In der Praxis ist eine deutliche Verschärfung der Rechtsprechung zum Absehen vom Fahrverbot zu erkennen, die dazu führt, dass in noch weniger Fällen vom Fahrverbot abgesehen wird als es schon früher der Fall war. Daher sind manche Entscheidungen besonders überraschend. So für mich das AG Strausberg, Urt. v. 30. 5. 12 – 14 OWi 282 Js-OWi 3933/11 (113/11) , das einen selbständigen Fliesenleger betroffen hat. Das AG hat bei ihm vom Fahrverbot abgesehen und hat seine Absehensentscheidung damit begründet, dass bei dem Betroffenen eine Existenzgefährdung durch das Fahrverbot nicht auszuschließen sei. Dies sei insbesondere der Fall, weil der Betroffene ständig und durchgehend bereit sein müsse, Aufträge im gesamten Bundesgebiet anzunehmen, Urlaub für ihn nicht in Betracht komme und auch eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ausgeschlossen sei, da der Betroffene darauf angewiesen sei, auch Arbeits- und Baumaterial zu transportieren.
Was ist daran nun besonders. Nun, der Betroffene ist wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 1 StVG verurteilt worden, also wegen einer Trunkenheitsfahrt. In den Fällen ist aber nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ein Absehen von einem Fahrverbot nur bei außergewöhnlichen Tatumständen oder Härten möglich/zulässig (vgl. u.a. OLG Hamm NZV 1995, 496 = VRS 90, 207; DAR 1999, 84 = VRS 96, 231 = NZV 1999, 214; zuletzt VA 2008, 156). Das wird mit der Formulierung in § 25 Abs. 1 Satz 2 StVG begründet, wonach ein Fahrverbot „in der Regel anzuordnen ist“. In § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG ist für die Fälle des Fahrverbotes nach § 24 StVG nur formuliert, dass ein Fahrverbot angeordnet werden „kann“. Von daher ist die Entscheidung des AG sehr großzügig. Denn „außergewöhnlich“ i.S. der obergerichtlichen Rechtsprechung sind/waren die vom AG dargelegten Umstände nicht. Das AG hat sich auch mit keinem Wort mit der o.a. obergerichtlichen Rechtsprechung auseinander gesetzt. Dem Betroffenen wird es egal sein. Er wird sich über die Entscheidung freuen.