Immer wieder geht es in der Praxis um die Frage der nachträglichen Pflichtverteidigerbeiordnung, die es – wie die Obergerichte gebetsmühlenartig immer wieder holen – nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens nicht gibt, da die Pflichtverteidigung nicht im Kosteninteresse des Rechtsanwalts besteht.
So weit – na ja, ob so gut, ist eine andere Frage. Dagegen kann man sicherlich das ein oder andere einwenden und es gibt ja auch eine ganze Menge Landgerichte, die das anders sehen. Zumindest im Fall der Einstellung des Verfahrens nach § 154 StPO. Denn da wird häufig eingestellt und „vergessen“, den Rechtsanwalt (noch) beizuordnen. Da wird dann schon mit einer nachträglichen Beiordnung „geholfen“.
Leider aber nicht in LG Leipzig, Beschl. v. 04.07.2011 – 6 Qs 31/11. Wenn man gewollt hätte, hätte man m.E. „helfen“ können. Aber man wollte wohl nicht – aus welchen Gründen auch immer.
Und das ist gar nicht so selten. In solchen Fällen habe ich (in meiner Eigenschaft als Kostenbeamter) immer erhebliche Bauchschmerzen, wenn ich die Festsetzung zurückweisen muss.
Die Voraussetzungen für die Beiordnung lagen zum Zeitpunkt der Einstellung vor. Die Beiordnung hat gemäß § 141 Abs. 1 StPO bereits mit der Zustellung der Anklageschrift, bei späterem Erkenntnis der notwendigen Verteidigung gemäß § 141 Abs. 2 StPO „sofort“ zu erfolgen. Liegt damit ein eindeutiger Gesetzesverstoß des Amtsgerichts vor, indem die Beiordnung unterlassen („vergessen“?) wurde, kann man m.E. nicht damit argumentieren, die Beiordnung diene nicht dem Kosteninteresse des Verteidigers; die rechtswidrige Unterlassung der Pflichtverteidigerbestellung dient nämlich auch nicht dem Kosteninteresse der Staatskasse.
@ Rpfl. Niedersachen: Das ehrt Sie – die meisten Ihrer Kollegen haben die „Bauchschmerzen“ nicht.
@ Alan Shore: Das bringen Sie mal einem OLG bei :-(. Die LG „helfen“ da ja teilweise.
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