Ich stelle heute dann mal wieder Entscheidungen vor, die mit der Strafe und auch deren Vollstreckugn zu tun haben.
Den Opener mache ich mit dem BGH, Beschl. v. 15.08.2024 – 4 StR 79/24 – zur Strafzumessung und dabei zur Frage der Berücksichtigung von erlittener U-Haft. Das LG hatte diesen Umstand bei der Strafrahmenwahl mit herangezogen, das hat edem BGH nicht gefallen:
„1. Die wirksam auf den Strafausspruch beschränkte (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2020 – 2 StR 288/19 Rn. 7 ff.; Beschluss vom 27. April 2017 – 4 StR 547/16, BGHSt 62, 155 Rn. 20) Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
2. Der Strafausspruch hält auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. zum Prüfungsmaßstab BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; Beschluss vom 1. Februar 2023 – 4 StR 492/22 Rn. 4 mwN) sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
a) Die Strafrahmenwahl begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht dabei zugunsten des Angeklagten die erlittene Untersuchungshaft von sieben Monaten berücksichtigt hat.
Erlittene Untersuchungshaft ist regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird. Auch beim erstmaligen Vollzug von Untersuchungshaft kommt eine mildernde Berücksichtigung nur in Betracht, sofern im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten (st. Rspr.; vgl. nur Urteil vom 25. Oktober 2018 – 4 StR 312/18 mwN; Urteil vom 19. Dezember 2002 – 3 StR 401/02 Rn. 8). Solche zusätzlichen, den Angeklagten besonders beschwerenden Umstände oder Folgen des Haftvollzugs hat die Strafkammer nicht dargetan. Vielmehr ist der Angeklagte bereits hafterfahren. Gegen ihn wurde vor seiner Inhaftierung in vorliegender Sache eine mehrjährige Haftstrafe in Tschechien vollstreckt. Soweit die Strafkammer auf die (erstmalige) Verbüßung von Untersuchungshaft in Deutschland abstellt, können zwar bei einem Ausländer – wie hier – fehlende familiäre Bindungen in Deutschland oder fehlende Kenntnisse der deutschen bzw. einer sonst verbreiteten Sprache und ein daraus folgender Mangel sozialer Kontakte besondere Erschwernisse enthalten, die über die üblicherweise mit Untersuchungshaft verbundenen Beeinträchtigungen hinausgehen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06 Rn. 10). Solche Umstände sind jedoch in den Urteilsgründen darzulegen und zu belegen. Daran fehlt es hier. Sie liegen vorliegend auch nicht auf der Hand, soweit die Strafkammer festgestellt hat, dass der kinderlose Angeklagte soziale Kontakte zu seiner seit sieben Jahren in Deutschland lebenden Schwester unterhält.
b) Da das Landgericht bei der Strafzumessung im engeren Sinne – für sich genommen unbedenklich – durch eine „abschließende zusammenfassende Würdigung“ auf seine Ausführungen zur Strafrahmenwahl Bezug genommen hat, wirkt sich der vorstehend aufgezeigte Rechtsfehler auch auf die konkrete Strafzumessung aus.
c) Der Senat kann schon nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Würdigung die Annahme eines minder schweren Falles abgelehnt und infolgedessen zu einer höheren Strafe gelangt wäre. Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung.“