Rückschau: Wochenspiegel für die 38/2020 KW., ein wenig Corona, Richterlaptop, Facebook-Erben, Scans und Festschrift

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Und heute im Wochenspiegel noch einmal ein wenig Rückschau – ich darf mal wieder nicht lesen bzw. am PC arbeiten. Ich habe die 38.KW/2020 ausgesucht. Da hatte ich über folgende Beiträge berichtet:

    1. Entgeltfortzahlung und Kündigung bei fahrlässiger Corona-Infizierung,
    2. Corona-Kontaktlisten: alles andere als sicher,
    3. Richterlaptop ohne Internet,
    4. Bayerische Vermögensabschöpfung,
    5. BGH: Eltern haben Anspruch auf Facebook-Zugang der verstorbenen Tochter,
    6. Zweifel am Regierungsentwurf zum Verbandssanktionengesetz – Federführender Rechtsausschuss und Wirtschaftsausschuss empfehlen Ablehnung im Bundesrat ,
    7. OLG München: Im Ordnungsmittelverfahren (Ordnungsgeld) ist Vollbeweis erforderlich, keine Glaubhaftmachung,
    8. 5 populäre Rechtsirrtümer zum Influencer-Marketing,
    9. und aus meinem Blog I: Nochmals: “Festschrift zum 70. Geburtstag…”, oder: Jetzt als Download lieferbar,
    10. und aus meinem Blog II: Keine Dokumentenpauschale für Papierscans, und das KostRÄG 2021 schweigt dazu.

Gefährdungshaftung – beim Betrieb eines Kfz, oder: Fahrzeugkollision auf dem Sylt Shuttle

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Und dals zweite Entscheidung dann der OLG Schleswig, Beschl. v. 31.07.2024 – 7 U 48/24 – zur Frage der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG  bei einer Kollision der abgestellten Fahrzeuge auf dem Autozugtransport nach Sylt, also dem Sylt Shuttle.

Die Klägerin, eine GmbH verlangt Schadensersatz wegen der Beschädigung ihres Pkws während der Fahrt auf einem Autozug nach Sylt (Sylt-Shuttle).

Am 24.08.2022 wurde der Pkw der Klägerin (Mercedes-Benz) in Niebüll auf den Autozug nach Westerland (Sylt) verladen. Im Pkw befanden sich der Geschäftsführer der Klägerin sowie die Zeugin H.. Entsprechend einer Lautsprecherdurchsage der DB als Betreiberin der Zugverbindung war im klägerischen Fahrzeug die Handbremse angezogen und ein Gang eingelegt. Hinter diesem Pkw stand ein Mercedes Sprinter mit französischen Kennzeichen, geführt vom Fahrer T.. Dieser Sprinter wurde von DB-Mitarbeitern vor der Fahrt angegurtet. Während des ersten Abschnitts der Fahrt des Zuges nach Sylt kam es zweimal dazu, dass nach einem Anfahren und Abstoppen des Zuges der Sprinter von hinten gegen das klägerische Fahrzeug stieß, die Gurte waren gerissen. Am Klägerfahrzeug entstand ein Schaden in Höhe ca. 20.000,– EUR.

Die Klägerin hat behauptet, der französische Fahrer habe die Handbremse nicht angezogen und keinen Gang eingelegt gehabt. Die Gurte hätten nur der zusätzlichen Sicherung neben Handbremse und Gang gedient, unter diesen Umständen das Gewicht des Beklagtenfahrzeugs aber nicht halten können. Nach den zwei Anstößen habe der französische Fahrer die Bremse angezogen, deshalb sei es danach zu keinen weiteren Aufschlägen mehr gekommen.

Die Beklagte hat behauptet, dass selbst bei nicht angezogener Handbremse (was bestritten sei) die Gurte nicht hätten reißen dürfen, dies sei nur durch Verschleiß/Materialermüdung zu erklären. Außerdem sei für den Schaden allein die DB verantwortlich. Die straßenverkehrsrechtliche Gefährdungshaftung für das Kraftfahrzeug greife nicht, weil dieses lediglich wie eine Ware auf dem Zug transportiert worden sei.

