Es gibt Dinge, von denen ich immer gehofft habe, dass es sie nicht gibt. Dann wird man aber vom Gegenteil überzeugt, meist schmerzlich. So ist es mit dem BGH, Beschl. v. 12.01.2016 – 3 StR 482/15, den mir gestern einer der Verteidiger, der die beiden Angeklagten gegen den Vorwurf des erpresserischen Menschenraubes bei einer Strafkammer der LG Rostock verteidigt hat, zugesandt hat. „Schmerzlich“ ist allerdings nicht der – zutreffende – BGH, Beschl., sondern der ihm zugrunde liegende Sachverhalt.
Und zum Sachverhalt – es geht um Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden der großen Strafkammer (§§ 24 ff. StGBStPO) – stellt der BGH fest:
„Der Verteidiger des Angeklagten Y. nahm am Abend des 22. Januar 2015 erstmals von dem Facebook-Account des Vorsitzenden der Strafkammer Kenntnis. Im öffentlich zugänglichen Bereich war auf der Profilseite ein Lichtbild des Vorsitzenden zu sehen, auf dem dieser mit einem Bierglas in der Hand auf einer Terrasse sitzt und ein T-Shirt trägt, das mit der Aufschrift: „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA“ bedruckt ist. Auf derselben Seite war vermerkt: „2. Große Strafkammer bei Landgericht Rostock“. In der Zeile darunter hieß es: „1996 bis heute“. Im Kommentarbereich befand sich ein Eintrag des Vorsitzenden, der wie folgt lautete: „Das ist mein ‚Wenn du raus kommst, bin ich in Rente‘-Blick“. Dieser Eintrag wurde von einem Benutzer mit den Worten: „.,.sprach der schwedische Gardinen-Verkäufer! :-))“ kommentiert, was wiederum von zwei Personen, darunter der Vorsitzende, „geliked“ wurde. Zu Beginn des nächsten Hauptverhandlungstages lehnte der Angeklagte daraufhin den Vorsitzenden wegen des Inhalts der Facebook-Seite und weiterer Umstände wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Der Angeklagte E schloss sich diesem Gesuch an. In der Folgezeit äußerte sich der Vorsitzende dienstlich zu dem den Facebook-Account betreffenden Inhalt des Ablehnungsgesuches wie folgt: „Zum weiteren Vorbringen im Ablehnungsgesuch gebe ich keine Stellungnahme ab. Ich werde mich nicht zu meinen privaten Lebensverhältnissen äußern.“ Am 28. Januar 2015 wies die Strafkammer die Ablehnungsgesuche der Angeklagten als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Internetauftritt des Vorsitzenden betreffe ausschließlich dessen persönlichen Lebensbereich und sei offensichtlich humoristisch geprägt.“
Für mich einfach: Unfassbar. Oder? Ich muss ehrlich sagen: Mir fehlen die Worte. Dem BGH allerdings nicht, denn der hat das getan, woran m.E. kein Weg vorbei führte. Er hat das Ablehnungsgesuch als begründet angesehen und das Urteil des LG – ohne viel Worte – wegen eines Verstoßes gegen § 338 Nr. 3 StPO aufgehoben:
„Die Ablehnung eines Richters ist nach § 24 Abs. 2 StPO gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine erforderliche Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit störend beeinflussen kann. Maßstab für die Beurteilung dieser Voraussetzungen ist ein vernünftiger bzw. verständiger Angeklagter (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 1 StR 726/13, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 23; Urteil vom 12. November 2009 – 4 StR 275/09, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 21).
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Inhalt der öffentlich und somit auch für jeden Verfahrensbeteiligten zugänglichen Facebook-Seite dokumentiert eindeutig eine innere Haltung des Vorsitzenden, die bei verständiger Betrachtung besorgen lässt, dieser beurteile die von ihm zu bearbeitenden Strafverfahren nicht objektiv, sondern habe Spaß an der Verhängung hoher Strafen und mache sich über die Angeklagten lustig. Die beschriebene Facebook-Seite enthält auch einen eindeutigen Hinweis auf die berufliche Tätigkeit des Vorsitzenden und betrifft deshalb nicht lediglich dessen persönliche Verhältnisse. Unter diesen Umständen war ein noch engerer Zusammenhang mit dem konkreten, die Angeklagten betreffenden Strafverfahren nicht erforderlich, um bei ihnen die berechtigte Befürchtung zu begründen, dem Vorsitzenden mangele es an der gebotenen Neutralität. Das in dem Ablehnungsgesuch dargelegte Misstrauen in die Unparteilichkeit des Vorsitzenden ist deshalb gerechtfertigt.“‚ Dessen Internetauftritt ist insgesamt mit der gebotenen Haltung der Unvorgenommenheit eines im Bereich des Strafrechts tätigen Richters nicht zu vereinbaren.“
Die Sache bedarf m.E. keiner weiteren Kommentierung. Aber zwei Anmerkungen will ich dann doch machen:
- Der BGH hat von der ihm in § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Verfahren an ein anderes LG, nämlich das LG Stralsund, zurückzuverweisen. Von der Möglichkeit macht er so häufig keinen Gebrauch. Dass er es hier tut, zeigt m.E., was er vom LG Rostock hält.
- Es handelte sich um die zweite Aufhebung einer Entscheidung des LG Rostock in diesem Verfahren. Das führt dazu, dass der BGH auf die Frage der Berücksichtigung des langen Zeitablaufs bei einer künftigen Strafzumessung hinweist. Wenn man diese Sache sieht, frage ich mich übrigens, warum Richter beklagen, dass Verfahren so lange dauern. Wie war das noch mit den Steinen und dem Glashaus….?
