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Das Überholverbot an unübersichtlichen Stellen, oder: Verbot dient auch dem Schutz des Überholten

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Im samstäglichen „Kessel Buntes“ gibt es heute dann mal wieder zwei zivilverkehrsrechtliche Entscheidungen. Beide betreffen die Haftung nach Verkehrsunfällen.

Ich beginne mit dem OLG Saarbrücken, Beschl. v. 15.12.2022 – 4 U 136/21 – mit folgendem Sachverhalt:

Der Kläger begehrt von den Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes und die Feststellung der umfänglichen Einstandspflicht für die ihm entstandenen und noch entstehenden Schäden aus einem Verkehrsunfall, der sich am 31.08.2019 in Nonnweiler-Primstal ereignete. Der Kläger befuhr mit seinem Rennrad in einer Gruppe von insgesamt 5 Radfahrern die Hauptstraße in Richtung Wadern. Die Teilnehmer der Gruppe fuhren zum Unfallzeitpunkt mit einer Geschwindigkeit von etwa 30 km/h und untereinander dicht auf; der Kläger war der vorletzte Fahrer des Pulks. Dahinter fuhr der Beklagte zu 1 in gleicher Fahrtrichtung mit dem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Fahrzeug VW Golf, amtliches Kennzeichen MZG, an dem ein Anhänger angebracht war. Der Beklagte zu 1 versuchte, die Radfahrerkolonne zu überholen. Wegen eines entgegenkommenden Fahrzeugs, welches einen Pferdeanhänger zog, brach er den Überholvorgang jedoch wieder ab. Hierbei kamen der Kläger sowie zwei weitere seiner Mitfahrer – der vor ihm fahrende Zeuge F. und der hinter ihm fahrende Zeuge R. – zu Fall.

Der Kläger zog sich bei dem Sturz eine Schultereckgelenkssprengung Typ Rockwood IV an der rechten Schulter, eine Beckenprellung rechts sowie Schürfwunden am linken Unterschenkel zu. Er wurde am 03.09.2019 an der Schulter operiert und vom 03.09.2019 bis 05.09.2019 stationär behandelt Die Schulter wurde im Anschluss mit einem Schulterabduktionskissen versorgt, das der Kläger für 6 Wochen tragen musste. Er war für eine Dauer von 3 Wochen arbeitsunfähig und durfte vom 31.08.2019 bis 31.10.2019 kein Kfz führen. Für einen Zeitraum von 4 Wochen litt er unter erheblichen Schmerzen und infolge der Abduktionsschiene unter körperlichen Einschränkungen.

Die Ausführungen des OLG sind etwas länger. Ich beschränke mich hier auf die Leitsätze:

    1. Das Verbot, an unübersichtlicher Stelle zu überholen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 StVO), dient nicht nur dem Schutz des Gegenverkehrs, sondern auch des zu überholenden Verkehrsteilnehmers, der ebenfalls durch ein gegen § 5 Abs. 2 Satz 1 StVO verstoßendes Überholen gefährdet werden kann.
    2. Zur Haftungsabwägung bei einem (berührungslosen) Verkehrsunfall zwischen einem im Pulk fahrenden Radfahrer und einem Pkw, der die Radfahrergruppe an unübersichtlicher Stelle überholt.

Im Übrigen verweise ich auf den verlinkten Volltext. Das OLG ist in seinem Urteil von einer Haftungverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Beklagten ausgegangen. 

Reise II: Flug verpasst, weil EasyPASS nicht nutzbar, oder: Man muss sich schon richtig informieren

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Die zweite reiserechtliche Entscheidung ist dann ein wenig aktueller. Es handelt sich um das BGH, Urt. v. 08.12.2022 – III ZR 204/21. Gestritten worden ist in dem Verfahren um Schadensersatz für Flugpassagier wegen fehlender Nutzbarkeit von EasyPAS. 

Der BGH hat einen Schadensersatzanspruch gegen einen Flughafenbetreiber verneint. Den hatte ein Passagier geltend gemacht, der seinen Flug versäumt hatte. Verklagt war die Betreiberin eines Großflughafens, der mit dem elektronischen Grenzkontrollsystem EasyPASS ausgestattet ist. Dieses ermöglicht ein schnelleres Passieren der Grenzkontrolle, indem die Identität des Reisenden, der – neben weiteren Voraussetzungen – mindestens zwölf Jahre alt sein muss, sowie die Echtheit und Gültigkeit des elektronischen Reisedokuments automatisiert überprüft werden. Die Beklagte wies auf ihrer Internetseite auf das EasyPASS-System hin, ohne das Mindestalter für dessen Nutzung zu erwähnen.