Das LG hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin H. Außerdem hat es den Geschäftsführer der Klägerin persönlich angehört und dann der Klage gem. §§ 7,17 StVG in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen richtet sich die Berufung der beklagten Versicherung, die keinen Erfolg hatte. Darauf hatte das LG hingewiesen und die Beklagte dann dann ihre Berufung zurückgenommen.

„Der Senat hat mit Verfügung vom 31.7.2024 auf Folgendes hingewiesen und der Beklagten geraten, die Rücknahme ihrer Berufung – aus Kostengründen- in Erwägung zu ziehen:

1. Bei der Neufassung des § 7 Abs. 1 StVG zum 01.08.2002 hat sich der Gesetzgeber bei der Bestimmung des „Betriebsbegriffs“ – abweichend von der engen maschinentechnischen Auffassung des Reichsgerichts- von der verkehrstechnischen Auffassung leiten lassen. Der Zweck des Gesetzes, die Verkehrsteilnehmer vor den wachsenden Gefahren des Kraftfahrzeugverkehrs zu schützen, macht es erforderlich, den Begriff „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ weit zu fassen. Die Gefahren, die durch das Kraftfahrzeug in den Verkehr getragen werden, gehen nicht nur von dem Motor und seiner Einwirkung auf das Fahrzeug aus, sondern mit der Zunahme des Verkehrs mehr und mehr von der gesamten Abwicklung des Verkehrs und im besonderen Maße von Kraftfahrzeugen, die nach der diese Umstände nicht berücksichtigenden maschinenrechtlichen Auffassung eigentlich nicht „im Betrieb“ sind. Die Haftung aus Betriebsgefahr verwirklicht sich auch dann, wenn einzig die von außen wirkende Kraft des Windes den Schaden im ruhenden Verkehr bewirkt (vgl. BGH v. 11.02.2020 – VI ZR 286/19ZfSch 2020, 614 ff. „Der umgewehte Auflieger“) Denn § 7 Abs. 1 StVG beschränkt die Einstandspflicht nicht auf fahrzeugspezifische Gefahren in dem Sinne, dass der in Rede stehende Schaden allein durch ein Fahrzeug verursacht werden können müsste. Die Beeinflussung von Fahrzeugen (insbesondere mit höheren Aufbauten) durch Wind stellt grundsätzlich auch eine typische Gefahrenquelle des Straßenverkehrs dar, die bei wertender Betrachtung vom Schutzzweck der Gefährdungshaftung miterfasst wird (vgl. Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 7 StVG, Rn. 29). 2) Das Beweisangebot (Zeugnis des Fahrers T.) dürfte gem. §§ 529, 531 ZPO verspätet sein. Der Zeuge wurde – wie das Landgericht richtig erkannt hat – erstinstanzlich nur für die unstreitige Tatsache benannt, dass die Spanngurte im Verlauf der Fahrt rissen und es zu einem Kontakt zwischen dem Sprinter und dem klägerischen Mercedes kam. Erstmals im zweiten Rechtszug ist der Zeuge jedoch für die Behauptung benannt worden, dass er beim Bahntransport tatsächlich die Handbremse angezogen und einen Gang eingelegt hatte. Dies hat die Klägerin stets bestritten, im Übrigen spricht auch das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme dagegen.

Die Beklagte hat daraufhin Ihre Berufung mit Schriftsatz vom 8.8.2024 zurückgenommen. Die Entscheidung des Landgerichts zur Haftung der Beklagten aus §§ 7 I STVG, 115 VVG ist damit rechtskräftig geworden.“

 

Grundlage für Schätzung des merkantilen Minderwerts, oder: Abzug des Umsatzsteueranteils

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Heute im Kessel Buntes mal wieder zwei Entscheidungen zum Verkehrszivilrecht.

Zunächst hier ein Hinweis auf das BGH, Urt. v. 16.7.2024 – VI ZR 205/23 zum Schadensersatz nach einem Kfz-Unfall und da zur Grundlage für die Schätzung des merkantilen Minderwerts und zum Abzug des Umsatzsteueranteils.

Die Klägerin nimmt den Beklagten als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners auf restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall in Anspruch, bei dem ihr Fahrzeug erheblich beschädigt wurde. Die volle Haftung des Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit.