Nach dieser Stellungnahme des BGH ist dieser Richter für den gesamten Bereich der Strafjustiz nicht tragbar. Ich bin gespannt, ob die Justiz nicht eine andere Verwendung für ihn finden wird.
Die Hoffnung stirbt zuletzt 🙂
Vielleicht findet sich als Übergangslösung ja noch eine abgesoffene Baurechtskammer für den Herrn. Der ist doch jetzt in sämtlichen weiteren Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, nachdem er seine Voreingenommenheit für jedermann sichtbar publiziert hat.
Das Profil ist noch immer größtenteils öffentlich. Immerhin wurde aber offensichtlich das besagte Foto entfernt.
„Wenn man diese Sache sieht, frage ich mich übrigens, warum Richter beklagen, dass Verfahren so lange dauern.“
Mal wild geraten: Weil sich die allermeisten Richter anders verhalten als dieser?
Das Schlimmste ist ja, dass es für den Richter selbst kaum Folgen haben wird…
@ Dante: Das hoffe ich. Aber es war ja nicht nur einer, sondern im Grunde eine ganze Kammer: Denn die meinte ja, „der Internetauftritt des Vorsitzenden betreffe ausschließlich dessen persönlichen Lebensbereich und sei offensichtlich humoristisch geprägt.“ Der Skandal im Skandal.
@ RA Fuschi: Vielleicht eine abgesoffene Baukammer …..
@Burhoff: Der Kommentar ist doch trotzdem Käse.
Um in ihrem Bild zu bleiben: Warum soll ich beim Steine werfen berücksichtigen, dass manche Kollegen im Glashaus sitzen?
Mit der gleichen Logik könnten Sie formulieren:
Wenn ich sehe wie Rechtsanwalt A seinen Mandanten betrogen hat, frage ich mich warum Anwälte sich als Organe der Rechtspflege bezeichnen.
oder:
Wenn ich sehe wie Pfarrer X seine Frau betrogen hat, verstehe ich nicht wie Pfarrer Y über das 6. Gebot predigen kann.
Oder anders gefragt: Wenn sie das fragliche Verhalten als so symptomatisch für die Richterschaft ansehen, dass sie daraus Verhaltensregeln für alle Richter ableiten wollen: Warum sind sie dann so überrascht über das Verhalten des Rostocker Strafkammervorsitzenden?
Ist Revisionssicherheit überhaupt ein Kriterium bei der dienstlichen Beurteilung von Richtern?
ausdrücklich m.W. nicht – kann es aber auch nicht sein, oder?
Also diese Haltung erinnert mich an einen Beitrag von John Oliver mit Titel „Elected Judges“ – man sollte sich diesen Beitrag mal anschauen – denn bekanntlich nehmen alle nachteiligen Entwicklungen dort ihren Ausgang. Hier: https://www.youtube.com/watch?v=poL7l-Uk3I8
Dann darf man sich aber auch nicht wirklich wundern, wenn die Qualität der Entscheidungen der unteren Gerichte so schlecht ist, dass manche Verfahren eine dritte Auflage benötigen.
Gibt es sowas wie ein anwaltliches Befangenheitsregister (offiziell oder inoffiziell)? Inkl. Screenshots des Facebook-Profils? Da gehört der Vorsitzende nämlich rein, den kann man doch guten Gewissens in keinem Strafverfahren mehr auf die Richterbank lassen. Soll er halt im LJM Examenspruefungen entwickeln.
Wenn man wissen möchte, wie man als Vorsitzender Richter einer Großen Strafkammer zum Zyniker wird, dann schaue man sich die Fälle an, die diese Kammer in den letzten Jahren zu verhandeln hatte. Keine Entschuldigung aber vielleicht einer Erklärung.
@Bernd
1. Revisions“sicherheit“, was auch immer Sie darunter verstehen, ist kein Kriterium für die dienstliche Beurteilung von Richtern. Richter sind nicht an die Rechtsprechung anderer, auch Ober- und Bundesgerichte gebunden, sondern unabhängig. Das ist auch gut so, sonst gäbe es nie eine Rechtsprechungsänderung. Es ist nicht die Aufgabe von Richtern, blind die Rechtsauffassung des BGH, BVerwG, BSG, BAG, BFH zu übernehmen, sondern selbst den Fall zu entscheiden, zu dessen Entscheidung sie berufen sind.
2. …die Qualität „der (=alle) Entscheidungen“, wenn „manche“ Verfahren…
Finde den Widerspruch.
@Wolfgang
Da haben Sie theoretisch Recht. Praktisch sieht die Welt natürlich etwas anders aus. So ist es – glaube ich – nicht nur am hiesigen LG der Karriere wenig förderlich, wenn ein Vorsitzender zu viele Aufhebungen „produziert“. Jedenfalls hat das Mehrarbeit zur Folge, womöglich sogar Strafrabatt wegen der zusätzlichen Verfahrensdauer und ein Obergericht hat einen neuen Kollegen, der dessen Rechtsprechung missachtet, wohl auch nicht besonders gern. Mir sind Fälle bekannt, in denen sich allzu mutige Entscheidungen gegen eine h.M. der Obergerichte bei den dienstlichen Beurteilungen nachteilig auswirkten. Umgekehrt werden primär diejenigen Richter befördert, deren Urteile „halten“.
Im hiesigen Fall dürfte das (gar nicht so) Privatleben des Richters (hoffentlich) Folgen haben – nicht nur wegen der Aufhebung(en).
Was waere, wenn das besagte Photo jahre vorher waehrend der Studentenzeit aufgenommen worden waere?
Wenn der Richter es nicht selber auf Facebook gestellt haette, sondern ein anderer?
Waere der Richter auch als befangen bezeichnet worden?