Der Kläger hatte für sich, seine Ehefrau sowie die drei minderjährigen Kinder einen Überseeflug gebucht. Die planmäßige Abflugzeit war um 12.15 Uhr. Die Familie verpasste jedoch den Flug, da sie nach Durchlaufen der Sicherheits- und Passkontrollen das Abfluggate nicht mehr rechtzeitig erreichte.

Der Kläger hat geltend gemacht, er habe am Abflugtag zusammen mit seiner Familie das Reisegepäck um 10.07 Uhr am Check-in-Schalter aufgegeben. Um 11.10 Uhr habe sich seine Familie zu der Sicherheitskontrolle begeben und diese um 11.35 Uhr passiert. Anschließend seien sie zu den elektronischen Passkontrollen gegangen. Diese hätten aber nicht genutzt werden können, da seine jüngste Tochter noch keine zwölf Jahre alt gewesen sei. Die Familie sei deshalb an die zwei mit Personal besetzten Durchgänge verwiesen worden. Dort sei bei der Kontrolle eines anderen Passagiers ein Problem aufgetreten, was zu einer Verzögerung von 20 Minuten geführt habe. Obwohl er eine Mitarbeiterin der Beklagten auf das drohende Verpassen des Abflugs hingewiesen habe, sei er in der Warteschlange nicht vorgezogen worden.

Das AG hat die auf Zahlung von 2.980,08 EUR (Erwerb eines Ersatztickets, zusätzliche Hotel- und Fahrtkosten) nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung ist beim LG ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom LG zugelassenen Revision hat der Kläger den Anspruch weiter verfolgt.

Ohne Erfolg. Der BGH hate einen Schadensersatzanspruch verneint.In der PM zu der Entscheidung heißt es:

„Er hat dabei offengelassen, ob zwischen der Betreibergesellschaft und dem Kläger eine vertragliche Beziehung bestand, aus der Schadensersatzansprüche hergeleitet werden könnten.

Jedenfalls fiel die Organisation der Passkontrollen nicht in den Verantwortungsbereich der Flughafenbetriebsgesellschaft, sondern in den der Bundespolizei (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a BPolG). Der Flughafenbetreiber hat insoweit keine Einflussmöglichkeiten, insbesondere ist es ihm verwehrt, einzelne (verspätete) Reisende durch ein „Vorziehen der Passkontrolle“ gegenüber rechtzeitig erschienenen Passagieren zu privilegieren.

Dessen ungeachtet ergaben sich aus dem Klägervortrag keine Anhaltspunkte für eine unangemessene, auf einem Organisationsmangel beruhende Verzögerung der Passkontrolle. Nach seinen Angaben hat er um 11.35 Uhr die Sicherheitskontrolle passiert und das Abfluggate kurz nach zwölf Uhr erreicht. Die Passkontrolle ist somit zügig durchgeführt worden.

Eine Pflichtverletzung war der Beklagten auch nicht vorzuwerfen wegen des Hinweises in ihren Internetseiten auf EasyPASS, ohne zu erwähnen, dass der Passinhaber mindestens zwölf Jahre alt sein musste. Der Hinweis war ersichtlich nicht abschließend. Der Kläger hätte sich über die Nutzungsbedingungen näher, etwa über die hierfür eingerichtete Interseite der Bundespolizei, informieren müssen. Verzichtet der Fluggast auf die Einplanung eines ausreichenden Zeitpuffers, weil er das automatisierte Grenzkontrollsystem EasyPASS nutzen möchte, ohne sich rechtzeitig über dessen Modalitäten zu informieren, begibt er sich freiwillig in eine prekäre Situation, deren Folgen letztlich von ihm herbeigeführt und von ihm zu tragen sind. Der Kläger hätte sich sogar noch am Flughafen die nötigen Informationen rechtzeitig beschaffen können. Obwohl er – wie er vorgetragen hat – bereits um 10.07 Uhr das Gepäck am Check-in-Schalter aufgegeben hatte, hat er sich erst um 11.10 Uhr mit seiner Familie zur Sicherheitskontrolle begeben. Es hätte somit vor Ort noch genügend Zeit zur Verfügung gestanden, sich hinsichtlich der Nutzungsbedingungen von EasyPASS zu erkundigen. Stattdessen hat der Kläger mit seiner Familie rund eine Stunde leichtsinnig „verbummelt“, indem – wie er selbst vorträgt – unter anderem „in das ein oder andere Geschäft geschaut“ wurde.

