Auch die Staatsanwaltschaft „kann nicht immer Aufklärungs = Verfahrensrüge“. Das ist das Fazit aus dem OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.03.2016 – 1 Ss 356/15. In der Revision hatte die Staatsanwaltsschaft die Aufklärungsrüge erhoben und beanstandet, dass im Verfahren – es ging um einen Verstoß gegen das WaffG – die Schusswaffe, die Verfahrensgegenstand war, hätte in Augenschein genommen werden müssen. Nicht ordnungsgemäß erhoben, aber auch unbegründet, sagt das OLG:
„2. Die Verfahrensrüge der Staatsanwaltschaft ist sowohl unzulässig als auch unbegründet.
Die Beanstandung gründet sich darauf, dass das Gericht die besagte Schusswaffe hätte in Augenschein nehmen müssen und ein Gutachten zur Frage hätte erstellen lassen müssen, ob die Identifizierung der Waffe als Schusswaffe durch den Angeklagten möglich gewesen wäre. Das Landgericht hätte damit seine Pflicht aus § 244 Abs. 2 StPO verletzt.
a) Zur wirksamen Erhebung der Verfahrensrüge bedarf es der eindeutigen Bezeichnung des Antrages, sei es als Beweisantrag oder als Beweisermittlungsantrag. Diese Frage lässt die Revisionsführerin ausdrücklich offen. Zur den Förmlichkeiten des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Anbringung einer Verfahrensrüge gehört aber auch, dass sich der Revisionsführer festlegt, welche Art von Antrag in der Tatsacheninstanz gestellt wurde und wie durch die Ablehnung Verfahrensrecht verletzt worden ist. Eine allgemeine Verfahrensrüge sieht das Gesetz gerade nicht vor.
b) Zudem ist die Verfahrensrüge auch deshalb unzulässig, weil die Staatsanwaltschaft nicht ausreichend darlegt, warum sich die Inaugenscheinnahme der Waffe und die Einholung eines Sachverständigenbeweises hätte aufdrängen müssen. Dies ist aber bei einer Aufklärungsrüge notwendig.
Es ist insbesondere nicht ausreichend, darauf zu verweisen, dass sich spätestens durch die Anträge im Plädoyer eine weitere Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen. Denn wenn dies zutreffen würden, würde schon jeder Beweis(ermittlungs)antrag dazu führen, dass sich eine weitere Beweisaufnahme aufdrängte mit der Folge, dass das Tatgericht nach § 244 Abs. 2 StPO zu einer weiteren Sachaufklärung verpflichtet wäre. Die differenzierten Regelungen des § 244 Abs. 376 StPO über die Ablehnung von Beweisanträgen wären dann überflüssig.
c) Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, dass die Revisionsführerin das Beruhen des Urteils auf dem gerügten Verfahrensfehler jedenfalls dann nicht hinreichend deutlich gemacht hat, wenn man entsprechende, ins Einzelne gehende Ausführungen verlangen würde (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 344 Rn. 27). Die Staatsanwaltschaft führt lediglich aus, dass das Landgericht „möglicherweise“ zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Für die zulässige Erhebung der Verfahrensrüge muss allerdings mit Bestimmtheit dargelegt werden, zu welchem Ergebnis das Gericht bei der beantragten Untersuchung gekommen wäre und warum die Beweisführung des Tatrichters unzureichend war. Daran fehlt es.
d) Überdies wäre die Verfahrensrüge selbst bei ordnungsgemäßer Erhebung unbegründet, denn hinsichtlich der Inaugenscheinnahme besteht kein Surrogationsverbot. Das Landgericht konnte daher auch Bilder der Waffe nutzen (Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 244 Rn. 78). Einen Sachverständigenbeweis mit der Frage zu erheben, ob der Angeklagte konkrete Kenntnisse über bestimmte Tatsachen hatte, ist auch völlig ungeeignet. Der Sachverständige dient nicht dazu, dem Gericht die rechtliche Bewertung der inneren Tatseite abzunehmen (Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 244 Rn. 74a).“
Mit der Sachrüge hatte die Staatsanwaltschaft aber dann Erfolg. Die ist ja auch einfach(er) 🙂 .