Wie kommt das Gericht auf den Befangenheitsvorwurf?
Warum ist eine zulaessige Interpretation nicht „verhaengt Strafen wenn noetig?“
Als Informatiker kommt mir diese Entscheidung zu einer Zeit, in der sich beruftliches und privates ueber lange Zeitraeume vermischen und Informationen u.U. jahrzehnte spaeter zum Vorschein kommen, problematisch vor.
Meinen Sie, dass das zu dem Übrigen passt. „Rente-Blick“ „Schwedische Gardinen“ usw.?
@Stefan
Es geht im Übrigen nur um die „Besorgnis“ der Befangenheit, nicht darum, ob der gute Mann tatsächlich voreingenommen ist.
@Burthoff
Aehnliches Szenario: Angenommen, diese Ausdrucksweisen waeren waehrend einer Unterhaltung in einer Kneipe vorgekommen. Haette dies die gleichen Konsequenzen? Jahre vorher?
Ich kann die Entscheidung des Gerichtes nicht beurteilen.
Verstehen tue ich sie aber auch nicht.
Jeder unserer Aeusserungen – wie dieser Kommentar – ist fuer die Ewigkeit.
Und alles wird gleich ernst behandelt.
Gesellschaftlich koennten wir uns da in ein Problem hineinmanoevrieren, wenn alle unsere Aussagen uns ewig vorgehalten werden koennen.
Nebenbei: Gottseidank musste ich hier nicht meinen vollen Namen angeben. Sonst haette ich diesen Komentar nicht geschrieben.
@ Stefan:
Ein paar Anmerkungen zu ihren Äußerungen (wobei ich auch nur Laie bin):
1.) Hätte, hätte, Fahrradkette :-). Ist immer schwer zu beurteilen und kommt nun mal auf die ganz konkreten Einzelumstände an. Hier waren die Fotos und Äuerßungen aber nun mal nicht aus der grauen Studentenzeit von Anno dunnemal, sondern sind recht aktuell.
2.) Das Gericht (BGH) kommt nicht auf den Befangenheitsvorwurf, sondern prüft den Antrag der Verteidigung.
3.) Es kommt nicht auf die tatsächliche Befangenheit an (die wäre defakto wohl auch so gut wie nie nachweisbar), sondern darauf, dass man die Besorgnis des Angeklagten über eine Befangenheit objektiv nachvollziehen kann. Und mal ehrlich, sie als in diesem Fall außnestehender: Würden sie als Angeklagter vor diesem Richter stehen wollen, würden sie dann wirklich noch von einer fairen Beurteilung ausgehen?
Für alle, die’s interessiert und sich selbst ein Bild von der Sache machen möchten:
http://polpix.sueddeutsche.com/polopoly_fs/1.2877408.1456248992!/httpImage/image.jpg_gen/derivatives/860×860/image.jpg
@stefan 19:27. Genau dafür gibt es die gesetzlich vorgesehene dienstliche Stellungnahme des abgelehnten Richters. Der BGH betont geradezu gebetsmuehlenartig, dass der abgelehnte Richter diese nutzen kann, um die geltend gemachte Sorge zu entkräften. Wenn er sich, wie offenbar hier, nicht äussert, dann wird diese Chance vertan. Vielleicht rettet eine solche äusserung vor künftigen befangenheitsantraegen. Vielleicht aber auch nicht.
@ Stefan: Mir ist nicht ganz klar, was dieses “ was wäre, wenn ….“ bringen soll. Es geht um das, was auf der FB-Seite und in den Kommentaren erkennbar wird. Ob für die Ewigkeit oder nicht. Und daraus kann man die „Besorgnis“ (!!!!!!!!!!!!!!) der Befangenheit ableiten.
Aber muss man das unverpixelte Foto in der SZ zeigen, obwohl der Richter das Bild offensichtlich nicht mehr im Internet veröffentlicht haben will?
Dass der BGH „so häufig keinen Gebrauch“ von der Verweisungsmöglichkeit macht, kann ich so nicht erkennen, und dass er generelle Vorbehalte gegen die Qualität beim LG Rostock hätte, auch nicht. Jedenfalls nicht in den Fällen, in denen bei einem LG das zweite Mal aufgehoben wird (z.B. 3 StR 156/15: 2 x Neubrandenburg – > verwiesen nach Rostock).
@Herr Burhoff: zu Ihrem Kommentar @Stefan: Die Frage ist doch, ob sich aus den recht deutlichen Äußerungen des BGH ableiten lässt, dass der Richter ein für allemal ungeeignet sein soll für Strafsachen und ihn somit nunmehr jeder Angeklagte erfolgreich ablehnen kann. Oder ob er bei einem neuen Befangenheitsantrag ggf. durch eine etwas geschicktere dienstliche Stellungnahme dem Verdikt der Voreingenommenheit entkommt. Wenn das nicht möglich ist, täte das Präsidium wohl gut daran, ihn im Zivilrecht unterzubringen.
Diejenigen, die ihm eine „abgesoffene Baukammer“ an den Hals wünschen, sollten mal darüber nachdenken, was den Parteien zugemutet würde, wenn jemand, der die letzten fast 20 Jahre Strafrecht gemacht hat, sich jetzt erst einmal ins Baurecht einarbeiten muss.
Ob man auch für die Zukunft die Besorgnis der Befangenheit auf das (alte) FB-Profil stützen kann, ist doch eine ganz andere Frage, zu der ich mich – jedenfalls sehe ich das nicht – nicht geäußert habe.