Im Übrigen darf sich ein Fluggast auch nicht auf die ständige Betriebsbereitschaft der computergestützten elektronischen Grenzkontrolle verlassen.“

Und hier dann noch die Leitsätze seiner Entscheidung:

1. Verzichtet ein Fluggast auf die Einplanung eines ausreichenden Zeitpuffers von zwei bis drei Stunden vor dem Abflug, weil er das automatisierte Grenzkontrollsystem EasyPASS nutzen möchte, muss er sich rechtzeitig über dessen Modalitäten informieren, wenn er mit diesen nicht vertraut ist. Auf ersichtlich nicht abschließende Hinweise des Flughafenbetreibers auf dessen Internetseite darf er sich nicht verlassen.

2. Unterlässt er dies, riskiert er, die Systemvoraussetzungen nicht zu erfüllen und mangels hinreichenden Zeitpuffers den gebuchten Flug zu verpassen, zumal er sich auf die ständige Betriebsbereitschaft der computergestützten elektronischen Grenzkontrolle nicht ohne weiteres verlassen darf. Er begibt sich damit freiwillig in eine prekäre Situation, deren Folgen letztlich von ihm herbeigeführt und von ihm zu tragen sind.

Reise I: Erhebliche Beeinträchtigung einer Kreuzfahrt, oder: Reiserücktritt wegen Covid-19-Pandemie

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Heute im Kessel-Buntes dann zwei reiserechtliche Entscheidungen.

Die erste ist schon etwas älter. Es handelt sich um das BGH, Urt. v. 30.08.2022 – X ZR 66/21, das eine reiserechtliche Frage in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie entschieden hat. Das hatte ich bislang übersehen:

Die Klägerin hatte beim AG die Rückzahlung einer Anzahlung für eine Flusskreuzfahrt. Die Beklagte macht mit ihrer Widerklage darüber hinausgehende Stornogebühren geltend.

Die damals 84 Jahre alte Klägerin buchte am 17.01.2020 bei der Beklagten eine Flusskreuzfahrt (Stationen: Passau – Wien – Esztergom – Budapest – Mohacs – Budapest – Bratislava – Melk – Passau), die vom 22. bis 29.06.2020 stattfinden und 1.599,84 EUR kosten sollte. Der Buchung lagen die Allgemeinen Reisebedingungen der Beklagten zugrunde. Die Klägerin leistete eine Anzahlung in Höhe von 319,97 EUR.

Am 18.03.2020 sprach das Auswärtige Amt wegen der Covid-19-Pandemie eine weltweite Reisewarnung aus, die zunächst bis zum 29.04.2020 galt, später aber bis 14.06. 2020 verlängert wurde. Mit Schreiben vom 07.06.2020 stornierte die Klägerin die Reise unter Bezugnahme auf die Covid-19-Pandemie, nachdem ihr dies von ihrer Hausärztin mit Blick auf frühere Lungenentzündungen geraten worden war. Die Beklagte übersandte mit Schreiben vom 25.06.2020 eine Stornorechnung, die nach Abzug der Anzahlung und einer Gutschrift einen offenen Betrag von 999,89 EUR auswies. Die Flusskreuzfahrt wurde mit einem angepassten Hygienekonzept und einer von 176 auf 100 verringerten Passagierzahl durchgeführt.

Das AG hat die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Anzahlung und zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt und die auf Begleichung der restlichen Stornogebühr gerichtete Widerklage abgewiesen. Das LG hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom LG zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren aus den Vorinstanzen weiter. Sie hatte keinen Erfolg.

Hier die Leitsätze zu der Entscheidung:

1. Die Bewertung der von der Covid-19-Pandemie ausgehenden Gefahr als unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB, der grundsätzlich geeignet ist, die Durchführung einer Pauschalreise erheblich zu beeinträchtigen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn sich die Gefahr einer Erkrankung an Covid-19 im vorgesehenen Reisezeitraum (hier: Juni 2020) als ein nicht beherrschbares erhebliches Risiko für die menschliche Gesundheit darstellte und aufgrund der pandemischen Lage die Gefahr einer Infektion bei Durchführung der Reise bestand, die dem gewöhnlichen Reisebetrieb im Buchungszeitpunkt noch nicht innewohnte.

2. § 651h Abs. 3 BGB setzt nicht voraus, dass die unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände sich nur am Bestimmungsort der Reise oder in dessen unmittelbarer Nähe und nicht auch am Wohnort des Reisenden auswirken.

3. Der Tatbestand des § 651h Abs. 3 BGB ist erfüllt, wenn schon vor Beginn der Reise unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung zum Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt ist.