Die Klägerin ist vorsteuerabzugsberechtigt. Eine Sachverständige ermittelte einen merkantilen Minderwert in Höhe von 500 EUR. Der Beklagte erstattete insoweit lediglich einen Betrag in Höhe von 420,17 EUR mit der Begründung, dass ein Abzug in Höhe des Umsatzsteueranteils vorzunehmen sei. Die Klägerin hat eingewandt, die Berechnung durch die Sachverständige sei bereits auf der Grundlage des Nettowertes getroffen worden. Mit der Klage hat sie die Differenz in Höhe von 79,83 EUR nebst Zinsen geltend gemacht.

Das AG hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Berufung der Klägerin hat das LG zurückgewiesen. Mit der vom LG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Sie hatte in der Revision beim BGH Erfolg.

Wegen der Einzelheiten verweise ich auf den verlinkten Volltext. Die BGH-Entscheidung hat folgende Leitsätze:

    1. Grundlage für die Schätzung des merkantilen Minderwerts ist ein hypothetischer Verkauf des Fahrzeugs. Dabei ist von Netto-, nicht von Bruttoverkaufspreisen auszugehen.
    2. Wurde davon abweichend der merkantile Minderwert ausgehend vom Bruttoverkaufspreis geschätzt, ist er in der Weise nach unten zu korrigieren, dass von ihm ein dem „Umsatzsteueranteil“ entsprechender Betrag abgezogen wird.

Ich habe da mal eine Frage: Wie ist das mit dem Gegenstandswert bei Cannabis?

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Und dann heute folgende Frage, und zwar wieder zur Nr. 4142 VV RVG aus der FB-Gruppe „Strafverteidiger“:

„Ich bin dank dieser Gruppe neulich über das Thema Einziehung und Gebühren gestolpert (und ärger mich schwarz, dass ich mit dem Thema zuvor nie beschäftigt habe).

Verstehe ich es richtig, dass die Gebühr anfällt, wenn das Gericht fragt, ob man mit der Einziehung einverstanden ist und man dem Mandanten klar macht, er soll brav mit dem Kopf nicken?

Die Gebühr richtet sich nach dem Wert der eingezogenen Sachen. Bei Bargeld kein Problem, bei Gegenständen muss man wohl schätzen. Aber wie ist es mit dem illegalen Zeug, Waffen und insbesondere Drogen? Drogen fielen wohl bislang unter den Tisch. Doch wie es es nun mit dem KCanG? Wirkt sich Cannabis auf den Gegenstandswert aus und wenn ja, was für ein Wert ist dafür anzusetzen? Straßenverkaufswert?“

Fälligkeit der anwaltlichen Vergütungsforderung, oder: Ruhen des Verfahrens

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In der zweiten Entscheidung, dem LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 26.10.2023 – 26 Ta (Kost) 6085/23 – geht es um die Fälligkeit der anwaltlichen Vergütungsforderung in den Fällen des „Ruhens des Verfahrens“.

Dazu das LAG:

„1. Der Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts ist zulässig. Die Vergütung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist fällig.

a) Nach § 8 Absatz 1 Satz 2 RVG soll der in einem gerichtlichen Verfahren tätige Anwalt seine Vergütung nicht nur und erst dann geltend machen können, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist, sondern unter anderem auch dann, wenn das Verfahren mehr als drei Monate geruht hat. Die Kammer schließt sich der Auffassung an, nach der insoweit auch ein drei Monate andauernder Stillstand des Verfahrens genügt. Entscheidend ist dabei aber, dass das Gericht zu erkennen gegeben hat, dass es das Verfahren von sich aus bis auf Weiteres nicht weiter betreiben will (vgl. LAG Köln 17. November 2011 – 7 Ta 30/11, Rn. 11; OLG Karlsruhe 22. November 2007 – 5 U 147/05, NJW-Spezial 2008, 92 f.). Einer förmlichen Ruhensanordnung im Sinne von § 251 ZPO bedarf es nicht.

b) Dem ist hier dadurch genügt, dass beantragt worden ist, das Verfahren terminlos zu stellen sowie den angesetzten Gerichtsterm in aufzuheben und das Arbeitsgericht dem nachgekommen ist. Hintergrund war die Fortsetzung einer eingerichteten Einigungsstelle. Die Beteiligten haben das Verfahren auch nach über einem Jahr nicht wieder aufgerufen.“