeit von drei vollen Tagen als zwingend einzuhaltende Mindestvorlauffrist verstanden werden müsse. Eine Frist von 48 Stunden sei grundsätzlich ausreichend, um den Fahrzeughalter vor einer überraschenden Abschleppmaßnahme zu bewahren. Nur so könne auch eine hinreichend flexible Reaktionsmöglichkeit der Straßenverkehrsbehörden gewährleistet werden.“

Das BVerwG meint dazu:

„Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht (1.). Zutreffend und in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Straßenverkehrs-Ordnung hat das Berufungsgericht zwar entschieden, dass mit der ordnungsgemäßen Aufstellung der Verkehrszeichen das Haltverbot auch gegenüber der abwesenden Klägerin wirksam geworden ist und die Abschleppmaßnahme auch im Übrigen rechtmäßig war (2.). Die Auffassung, der Verantwortliche müsse die Kosten des Abschleppens bereits dann tragen, wenn das Haltverbotsschild mit einem Vorlauf von 48 Stunden aufgestellt wurde, verstößt aber gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (3.)….“

Und hier der Leitsatz:

„Ist ein ursprünglich erlaubt geparktes Fahrzeug aus einer nachträglich eingerichteten Haltverbotszone abgeschleppt worden, muss der Verantwortliche die Kosten nur tragen, wenn das Verkehrszeichen mit einer Vorlaufzeit von mindestens drei vollen Tagen aufgestellt wurde. Eine stundenscharfe Berechnung des Vorlaufs findet nicht statt.

Behinderndes Parken vor der Garage, oder: Abschleppen erlaubt

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Im „Kessel Buntes“ „köchelt“ dann heute zunächst das VG Düsseldorf, Urt. v. 21.11.2017 – 14 K 6193/17. Das VG hat über die Kosten für das Abschleppen/Versetzen eines auf einem privaten Grundstück/Garagenhof abgestellten Pkw entschieden. Der war so von der Enkelin des Halters abgestellt, dass er einen anderen Mieter an der Ausfahrt aus seiner Garage behinderte. Die herbeigerufene Polizei hat dann den Abschlepper bestellt und die dadurch entstandenen Kosten wurden dann gegen den Halter des behindernd abgestellten Pkw geltend gemacht. Im Verfahren ist es ein wenig hin und her gegangen. Der Halter hatte eingewandt: Mit etwas gutem Willen hätte man aus der Garage herausrangieren können, der Mieter hatte behauptet: Geht nicht und ich muss jederzeit ohne Behinderungen herausfahren können. Ein als Zeuge gehörter Polizeibeamter hat im Verfahren dann die Version des Mieters bestätigt. Und das war es dann: Der Großvater/Halter muss zahlen:

„Dabei ist die Polizei nach § 1 Abs. 2 PolG NRW auch für den Schutz privater Rechte zuständig, wenn und soweit gerichtliche Hilfe nicht oder nicht rechtzeitig zu erlangen ist. Dies war hier der Fall.

Es lag eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Hinblick auf den Verdacht einer strafbaren Nötigung vor. Indem das Fahrzeug derart vor der Garage eines Mieters geparkt war, dass er die Garage nicht verlassen konnte, wurde dieser mit Gewalt dazu genötigt, auf ein Verlassen der Garage zu verzichten. Damit wurde der objektive Tatbestand einer Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) verwirklicht. Ob für den einschreitenden Polizeibeamten darüber hinaus der Verdacht eines verwerflichen Handelns im Sinne von § 240 Abs. 2 StGB bestand, richtet sich nach dessen Sach- und Erkenntnisstand zu dem Zeitpunkt, in dem die Maßnahme getroffen werden muss. Aus Gründen einer effektiven polizeilichen Gefahrenabwehr ist es ausreichend, wenn die zum Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens bekannten Umstände keinen Anhalt für ein sozial unschädliches und damit nicht verwerfliches Verhalten des Störers bieten, mithin der begründete Verdacht verwerflichen Handelns besteht. Eine vertiefte, dem Einzelfall gerecht werdende, eingehende Verwerflichkeitsprüfung kann dem Polizeibeamten im Einsatz vor Ort regelmäßig nicht abverlangt werden.