Ich kann absolut nicht nachvollziehen, dass der BGH eine Besorgnis der Befangenheit bejaht. Es ist allgemein anerkannt, dass berufliche Belastungen irgendwie kompensiert werden müssen, wenn man nicht ein Opfer des Blackouts werden will. Dass Strafen belastend ist (wenn man es ernst nimmt), wird niemand ernsthaft bestreiten wollen. Übertreiben, Lachen, Bierchentrinken, das sind geradezu klassische Kompensationsmaßnahmen mit positiver psychischer Wirkung.
Im Grunde kommen bei der Einstellung des BGH zum Strafen nur noch Leute in Betracht, die a) gefühlsmäßig leer bleiben oder b) den Blackout in Kauf nehmen. Beides finde ich nicht gut.
„Übertreiben, Lachen, Bierchentrinken, das sind geradezu klassische Kompensationsmaßnahmen mit positiver psychischer Wirkung.“ – ja sicher. Aber nicht auf Kosten der Angeklagten.
@ Richter:
Das alles kann man aber auch im Privaten tun, und nicht nur in der (Facebook) Öffentlichkeit.
Wie auch immer: Aus der Selbstdarstellung des Vorsitzenden kann ich eben nicht erkennen, dass das ganze für ihn belastend ist, es scheint ihm eher Spaß zu machen. Mag sein, dass es nicht so ist – aber der Eindruck entsteht ohne Zweifel, und genau DAS ist mehr als hinreichend für die *Besorgnis* der Befangenheit.
Das hatte doch ersichtlich überhaupt keinen Bezug zum konkreten Verfahren, zum konkreten Angeklagten. Besteht nach Ihrer Meinung auch bei einem Richter, der Ostfriesenwitze erzählt, die Besorgnis der Befangenheit, wenn ein Angeklagter Ostfriese ist?
Vielleicht doch eher §§ 24 ff. StPO (im zweiten Absatz)?
@“Richter“: Wäre mir neu, dass das Erzählen von Witzen zu der Tätigkeit eines Richters gehört und damit das private Über-den-Rand-schießen mit Witzen die Besorgnis der Befangenheit begründen könnte. Die Verurteilung gehört aber tatsächlich zum Tätigkeitsbereich. Und da sollte auch Privat die erforderliche Sachlichkeit gewahrt werden.
Erledigt. Danke
Vielleicht lesen wir einfach noch einmal die Beschlussgründe:
„….Die beschriebene Facebook-Seite enthält auch einen eindeutigen Hinweis auf die berufliche Tätigkeit des Vorsitzenden und betrifft deshalb nicht lediglich dessen persönliche Verhältnisse. Unter diesen Umständen war ein noch engerer Zusammenhang mit dem konkreten, die Angeklagten betreffenden Strafverfahren nicht erforderlich, um bei ihnen die berechtigte Befürchtung zu begründen, dem Vorsitzenden mangele es an der gebotenen Neutralität. Das in dem Ablehnungsgesuch dargelegte Misstrauen in die Unparteilichkeit des Vorsitzenden ist deshalb gerechtfertigt.“‚ Dessen Internetauftritt ist insgesamt mit der gebotenen Haltung der Unvorgenommenheit eines im Bereich des Strafrechts tätigen Richters nicht zu vereinbaren.“
Leitsatz: Der Geschmack von BGH-Richtern bezüglich Internetauftritten ist maßgeblich für die Beurteilung von Besorgnis der Befangenheit.
Das kann doch wirklich nicht wahr sein !
Geeignet, Misstrauen gegen eine unparteiliche Amtsausübung des Richters zu rechtfertigen, sind nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Beteiligten aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unparteiisch gegenüber. Solche objektiven Gründe können hier nicht angenommen werden, weil die humorvolle Einlage keinerlei Bezug zu einem konkreten Fall hat.
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Schwierig zu verstehen, dass nun Skandal-Schildchen hochgehalten werden, weil ein Richter ein privates Facebook-Profil mit einem höchst offenkundig humoristischen gemeintem Eintrag versehen hat. Dass solche Witze einem Strafrichter nicht gut anstehen, mag man mit moralisierendem Zeigefinger kritisieren. Aber die Besorgnis der Befangenheit drängt sich nicht auf. Der maßgebliche objektive Beobachter dürfte derartiges zwar als erstes Indiz einer möglichen Befangenheit des Richters werten. Besorgnis der Befangenheit drängt sich m.E. aus dieser Entäußerung allein aber nicht auf. Ohne weitere Anhaltspunkte, die eine entsprechende innere Haltung des Richters nahe legen, verbleibt eine rein subjektive willkürliche Unterstellung. Es gäbe vielfältige Möglichkeiten der Interpretation allein hinsichtlich des aufgedruckten Spruches. Die Interpretationsmöglichkeiten vervielfältigen sich bei der Frage, wie zu bewerten wäre, dass sich der betroffene Richter den Spruch zu eigen machte. Am Ende hat der BGH der Richterschaft und sich selbst mit dieser Entscheidung „ins Knie geschossen“. Wie selbstverständlich wird man im Rahmen von Strafprozessen als Verteidiger nun jegliche Internetauftritte von Richtern sichten müssen, um Gründe für Befangenheitsanträge aufzuspüren. Wehe dem Strafrichter, der irgendwelche politisch- inkorrekten Filmchen die auf Kosten beliebiger Randgruppen gingen, „geliked“ hat.
„mit einem höchst offenkundig humoristischen gemeintem Eintrag“.
Ich habe mal schnell bei Wikipedia nachgesehen, da für mehr die Zeit nicht reicht. Da finde ich:
„Humor ist die Begabung eines Menschen, der Unzulänglichkeit der Welt und der Menschen, den alltäglichen Schwierigkeiten und Missgeschicken mit heiterer Gelassenheit zu begegnen.[1] Diese engere Auffassung ist in der sprichwörtlichen Wendung Humor ist, wenn man trotzdem lacht ausgedrückt, die dem deutschen Schriftsteller Otto Julius Bierbaum (1865–1910) zugeschrieben wird.
