Und weil ich gerade dabei bin :-). Ich „mache den Sack zu“ = ich stelle noch eine Entscheidung zu § 51 RVG vor. Den OLG Dresden, Beschl. v. 12.05.2020 – 4 St 3/19 – hat mir vor einigen Tagen der Kollege Endler aus Mannheim geschickt.
Der hat in einem Verfahren wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung u.a. verteidigt. Die gesetzlichen Gebühren haben 20.747 EUR betragen. Das OLG bewilligt eine Pauschvergütung von 26.000 EUR:
„Rechtsanwalt pp. wurde mit Verfügung des Vorsitzenden des Staatsschutzsenates des Oberlandesgerichts Dresden am 21. Juli 2019 als Verteidiger des Angeklagten bestellt. Der Angeklagte wurde am 24. März 2020 durch das Oberlandesgericht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Mit Schriftsatz vom 7. April 2020 hat Rechtsanwalt pp. die Bewilligung eines Vorschusses im Hinblick auf eine zu erwartende Pauschvergütung in Höhe von 40.000 EUR beantragt.
Zur Begründung verweist Rechtsanwalt pp. auf den besonderen Umfang der Sache, der sich aus dem erheblichen Aktenumfang, zwei Haftbesuchen in der Jugendstrafanstalt Regis-Breitingen, der Dauer der Kanzleiabwesenheit in Wochen mit mehreren Verhandlungstagen, der Dauer der Hauptverhandlung vom 30. September 2019 bis zum 24. März 2020 an sich und dem Umfang der Beweisaufnahme mit mehr als 50 Zeugen ergebe.
Die Sache sei auch besonders schwierig gewesen, weil es sich um eine umfangreiche Staatsschutzsache mit einer erst am 26. Juni 2020 endenden Urteilsabsetzungsfrist handele.
Am 14. April 2020 hat der Angeklagte pp. seine gegen das Urteil vom 24. März 2020 eingelegte Revision zurückgenommen. Das Verfahren ist hinsichtlich des Angeklagten rechtskräftig abgeschlossen, nachdem auch die Bundesanwaltschaft ihre zum Nachteil des Angeklagten pp. eingelegte Revision zurückgenommen hat.
Die Bezirksrevisorin bei dem Oberlandesgericht Dresden ist dem Antrag mit Stellungnahme vom 30. April 2020 entgegen getreten. Sie sieht eine Pauschvergütung nur im Hinblick auf den Aktenumfang in einer Gesamthöhe von 22.379 EUR begründet. Die gesetzlichen Gebühren betragen in diesem Fall 20.747 EUR.
Die Stellungnahme wurde Rechtsanwalt pp. zugeleitet, die sich mit per E-Mail übermitteltem Schriftsatz vom 11. Mai 2020 geäußert hat und an seinem Antrag festhält.
Der nach Eintritt der Rechtskraft nunmehr als Antrag auf Festsetzung einer Pauschvergütung zu wertende Antrag vom 7. April 2020 erweist sich in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang als begründet. Im Übrigen war er abzulehnen.
Eine über die gesetzlichen Gebühren hinausgehende Pauschvergütung kann gemäß § 51 Abs. 1 RVG bewilligt werden, wenn die Strafsache besonders umfangreich oder besonders schwierig war. Dazu genügt noch nicht, dass Umfang oder Schwierigkeit über dem Durchschnitt liegen. Es muss sich vielmehr um eine Tätigkeit handeln, die sich in besonderer Weise von sonstigen, auch überdurchschnittlichen Sachen abhebt, so dass es unzumutbar wäre, dem Verteidiger nur die gesetzlichen Gebühren zuzuerkennen.
Diese Voraussetzungen sind in dem ausgesprochenen Umfang erfüllt.
1. Wegen des Aktenumfangs wird auf die Stellungnahme der Bezirksrevisorin bei dem Oberlandesgericht Bezug genommen. Die darin wiedergegebene Auffassung entspricht ständiger Rechtsprechung der Strafsenate des Oberlandesgerichts Dresden. Der Senat hält auch im vorliegenden Fall daran grundsätzlich fest. Allerdings ist diese Staffelung weder gedeckelt noch abschließend.
Der Aktenumfang betrug bis zum Beginn der Hauptverhandlung 60 Leitzordner mit mehr als 25.000 Blatt. In einer ähnlichen Staatschutzsache hat das Oberlandesgericht Dresden bei einem Aktenumfang von mehr als 35.000 Blatt zur Abgeltung des Arbeitsaufwandes die Zuerkennung eines pauschal auf das 25-fache der Grundgebühr bemessenen und sodann einmal aufgerundeten Betrages von 5.000 EUR im Hinblick auf den zu bearbeitenden Aktenumfang für angemessen angesehen [vgl. Beschlüsse vom 17. Dezember 2018 – 2(S) AR 31/18 -,13. März 2019 – 2(S) AR 21/18 – und 6. Februar 2020 – 4 St 1/16].
2. Die Zuerkennung einer weiteren Erhöhung im Hinblick auf die Dauer der Hauptverhandlung, die Beanspruchung des Verteidigers durch diese Hauptverhandlung und die außergerichtliche Tätigkeit kommt indes nur eingeschränkt in Betracht. Auch insoweit entsprechen die Ausführungen der Bezirksrevisorin grundsätzlich der ständigen Rechtsprechung der Strafsenate des Oberlandesgerichts. Allerdings gewinnt in Strafsachen, die die Arbeitskraft des Pflichtverteidigers für längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch nehmen, die Höhe des Entgelts für den Pflichtverteidiger existenzielle Bedeutung. Für solche besonderen Fall-konstellationen gebietet das Grundrecht des Pflichtverteidigers auf freie Berufsausübung eine Regelung, die sicherstellt, dass ihm die Verteidigung kein unzumutbares Opfer abverlangt Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 20. März 2018 — 5 S AR 7/18 —, juris). Entscheidend ist deshalb nicht die Anzahl der durchgeführten Hauptverhandlungstermine, sondern die Terminierungsdichte, die dem Verteidiger die Möglichkeit nehmen kann, andere Mandate anzunehmen.
Vorliegend hat Rechtsanwalt pp. 31 Hauptverhandlungstermine selbst wahrgenommen, weshalb er zwar – wie die Bezirksrevisorin ausführt – im Durchschnitt lediglich 1,24 Tage pro Kalenderwoche gebunden war. Rechtsanwalt pp. hat jedoch während der Hauptverhandlung jedenfalls in drei Wochen (49. KW 2019, 2. und 3. KW 2020) an drei Verhandlungstagen pro Woche teilgenommen. Die aufgrund der Entfernung des Kanzleisitzes zum Hauptverhandlungsort damit einhergehenden Erschwernisse sind zu berücksichtigen.
3. Vor diesem Hintergrund erscheint in einer Gesamtbetrachtung die Zuerkennung einer Pauschgebühr von insgesamt 26.000 EUR angemessen.“
Immerhin 🙂 . Allerdings: Reich wird man davon nicht…..