Vgl. OVG Saarland, Urteil vom 6. Mai 1993 – 1 R 106/90 -, Rn. 25 ff., juris; OVG Saarland, Urteil vom 15. September 1993 – 3 R 6/93 -, Rn. 24 ff., juris; VG Köln, Urteil vom 3. Dezember 2009 – 20 K 7869/08 -, Rn. 19, juris; VG Bremen, Urteil vom 7. Mai 2009 – 5 K 1816/08 -, Rn. 17, juris.

Ob der Kläger auch den subjektiven Tatbestand des § 240 Abs. 1 StGB erfüllt, kann vorliegend offenbleiben, denn für die Frage, ob das Verhalten des Klägers eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellte, kommt es lediglich darauf an, ob der objektive Tatbestand des § 240 Abs. 1 StGB erfüllt ist und für die einschreitenden Polizeibeamten der begründete Verdacht eines verwerflichen Handelns gemäß § 240 Abs. 2 StGB besteht, so dass der Polizeibeamte auch auf dem privaten Grundstück des Klägers die Versetzungsmaßnahme durchführen konnte.

Vgl. OVG Saarland, Urteil vom 6. Mai 1993 – 1 R 106/90 -, Rn. 28, juris; OVG Saarland, Urteil vom 15. September 1993 – 3 R 6/93 -, Rn. 35, juris; VG Bremen, Urteil vom 7. Mai 2009 – 5 K 1816/08 -, Rn. 17, juris.

Der Kläger ist der richtige Adressat des Leistungsbescheides. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Leistungs- und Gebührenbescheides hat er sich als der Verantwortliche für das Fahrzeug dargestellt, so dass der Beklagte ihn zutreffend als Zustandsstörer gemäß § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 PolG NRW in Anspruch genommen hat,

vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 26. Februar 2013 – 14 K 6304/12 – juris.

Die Abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig. Der Beklagte hat in fehlerfreier Weise von seinem Ermessen Gebrauch gemacht. Es ist nicht ersichtlich, dass die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde, § 114 Satz 1 VwGO.

Die Abschleppmaßnahme war geeignet, den Rechtsverstoß zu beenden und den durch das Fahrzeug teilweise blockierten Raum vor der Garage wieder vollständig freizugeben. Die Maßnahme war auch erforderlich, da kein milderes und gleich effektives Mittel zur Beseitigung des Rechtsverstoßes in Betracht kam. Es ist dem Mieter einer Garage nicht zuzumuten, mit einem Taxi einen Weg zu bewältigen, den er beabsichtigte, mit seinem eigenen PKW durchzuführen. Auch war der Fahrer oder Halter des Fahrzeuges nicht erreichbar. Wenn ein PKW auf diese Weise abgestellt wird, ist es angeraten, eine Telefonnummer im Auto zu hinterlassen, unter der der Verantwortliche immer erreichbar ist.

Die Abschleppmaßnahme war auch angemessen. Ihr Nutzen stand nicht außer Verhältnis zu den dem Kläger entstandenen Unannehmlichkeiten. Die Maßnahme belastete den Kläger lediglich mit den Kosten für die Versetzung des Fahrzeugs in Höhe von 49,99 Euro und der Verwaltungsgebühr in Höhe von 86,00 Euro. Die Höhe des zu zahlenden Geldbetrages und die sonstigen Ungelegenheiten sind damit geringfügig. Schon deshalb stehen die Nachteile zu dem mit der Maßnahme erstrebten Erfolg, dem Mieter die ungehinderte Ausfahrt aus seiner Garage zu ermöglichen, in keinem offensichtlichen Missverhältnis. Hinzu kommt, dass eine Abschleppmaßnahme regelmäßig geboten erscheint und mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang steht, wenn – wie vorliegend – andere Verkehrsteilnehmer konkret behindert werden.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2002 – 3 B 149.01 -, Rn. 4, juris; BVerwG, Beschluss vom 1. Dezember 2000 – 3 B 51.00 -, Rn. 3 f., juris.“

Den Ärger des Mieters kann man nachvollziehen. Zumal: Das Ganze hat 2 1/2 Stunden gedauert. Da fragt man sich schon, wo denn Großvater und Enkelin waren. Wenn man schon behindert, dann aber bitte so bzw. in der Nähe bleiben, dass man ggf. umsetzen kann.

