Nun hat auch das OLG Hamm zur Videomessung entschieden, allerdings „zwiespältig“. Der 1. Senat für Bußgeldsachen hat in seinem Beschluss vom 22.12.2009 – 1 Ss OWi 960/09 – § 100h StPO als Grundlage für eine verdachtslose Videomessung (VKS) abgelehnt, allerdings dann nicht ein Beweisverwertungsverbot angenommen, sondern dieses nach einer Abwägung verneint. Also anders als das OLG Oldenburg, das ein Beweisverwertungsverbot angenommen. Vielleicht legt ja mal ein OLG beim BGH vor, damit Klarheit in den sich abzeichnenden Streit kommt.
Eine berechtigte Forderung, Herr Burhoff. Mehr noch: Nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 121 Abs. 2 GVG ist das Oberlandesgericht bei einer Divergenz zur Vorlage an den BGH verpflichtet, es gibt keine Spielraum. Warum hat hier das OLG Hamm trotz der von ihm selbst erkannten Divergenz zum OLG Oldenburg nicht vorgelegt, ja nicht einmal die Vorlagevoraussetzungen in seiner Begründung geprüft?
Hallo, gute Frage :-). Aber es ist ja nicht nur das OLG Hamm, sondern die anderen OLGs auch, die nicht vorlegen. Allerdings habe ich die Vorlegungsvoraussetzungen jetzt nicht im Einzelnen geprüft. Kommt ja immer auch auf den Sachverhalt an. Wenn das allerdings so weiter geht, muss sich der Verteidiger bald einen „Atlas“ anlegen und da die jeweiligen Rechtsauffassungen der OLGs eintragen, um noch den Überblick zu behalten.
Aber das OLG Hamm hat erstmals einen genau vergleichbaren Fall gegensätzlich zum BVerfG entschieden. Das geht ja schon mal gar nicht. Hoffentlich führt das wenigstens dazu, dass das BVerfG seine für viele Juristen weit deutbaren Ausführungen präzisiert. Gibt es vielleicht eine Art „Fachaufsicht“, so dass das BVerfG von sich aus tätig wird/werden kann?
Hallo, ob das eine „genau vergleichbarer Fall“ ist/war, der „gegensätzlich“ entschieden worden ist, ist m.E. nicht so klar. Aber darauf kommt es auch gar nicht, sondern darauf, ob ggf. entscheidungstragend von der Rechtsprechung anderer OLGs abgewichen wird. Das BVerfG hat im Übrigen keine „Fachaufsicht“.
Die Entscheidung aus Hamm (und die vergleichbaren) macht mich fassungslos. Sie ist krass falsch und beweist mE mal wieder, dass hier nach der Schweinehund-Theorie vorgegangen und die Verfassung mit Füßen getreten wird. Eigentlich ist es doch ganz einfach: Dass es sich bei der Fertigung von Videoaufnahmen um einen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung handelt, wird man nicht ernsthaft bestreiten können. Das zu lesenden Argument, dieser Eingriff sei aber gering ist demgegenüber – selbst wenn es zutrifft – ebenso überflüssig. Es bleibt ein Eingriff dem Grunde nach. Und dafür sieht Artikel 2 GG nunmal einen Gesetzesvorbehalt vor. Das ist so einfach, dass es nach dem 2. Semester nicht mehr gelehrt wird. Einige haben das auch verstanden und konstruieren (allerdings ebenso falsch und offensichtlich notgedrungen) § 100h StPO als Ermächtigungsgrundlage. Der Senat in Hamm hat zumindest verstanden, dass letzteres falsch ist; nur leider eben den Gestzesvorbehalt des Art. 2 GG schlichtweg übersehen. 0 Punkte – setzen!
Es grüßt
Peter Strüwe (der sich ein wenig in Rage geschrieben hat – sorry!)
nun mal ganz ruhig. angeblich hat das OLG Düsseldorf ja anders entschieden 🙂
Pingback: LexisNexis® Strafrecht Online Blog » Blog Archiv » Wochenspiegel für die 18.KW – oder wir schauen mal wieder über den Tellerrand