4. Die Beurteilung der Frage, ob die Durchführung der Reise aufgrund von außergewöhnlichen Umständen mit erheblichen und nicht zumutbaren Risiken verbunden ist, bedarf einer Würdigung aller für den Einzelfall relevanten Umstände und ist aus Sicht eines verständigen Durchschnittsreisenden im Rücktrittszeitpunkt vorzunehmen.

5. Individuelle Verhältnisse oder Eigenschaften des Reisenden wie das Alter sind jedenfalls dann in die Abwägung einzubeziehen, wenn sie für die Durchführbarkeit der Reise erst aufgrund der außergewöhnlichen Umstände im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB Bedeutung gewonnen haben und die daraus resultierenden Gefahren für den Reisenden (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer besonders betroffenen Risikogruppe) dem gewöhnlichen Reisebetrieb im Buchungszeitpunkt noch nicht innegewohnt haben.

In dem Zusammenhang ebenfalls von Bedeutung: BGH, Urt. v. 30.08.2022 – X ZR 84/21- und BGH, Beschl. v. 30.08.2022 – X ZR 3/22

beA II: Technische Unmöglichkeit bzw. beA-Probleme, oder: BeA-Hinderungsgründe sind sofort vorzutragen

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In der zweiten Entscheidung, dem BGH, Beschl. v. 17.11.2022 – IX ZB 17/22 – geht es mal wieder um die Frage der technischen Unmöglichkeit bzw. um beA-Probleme.

Der Kläger hat in einem Zivilverfahren gegen ein Klageabweisendes Urteil Berufung eingelegt. Das (zuständige) verlängert ihm die Rechtsmittelbegründungsfrist antragsgemäß bis zum 10.01.2022. Es geht dann am 08.01.2022 postalisch eine auf den 09.01.2022 datierte Berufungsbegründung sowie ein nochmaliger Antrag auf Fristverlängerung ein. Das OLG teilt dem Kläger mit, dass seine Berufung unzulässig sein könnte, weil der Schriftsatz nicht elektronisch eingereicht worden sei. Die zweite Berufungsbegründung geht dann ebenfalls postalisch am 25.02.2022. Der Kläger teilte mit, es sei unmöglich gewesen, das fristwahrende Dokument elektronisch über beA zu übermitteln. Als Beweis dafür legt er eine eidesstattliche Versicherung seines Anwalts sowie die Korrespondenz mit der Bundesnotarkammer vor. Diese habe es versäumt, die seinem Bevollmächtigten überlassene beA-Basiskarte für die Versendung von Empfangsbekenntnissen zu programmieren. Deshalb sei es auch nicht möglich gewesen sei, die Karte um die Funktion der Übersendung von sonstigen Dokumenten zu erweitern. Als Alternative habe der Rechtsanwalt auf Vorschlag der Bundesnotarkammer eine Mitarbeiterkarte gekauft. Die dafür erforderliche PIN und PUK seien ihm aber erst am 17.01.2022 zugegangen.

Das OLG Hamm hat die Berufung als unzulässig verworfen. Die Rechtsbeschwerde beim BGH hatte keinen Erfolg. Auch hier nur der Leitsatz zu der Entscheidung:

Ist es dem Rechtsanwalt bereits im Zeitpunkt der Ersatzeinreichung eines Schriftsatzes möglich, die vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung des Dokuments darzulegen und glaubhaft zu machen, hat dies mit der Ersatzeinreichung zu erfolgen; in diesem Fall genügt es nicht, wenn der Rechtsanwalt die Voraussetzungen für eine Ersatzeinreichung nachträglich darlegt und glaubhaft macht.

beA I: Eingang des elektronischen Dokuments, oder: Sorgfaltspflichten bei Übermittlung per beA

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Und dann der Start in die neue Woche, und zwar mit zwei Entscheidungen des BGH zum elektronischen Dokument und/oder zum beA.

Hier zunächst der BGH, Beschl. v. 30.11.2022 – IV ZB 17/22 – zur Frage: Wann ist das elektronische Dokument bei Gericht eingegangen? Der Beschluss hat folgende (amtliche) Leitsätze:

1. Ein über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichtes elektronisches Dokument ist erst dann gemäß § 130a Abs. 5 Satz 1 ZPO wirksam bei dem zuständigen Gericht eingegangen, wenn es auf dem gerade für dieses Gericht eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert worden ist.

2. An die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen per beA sind keine geringeren Anforderungen zu stellen als bei der Übermittlung von Schriftsätzen per Telefax (hier: Übermittlung der Berufungsbegründung an falschen Empfänger).