Das 2. Opferrechtsreformgesetz und die dadurch eingeführten Änderungen bei den Auswahlkriterien des (Pflicht)Verteidigers macht m.E. die Sichtweise/Argumentation an einer Stelle erforderlich, an die der ein oder andere gar nicht gedacht hat. Nämlich bei der Frage der Erstattung der Kosten des auswärtigen (Wahl)Verteidigers. Wenn der Gesetzgeber nämlich als Grundf für die Änderung in § 142 Abs. 1 StPO anführt, dass nach der Rechtsprechung für die Beiordnung das „Vertrauensanwaltsprinzip“ im Vordergrund stehen müsse, dann muss das m.E. auch für die Auswahl des Wahlverteidigers gelten und kann der Beschuldigte sich auch einen ortsansässigen Rechtsanwalt wählen. Dem kann dann im Rahmen von § 464a StPO hinsichtlich der Erstattung der Reisekosten nicht mehr entgegengehalten werden können: Hättest ja einen vor Ort nehmen können/müssen. So aber noch LG Bochum, Beschl. v. 15.10.2009 – 3 Qs 230/09. Insoweit ist der Beschluss des LG Bochum daher falsch. Ansonsten hinsichtlich der Kriterien des § 14 RVG: Nicht zu beanstanden.
Es ist zwar schön, daß das LG Bochum dem Verteidiger die Mittelgebühren belassen hat. Gleichwohl wird so getan, als seien die Mittelgebühren so üppig und der Arbeitseinsatz so geringfügig, daß man durchaus auch über einen Abschlag hätte nachdenken können. Diese ständige Sticheleien gegen Qualität und Quantität der Arbeit von Anwälten ist nur schwer erträglich.
Zum einen wird nicht beachtet, daß sich ein Großteil der Arbeit eines Verteidigers „hinter den Kulissen“ abspielt und die Besprechungen mit Mandanten und deren Angehörigen betrifft. Daß es sich bei den Gebühren nur um den Bruttoumsatz des Anwalts handelt, den er zu versteuern und mit denen er seine Kanzlei nebst Personal unterhalten muß, wird von jenen, die für ihr beheiztes Büro und ihr Personal keinen Cent bezahlen müssen, nicht beachtet. Daß schließlich auch die RVG-Gebühren bei steigenden Kosten schon seit fünf Jahren nicht mehr erhöht worden sind, findet ebenfalls keinen Niederschlag in den Entscheidungen derjenigen, deren Interessenvertretung regelmäßig ganz uneigennützig 3-5% Besoldungserhöhung fordert.
Selbst wenn im Einzelfall einmal eine unterdurchschnittliche Tätigkeit vorliegt, die nur geringere Gebühren rechtfertigt, so ist doch zu beachten, daß ein weit überdurchscnnittlicher Einsatz des Verteidigers ebenfalls nur selten mit einem Aufschlag honoriert wird. Aus Sicht des Gerichts sind fast immer nur die Mittelgebühren angemessen, selbst wenn der Freispruch nur dadurch zustande gekommen ist, daß der Verteidiger sich für den Mandanten ein Bein ausgerissen hat. Es wird also bei unterdurchschnittlichem Aufwand ein Abschlag, bei überdurchschnittlichen aber kein Aufschlag vorgenommen.