Umpflichtung des (Pflichtverteidigers) mit zeitlicher Beschränkung – ist das zulässig?

 Mal wieder eine gebührenrechtliche Frage aus dem Forum auf meiner HP www.burhoff.de, die in er Praxis immer wieder eine Rolle spielt.

Der Verteidiger fragt:

Ich verteidige einen Mandanten seit 1.6.2010 in einem Verfahren vor dem AG L.. Der bisherige Pflichtverteidiger wird entpflichtet und ich werde durch Beschluss vom 1. 7. 2010 zum neuen Pflichtverteidiger bestellt, und zwar wörtlich „ab 1. 7. 2010“.
Rechtspflegerin beim AG Lüdenscheid meint nun, Gebühren und Auslagen für Tätigkeiten vor dem 1.7.2010 seien nicht zu erstatten. Trotz meines Hinweises auf §
48 Abs. 5 S. 1 RVG werden die von mir insoweit angemeldeten Gebühren und Auslagen vom Justizamtsrat abgesetzt. Der Bezirksrevisor beim LG Hagen meint, meine Erinnerung hiergegen sei unbegründet. Bei der Festsetzung sei der Urkundsbeamte an den Beiordungsbeschluss gebunden. Selbst die Grundgebühr hätte nicht festgesetzt werden dürfen. Insoweit legt er sogar Anschlusserinnerung ein.
M.E. ist das grober Unfug oder übersehe ich irgendwas?

Ich habe geantwortet:

Hallo, m.E. nicht zulässig, aber leider eine Einschränkung, die von den Gerichten immer wieder gemacht wird und dazu führt bzw. führen kann, dass der neue Verteidiger nur die Terminsgebühr erhält. Der Grundsatz ist nach § 48 Abs. 5 S. 1 RVG aber ein anderer. Ich gehe mal davon aus, dass ein „notwendiger Verteidigerwechsel“ vorgelegen hat (Fall des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO), oder?. Die Konstellation hat vor einiger Zeit das LG Osnabrück (vgl. hier) entschieden, allerdings auch zu Ungunsten (und m.E. auch falsch). Die Entscheidung mit Anmerkung finden Sie in StRR 2010, 270 = StV 2010, 563 (dort allerdings ohne die gebührenrechtliche Passage). Sie sollten gegen die Argumentation der Staatskasse die Rechtsprechung zur „Erstattung der Gebühren für mehrere Verteidiger“(vgl. zu dieser Problematik Volpert in: Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., ABC-Teil: Kostenfestsetzung in Straf- und Bußgeldsachen, Rn. 27 ff.) geltend machen und sich darauf berufen, dass nach der Rechtsprechung der Obergerichte, die beschränkte Beiordnung „zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts“ zutreffend als unzulässig angesehen wird (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 5. Aufl., 2010, Rn. 1200 m.w.N.). Letzeres passt auf Ihren Fall.“

Ich bin gespannt, was daraus wird. Das ist sicherlich eine Problamtik, die – vor allem im Bereich des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO – von großer praktischer Bedeutung ist. Vielleicht liefert mir der Kollege ja noch ein wenig Sachverhalt nach. Dann werde ich weiter berichten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert