Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG beschäftigt die Verteidiger, die Vertreter der Staatskasse, die Rechtsschutzversicherungen und damit dann letztlich auch immer wieder die Gerichte. Es handelt sich m.E. um die Gebührenziffer des VV zu der mit am meisten Rechtsprechung vorliegt, wenn es nicht sogar die Ziffer ist, zu der es die meisten Entscheidungen gibt. So dann jetzt auch das AG Hannover, Urt. v. 17.07.2018 – 571 C 4229/18 – mit einem ganz einfachen Sachverhalt:
Der ehemalige Angeklagte hat gegen seine Rechtsschutzversicherung die Zahlung einer zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG geltend gemacht. Der Kläger war in einem Strafverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie Körperverletzung von seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten verteidigt worden. Das Strafverfahren ist dann in der Hauptverhandlung nach § 153a StPO (vorläufig) und nach Erfüllung von Auflagen dann endgültig eingestellt worden. Der Kläger hatte den Anfall der Nr. 4141 VV RVG u.a. mit dem Wegfall mehrerer Fortsetzungstermine begründet. Das AG hat die Klage abgewiesen:
„Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 196,35 € aus dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrag. Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigt die Einstellung des gegen ihn geführten Strafverfahrens wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie Körperverletzung gem. § 153 a StPO in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Hannover am 25.01.2018 nicht die Entstehung der Zusatzgebühr nach Nr. 4141 Abs. 1 Nr. 1 RVG VV, deren Erstattung der Kläger begehrt. Diese Gebühr entsteht, wenn „das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird.“ Die Gebühr entsteht bei Einstellung des Verfahrens nach § 153 a StPO dabei nur, wenn die Einstellung nach Aussetzung der Hauptverhandlung erfolgt, nicht aber bei Abkürzung des Hauptverhandlungstermins durch Einstellung. Dies entspricht dem Ziel der Gebührenregelung einen Anreiz zu schaffen, Verfahren ohne Hauptverhandlung zu erledigen und damit weniger Hauptverhandlungen durchzuführen. Es kommt auch nicht darauf an, wiederum entgegen der Ansicht des Klägers, ob durch die Einstellung Fortsetzungstermine vermieden werden, da im Hinblick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Hauptverhandlung deren Entbehrlichkeit auch nur einheitlich beurteilt werden kann. Ebenfalls nicht zur Entstehung der Gebühr führt, dass bei Nichterfüllung der Auflage eine neue Hauptverhandlung anberaumt werden müsste, da es sich hierbei um eine rein spekulative, vom Leistungswillen des Angeklagten abhängende, Erwägung handelt (vgl. insgesamt BGH, Urteil vom 14.04.2011, IX ZR 153/10). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers die Auflagenerfüllung überwacht hat.“
Ich habe die Entscheidung für den RVGreport und den StRR kommentiert. Daraus hier nur ein Punkt:
„Nach Auffassung des AG haben auch die durch die Einstellung nach § 153 a StPO „vermiedenen“ Fortsetzungstermine nicht zum Anfall der Nr. 4141 VV RVG geführt. Auch das entspricht der herrschender Meinung in der Rechtsprechung und Literatur (OLG Köln RVGreport 2006, 152 = AGS 2006, 339 m. zust. Anm. Madert; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn 64; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, VV 4100 Rn 23; Jungbauer DAR 2008, 738), die auf die „Einheitlichkeit der Hauptverhandlung“ verweist (OLG Köln, a.a.O.). Diese Auffassung ist aber zu hinterfragen. Denn sie ist, wenn man vom Sinn und Zweck der Nr. 4141 VV RVG ausgeht, nämlich die Mitwirkung des RA an der Entlastung der Justiz zu honorieren bzw. einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass ihm aufgrund seiner Mitwirkung eine Hauptverhandlungsgebühr entgeht, nicht folgerichtig/konsequent. Denn auch in diesen Fällen verliert der RA/Verteidiger die Terminsgebühr(en) für die weiteren Hauptverhandlungstermine; zudem tritt auch eine Entlastung der Justiz ein.2
Also: Steter Tropfen höhlt den Stein…..
Die Tatsache, daß im Strafrecht jeder HV-Termin gesondert vergütet wird, spricht m.E. in besonders hohem Maße gegen die „Einheitlichkeit der HV“ (zumindes in gebührenrechtlicher Hinsicht), da ansonsten wohl konsequenter Weise, wie dies auch im Zivilrecht der Fall ist, insgesamt nur eine einzige Terminsgebühr anfallen dürfte, egal, wie viele Termine stattgefunden haben.