In einer weiteren Auffassung werden aber auch jene Personen als humorvoll bezeichnet, die andere Menschen zum Lachen bringen oder selbst auffällig häufig lustige Aspekte einer Situation zum Ausdruck bringen.“
Wenn Sie meinen, dass das passt, ok.
Für mich ist die Diskussion hier jetzt allerdings beendet, da es m.E. abschweifend wird.
Was mich bei solchen Typen eher umtreibt ist die Frage, warum die überhaupt im Justizdienst und obendrein auch noch Vorsitzende Richter sind. So was ist doch keine einmalige Entgleisung. Und mit Humor hat das nun wirklich gar nichts zu tun. Es ist auch keine bloße Geschmacklosigkeit, sondern offenbart eine bestimmte Haltung, die jemanden zumindest für den Vorsitz in einer Strafkammer ungeeignet macht.
Tja. das mit dem „Humor“ halte ich auch für fragwürdig, abgesehen davon, dass in der dienstlichen Erklärung davon offenbar nichts stand und das nur ein Argument der Kammer in der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch war.
Erinnert irgendwie an John Cleese, der in Fawlty Towers Naziwitzchen gegenüber seinen deutschen Gästen macht und, als sie sich beschweren, an den Kopf wirft: „I’m trying to cheer her up, you bloody Kraut“ und „You have absolutely no sense of homour, do you“
Herr Koch, die Justiz ist heute nicht mehr nur mit rechtslastigen Personen aus dem gutbetuchten Bürgertum besetzt. Der Pluralismus der Gesellschaft spiegelt sich -zumindest ein wenig- mittlerweile auch in der Justiz – und das ist gut so. Und deshalb kann man solche Fragen auch nicht am Geschmack einer bestimmten Schicht messen. Ich bin auch kein Freund von Facebook, finde allerdings das Hemd amüsant und finde den Gedanken, aus ein paar Späßen, die niemandem schaden, auf die Besorgnis von Befangenheit zu schließen, gänzlich abwegig.
Und „amüsant“ ist das Hemd nun wahrlich nicht. Und ich verstehe unter „Späßen“ etwas anderes.
Über Geschmack zu diskutieren, ist ziemlich witzlos (De gustibus non est disputandum.)
Das ganze mag ja Humor / Spaß sein, dass ist aber noch lange keine Entschuldigung bwz. Entkräftung des Anscheins einer gewissen Geisteshaltung: Auch Humor kann etwas über eine Person aussagen bzw. einen objektiv begründeten Anschein (wie die Besorgnis der befangenheit) erwecken. Oder als Beispiel: Wenn die gezeigten T-Shirt, Kommentare, Likes etc. z. B. Judenwitze zum Gegenstand hätten, könnte man das sicherlich genau als Humor / PSaß bezeichnen. Ich hätte allerdings keinerlei Problem damit, wenn so eine Person dann als Nazi eingeordnet werden würde – Humor hin, Spaß her.
“As an online discussion grows longer, the probability of a comparison involving Nazis or Hitler approaches one.”
„Mit zunehmender Länge einer Online-Diskussion nähert sich die Wahrscheinlichkeit für einen Vergleich mit den Nazis oder Hitler dem Wert Eins an.“
– Mike Godwin
Jetzt fehlt nur noch, dass man dem VRiLG Rostock, Herrn W. Str., Spielsucht nachsagt, da er auf seiner Facebook-Seite seine Game-Erfolge anpreist.
Wo steht konkret, dass insbesondere ein Strafrichter auch im privaten Bereich sachlich und angemessen aufzutreten hat? .. Und hier noch zielführender: Woraus soll sich Besorgnis über eine innere Haltung ergeben, wenn der Richter sich privat einmalig unsachlich zeigt?
Möchte man wirklich Strafrichter nur dann amtstauglich heißen, wenn diese grundsätzlich zum „Lachen in den Keller gehen“? Da würde ich mir als Angeklagter eher in diesen Fällen Sorgen machen, dass der Richter keine menschliche Regungen erkennt, also solche auch nicht hinreichend praxisnah würdigen kann.
Herr WPR_bei_WBS, entschuldigen Sie, aber haben Sie noch nie über einen Judenwitz gelacht oder einen solchen gerissen? Häufig reißen übrigens Juden selbst Judenwitze und lachen dazu. Diese dürften deshalb selbstredend nicht im Verdacht stehen, Nazis zu sein. Es kommt auch gar nicht darauf an, ob man Spruch und T-Shirt unter den eigenen Humorbegriff, so man einen eigenen überhaupt hat, einordnen kann. Der persönliche Geschmack ist schlicht vollkommen unmaßgeblich.
Mann könnte die Entäußerung auch als Satire begreifen, oder eben als Ausdruck einer inneren Haltung. Da wären so einige Interpretationen denkbar.
Deshalb erscheint jedenfalls mir die Begründung des BGH-Beschlusses sachlich überaus kritikwürdig, denn eine Auseinandersetzung damit, warum dieser Facebookeintrag eigentlich mit der gebotenen Haltung der Unvoreingenommenheit eines Strafrichters unvereinbar kollidiert, wird nicht vorgenommen.
1.
@Wolfgang (II.)
Es wäre hilfreich, nicht unter einem bereits vorhandenen Namen zu posten.
Wolfgang I.
2. Das T-Shirt mit dem JVA-Aufdruck ist m. E. gar nicht das Problem. Das ist ein mäßig komischer Spruch, der auch von jemandem stammen könnte, der die mangelnde Resozialisierungschancen im Strafvollzug kritisiert.