Abschleppen, oder: Visitenkarte mit Kontaktdaten reicht nicht

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Urheber Sterilgutassistentin

Im „Kessel Buntes“ heute dann zunächst – seit längerem mal wieder – eine verkehrsverwaltungsrechtliche Entscheidung, die zur Problematik des Abschleppens ergangen ist. Im BayVGH, Beschl. v. 08.11.2017 – 10 ZB 17.1912 – ging es um folgenden Sachverhalt: Es wird gegen die Auferlegung von Abschleppkosten geklagt. Der Kläger hatte seinen Pkw auf einem einem Schwerbehindertenparkplatz abgestellt. Er hatte dann hinter die Windschutzscheibe eine Visitenkarte seiner Ehefrau mit ihren Kontaktdaten und denen ihrer Rechtsanwaltskanzlei abgelegt. Das hinderte die beklagte Gemeinde aber nicht. den Pkw abschleppen zu lassen. Die dadurch entstandenen Kosten sind im Streit. Der BayVGH meint: Alles gut:

„Mit diesen Ausführungen zieht der Kläger jedoch die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht ernstlich in Zweifel. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass eine Nachforschungspflicht der Polizei vor einer Abschleppanordnung nur dann besteht, wenn mit dem Hinweis auf den Aufenthalt bzw. die Erreichbarkeit des Fahrers unter einer bestimmten Anschrift im unmittelbaren Nahbereich des Abstellorts des Fahrzeugs auch gleichzeitig erkennbar wird, dass sich der Fahrer aktuell an dem angegebenen Ort befindet. Eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei einer zeitnahen Abschleppmaßnahme ist nur dann in Betracht zu ziehen, wenn der Führer des Fahrzeugs vorher ohne Schwierigkeiten und ohne Verzögerung festgestellt und zur Beseitigung des verbotswidrigen Parkens veranlasst werden kann. Das Hinterlassen einer Rufnummer, auch Mobilfunknummer, ist nicht ausreichend (BVerwG, U.v. 9.4.2014 – 3 C 5.13 – juris Rn. 16, 17; BayVGH, B.v. 1.12.2009 – 10 ZB 09.2367 – juris Rn. 2 m.w.N.). Denn in diesem Fall ist für den Polizisten nicht erkennbar, ob bzw. wann der Fahrer erscheinen wird und wie lange die Verkehrsbehinderung durch das geparkte Auto noch anhalten wird. Nur wenn der Bedienstete positiv weiß bzw. wissen kann, dass die verantwortliche Person die Störung in Kürze selbst beseitigen wird, ist die Abschleppanordnung unverhältnismäßig (OVG Hamburg, U.v. 8.6.2011 – 5 BF 124/08 – juris Rn. 30 bis 32). Nachforschungen über den Verbleib des Kfz-Führers sind also allenfalls dann zu verlangen, wenn aufgrund konkreter Hinweise der Aufenthaltsort des Kfz-Führers offensichtlich ist, wenn er sich also in Ruf- oder Sichtweite seines falsch geparkten Fahrzeuges aufhält (Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, BayPAG, 4. Aufl. 2014, Art. 25 Rn. 104) bzw. wenn der Führer des Kraftfahrzeugs ohne Schwierigkeiten und ohne Verzögerungen festgestellt und zur Beseitigung des verbotswidrigen Parkens veranlasst werden kann (Senftl in BeckOK, Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand: 1.7.2017, Art. 25 PAG Rn. 38.1). Das Hinterlegen einer Visitenkarte der Ehefrau des Klägers mit Telefonnummer und Anschrift genügt, wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, diesen Anforderungen nicht. Denn hieraus ergibt sich nicht, dass die Ehefrau des Klägers sich zum Zeitpunkt der Anordnung der Abschleppmaßnahme auch tatsächlich in unmittelbarer Nähe aufgehalten hat und in Kürze zu ihrem Fahrzeug hätte zurückkehren können, um die Verkehrsbehinderung zu beseitigen. Es mag zwar zutreffen, dass sich die Ehefrau des Klägers zum fraglichen Zeitpunkt tatsächlich in der Kanzlei aufgehalten hat. Dies war für den die Abschleppanordnung treffenden Bediensteten aus der hinterlegten Visitenkarte jedoch nicht erkennbar. Ebenso wenig waren Anhaltspunkte für eine baldige Rückkehr der Ehefrau des Klägers ersichtlich.“

Na ja, mag ja der Rechtsprechung des BVerwG entsprechen. Aber mir erschließt sich nicht, warum man – wenn man die Kontaktdaten kennt – nicht mal eben anruft und auf das Falsch- bzw. behindernd Parken hinweist. Jeder „Parksheriff“ hat doch ein Handy…….. Wenn man dann niemanden erreicht, ok. Aber so?