Problematisch ist die Verknüpfung mit dem Kommentar „Das ist mein ‚Wenn du raus kommst, bin ich in Rente‘-Blick“. Das ist die Verhöhnung der Angeklagten, unter Anspielung auf die Diskrepanz zwischen dem wunschgemäßen und sozialadäquaten Leben des Richters und des dissozialen und devianten Leben von Angeklagten. Diese Verknüpfung von: „Ich gut, Du schlecht“ läßt befürchten, daß der Richter den Angeklagten nicht sachlich und unbefangen gegenübersteht.
Ich bin selbst Straf- und Zivilrichter und ja, auch ich mache privat und unter Kollegen manchen blöden Spruch. Das gehört wie bei Ärzten und Polizisten zum Umgang mit der nicht immer erfreulichen Materie. Um meinem Anspruch an meinen Beruf gerecht zu werden, würde ich mich aber niemals so nach außen derartig äußern. Das bin ich nicht nur mir und meinem Beruf, sondern auch den Menschen schuldig, die vor Gericht stehen, egal was sie getan haben. Meine Aufgabe ist es im Namen des Volkes zu entscheiden und nicht, zu signalisieren, das ich besser sei als „die“.
Manchmal lohnt ein Blick ins Gesetz:
§ 39 Deutsches Richtergesetz
Der Richter hat sich innerhalb und außerhalb seines Amtes, auch bei politischer Betätigung, so zu verhalten, daß das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird.
Das Vertrauen in die Unabhängigkeit geht verloren, wenn sich Richter öffentlich zynisch und herablassend über das gerichtliche Gegenüber auslassen.
Zynisch und herablassend-das sehe ich absolut nicht so. Für mich ist der BGH-Beschluss ein Skandal. Nun gehört es zu den Aufgaben des Verteidigers, das Privatleben des Strafrichters auszuspitzeln bzw.auspitzeln zu lassen. Setzt sich das fort, wird es im Strafrecht nur noch gefühlsklalte kommunikationsscheue Menschen als Richter geben, da nur gefühlskalte und kommunikationsscheue Menschen dann die Anforderungen erfüllen. Gruselig!
Herr Martin Overath, ja da haben Sie recht. Selbstredend aber nur dann, wenn angenommen werden muss, dass der betreffende Facebook-Account überhaupt vom VRiLG betrieben wird und es sich nicht vielleicht um einen Fake-Account handelt. Alles aber auch egal und weit hergeholt, denn ausweislich des Bildes wird der Mann (Er wird es ja wohl sein?) irgendwann mal mit diesem T-Shirt (Bildbearbeitungsprogramme sind Hexenwerk!) am eigenem Leib und mit Bier in der Hand vor irgendeinem Haus gesessen haben. Wir wissen das nicht so genau, weil der VRiLG meinte, jegliche klarstellende Information hierüber ginge die Öffentlichkeit gar nichts an und würde seiner Privatsphäre unterliegen. Die betroffenen Angeklagten dürften es kaum besser wissen, trugen sich dennoch mit Sorge, dass der VRiLG der Mann auf dem Bild sein könnte, dass er jenes T-Shirt trug und auf dem von ihm gehaltenen Facebookaccount diese Situation deshalb veröffentlichte, weil der (nur eine einzige Interpretation zulassende) Spruch seine innere Überzeugung wiedergibt, wonach er willens sein muss, jeglichen Angeklagten der JVA zuzuführen. „Mit Recht“ stellte der Senat fest, weil …. Weil?
@ Wolfgang (I.)
Ihre Ansicht in Bezug auf den Inhalt des Kommentars halte ich für überzeugend. Problematisch bleibt aber, dass hier die betroffenen Angeklagten und BGH einfach mal unterstellt haben, dass („der Internetauftritt“) Bild und Kommentar vom Vorsitzenden stammen. Jener hat einen Zusammenhang jedoch weder bestätigt noch bestritten. Da liegt m.E. der Hase eben bis zu den Ohren im Pfeffer begraben.
Es wäre sicherlich angebracht, nicht irgendwelche „Verschwörungstheorien“ aufzustellen, sondern einfach beim Beschlusstext zu bleiben:
„In der Folgezeit äußerte sich der Vorsitzende dienstlich zu dem den Facebook-Account betreffenden Inhalt des Ablehnungsgesuches wie folgt: „Zum weiteren Vorbringen im Ablehnungsgesuch gebe ich keine Stellungnahme ab. Ich werde mich nicht zu meinen privaten Lebensverhältnissen äußern.“ Am 28. Januar 2015 wies die Strafkammer die Ablehnungsgesuche der Angeklagten als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Internetauftritt des Vorsitzenden betreffe ausschließlich dessen persönlichen Lebensbereich und sei offensichtlich humoristisch geprägt.“
Und jetzt mache ich mal etwas, was beim BGH im Rahmen der Beweiswürdigung kaum halten würde.: Ich stelle nämlich die Frage: Meinen Sie nicht, dass der Vorsitzende sich anders geäußert hätte, wenn es nicht sein FB-Account gewesen wäre, der gehackt worden wäre, mit einer Bildbearbeitungssoftware ihm das T-Shirt auf den Leib „gezaubert“ worden wäre.
@ Richter
Wenn Sie schreiben “ Nun gehört es zu den Aufgaben des Verteidigers, das Privatleben des Strafrichters auszuspitzeln bzw.auspitzeln zu lassen“, so lässt mich Ihre Wortwahl frösteln.
Sie vergessen, dass die Kollegen nur das abgerufen haben, was der Herr Vorsitzende selbst von sich in eine öffenlich zugängliche Quelle eingestellt hat, weil er es offensichtlich lustig gefunden hat und/odersich toll vorgekommen ist.
Das hat mit Spitzelei aber absolut nichts zu tun. Dies könnte nur dann gegeben sein, wenn der Herr Vorsitzende, sein Leben und sein Umfeld, durch verdeckte „Ermittler“ systematisch ausgespäht worden wäre und zB dieses Bild unter Vertrauensbruch bei ihm, einem Bekannten oder sonstigem Dritten abgeluchst oder gestohlen worden und veröffentlicht worden wäre.
Einfach einen Namen bei FB oder Google eingeben ist wahrlich kein Hexenwerk und noch weniger Spitzelei.
Herr Herrmann, es gibt diverse allgemein zugängliche Quellen. Genau die nutzen auch private Ermittler und Geheimdienste hauptsächlich. Wenn jemand auf der Straße ist, bewegt er sich im öffentlichen Raum, auch wenn er in der Kneipe sitzt. Was ist da anders als das Durchforsten des Internets? Ich unterstelle keinem Verteidiger rechtswidriges Verhalten. Aber für das Ausspitzeln gibt es nun mal vielfältige (legale) Quellen.
Herr Burhoff, das tue ich gern, auch wenn der BGH im betreffenden Beschluss ohne eigene Verschwörungstheorie eben leider nicht auskommt:
Es ist (ohne verschwörungstheoretische Unterstellung) nicht anzunehmen, dass der zurückweisende Beschluss der Kammer vom 28. Januar 2015 auf einer Informationslage beruht, die über den Inhalt der dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden hinausgeht. Der hatte sich nicht geäußert. Dementsprechend bleibt nur anzunehmen, dass auch im Beschluss der Kammer dem Vorsitzenden der beanstandete Facebook-Account als Teil dessen persönlichen Internetauftritts nur unterstellt wurde. Auf Grundlage einer Unterstellung begründete man die Zurückweisung damit, dass der Account (jedenfalls) offensichtlich humoristisch geprägt sei. Wenn Sie mich fragen, ist diese Begründung des Kammerbeschlusses nicht nachvollziehbar und fehlerhaft. Das Urteil kann allerdings nicht auf diesem Fehler nicht beruhen, denn bei hinreichender Würdigung der dienstlichen Stellungnahme hätte ebenfalls eine Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs erfolgen müssen.
Zu Ihrer konkreten Frage lautet meine hypotheseschwangere Antwort: „NEIN“. Weil er nämlich als erfahrener VRiLG wissen dürfte, dass jedwede Information einer Wertung durch Dritte (insbesondere einer Überprüfung durch das Revisionsgericht). Halten Sie es daneben für angemessen, dass Richter ihr eigenes Privatleben vor der Verteidigern und mutmaßlichen Straftätern kommentieren? Würden Sie dies tun?
Ist es abwegig, dass ein erfahrener VRiLG sich jegliche Kommentierung seines Privatleben verbitten möchte? Sinnvoller Weise kommentiert er also gar nicht. Denn:
“Don’t wrestle with pigs. You both get dirty and the pig likes it.”
Herr Burhoff, ich sehe auch überhaupt keinen Anlass für Verschwörungstheorien. Die Strafkammer, die ohne Beteiligung des Vorsitzenden über das Ablehnungsgesuch entschieden hat, wird den Vorsitzenden sicher kennen und erkennen.
Die Stellungnahme „Zum weiteren Vorbringen im Ablehnungsgesuch gebe ich keine Stellungnahme ab. Ich werde mich nicht zu meinen privaten Lebensverhältnissen äußern.“ finde ich völlig in Ordnung. Das Foto entstammt -offensictlich- dem privaten Lebensbereich, Und genau diesem privaten Lebensbereich entstammen auch die weiteren Äußerungen, auch wenn sie sich auf die Berufstätigkeit beziehen.
Aber wer keine normalen Menschen als Strafrichter haben will, sondern eine Art Roboter, der muss dann halt auf die Dauer mit emotional und kommunikativ Gestörten Vorlieb nehmen. Mir würde das weder als Verteidiger noch als Angeklagter gefallen.
Wie sagte schon Tegtmeyer?: „Mensch bleiben!“
Nur so viel und dann ist für mich die Diskussion auch wirklich zu Ende: Es ist aber in dem Profil Privates und Dienstliches miteinander verknüpft.
Und wo der BGH eine Verschwörungstheorie aufstellt, vermag ich nicht zu erkennen.
Mann oh Mann, das wird ja immer schlimmer. Ich habe den Beruf des Strafrichters ewig lange ausgeübt und kann mich nur noch wundern, mit welch teilweise absurden und abenteuerlichen Begründungen hier Kollegen versuchen, diesem offensichtlichen Troll zur Seite zu stehen. Versetzt euch doch selbst mal in die Lage, angeklagt zu sein (vielleicht auch noch zu Unrecht), und dann so jemanden als Vorsitzenden vor sich zu haben. Ihr glaubt doch wohl selbst nicht, dass ihr dann immer noch Vertrauen in seine Unvoreingenommenheit gegenüber Angeklagten hättet. Für mich ist alles gesagt, es kann nur noch schlimmer werden. Diejenigen, die hier den Kollegen glaubten verteidigen zu müssen, möchte ich jedenfalls niemals als Richter in einem Fall haben, der mich oder jemanden angeht, den ich kenne und vielleicht sogar mag.
Danke für die Möglichkeit der Diskussion dieses Themas!
Die Argumentation des BGH ist offenkundig dort unterbrochen, wo er dem Vorsitzenden den streitigen Facebook-Account zuordnet. Eine verlässliche Feststellung, ob die Sorge der Angeklagten berechtigt sein könne, es handele sich um den Account des Vorsitzenden, fehlt schlicht. Der Vorsitzende hat hierzu jede Informationen verweigert.
Also aus welcher Feststellung zieht der Senat den konkreten Schluss, der Facebook-Account mit seinem streitbaren Inhalt sei ein Internetauftritt des Vorsitzenden? (Zitat:) „Der Inhalt der öffentlich und somit auch für jeden Verfahrensbeteiligten zugänglichen Facebook-Seite dokumentiert eindeutig eine innere Haltung des Vorsitzenden. ….Dessen Internetauftritt ist insgesamt mit der gebotenen Haltung der Unvorgenommenheit eines im Bereich des Strafrechts tätigen Richters nicht zu vereinbaren.“ Festgestellt sind konkret nur ein Bild, auf dem eine dem Vorsitzenden zumindest sehr ähnliche Person abgebildet ist und das Teil eines Facebookprofils ist, dass den Namen des Vorsitzenden wiedergibt.
Der BGH folgert demnach aus dem Namen des Profils, es müsse sich um einen Internetauftritt des Vorsitzenden handeln und unterstellt gleichermaßen, der „Rentenblick“- Kommentar und der „Like“ des accountfremden „Gardinen“-Kommentars stammten direkt vom Vorsitzenden; wenigstens hätte er Einfluss auf die öffentliche Verbreitung des so anzusehenden Accounts. Alles gut und schön, aber sind etwa (ohne mein Wissen) schon Wahrscheinlichkeiten dafür ausgerechnet worden, inwieweit von einem Facebook-Account selbst auf den tatsächlichen Accountinhaber geschlossen werden kann und der Accountinhalt insgesamt ausschließlich dem Accountinhaber zugerechnet werden kann? Das wäre ja schön! Das würde nämlich Strafverfolgungsbehörden aufwendige Ermittlung und Zuordnung von IP-Adressen zu bestimmten Uhrzeiten im Bereich internetbasierter Straftaten ersparen. Der BGH also auf
Stellt man Feststellungen und Begründung des Senatsbeschlusses gegenüber, liegt nahe, dass der Senat einen Ansatzpunkt für seine Zuordnung in dem Beschluss der Kammer über das Ablehnungsgesuch sieht, weil in der Begründung des Ablehnungsbeschlusses der betreffende Account dem persönlichen Lebensbereich des Vorsitzenden zugeordnet wird. Aus meiner Sicht dürfte der Senat aufgrund der im Beschluss aufgeführten Feststellungen hieraus eben aber diese fehlerhafte Zuordnung nicht aufrechterhalten, es sei denn der Senat ginge gleichsam davon aus, der Vorsitzende hätte der Kammer gegenüber, anders als die offizielle dienstliche Stellungnahme vermuten lässt, offenbart, dass das Facebook-Profil tatsächlich Teil seiner privaten Lebensverhältnisse ist.
Guten Abend!
Und immer dann, wenn ein Richter nichts gegen den konkreten Angeklagten hat, sondern einfach alle über einen Kamm schert, muss man Befangenheit nicht befürchten, weil er alle seine Angeklagten per se und radikal egalitär als Kriminelle betrachtet?
Seit wann ist die Sicht eines objektiven Dritten unter Berücksichtigung eventueller Auslegungen maßgeblich und nicht, wie der BGH zu Recht betont, die Sicht des Angeklagten?
Wenn Verteidiger legale Quellen auf legale Weise prüfen, ob es gegen die Besetzung ds Gerichts und die Beteiligten Bedenken gibt, ist das schlimmer als im Zweifel einen Richter zu ertragen, der Freude am Wegsperren hat und damit in Kauf zu nehmen, dass Angeklagte unnötig (lange) ihrer Freiheit beraubt werden? Interessant.
Das Schlimme ist, dass diese Geisteshaltung sicher bei weit mehr Richtern als nur dem Betroffenen existiert, die anderen nur clever genug sind, das nicht so zu postulieren.
Wenn man ein wenig Verhandlungserfahrung mitbringt merkt man, dass eine konsequente Anwendung des 339 StGB für freie Richterstellen zu hauf sorgen würde. In ALLEN Instanzen.
Herr Schlepps, wie kommen Sie darauf, dass der Vorsitzende „Freude am Wegsperren“ hat? Derartige Unterstellungen sind doch kompletter Unsinn. Ich schließe aus den Fakten viel eher darauf, dass er sich mit der Notwendigkeit des Strafens abgefunden hat, die daraus resultierenden Belastungen aber auf eine Weise kompensieren muss, für die Herr Burhoff und der BGH-Senat kein Verständnis haben, die ich aber amüsant finde. Ich finde jedenfalls nicht, dass der Facebook-Account vom Standpunkt eines Angeklagten bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken könnte, der Vorsitzende stehe der Sache nicht unparteiisch gegenüber. Mir wäre als Verteidiger oder Angeklagter dieser Vorsitzende als Strafrichter allemal lieber als die, die den BGH-Beschluss zu verantworten haben
Übrigens heißt es in einem anderen Bericht (http://justillon.de/2016/02/die-jva-gibt-ihnen-auch-in-zukunft-ein-zuhause/): „Im Übrigen sei der betroffene Richter- wie man aus Justizkreisen hört – für seine sachliche und seriöse Vorgehensweise bekannt.“
Da heißt es aber auch: „Insgesamt sei dieser Fall auch eher in die Kategorie „Skurriles“ einzuordnen.“, was er ja nun wohl wirklich nicht ist.
Im Übrigen werde ich die Kommentarfunktion jetzt schließen. Ich meine, dass nach 65 Kommentaren die Meinungen ausreichend ausgetauscht sind. Das was jetzt noch kommt, können m.E. allenfalls Wiederholungen sein.