Und zum Tagesschluss dann noch der KG, Beschl. v. 05.04.2022 – 3 Ws (B) 86/22. In der Entscheidung nimmt das KG zu den Anforderungen an die Urteilsgründe Stellung, wenn der Tatrichter das Absehen vom Fahrverbot verneint. Insoweit nichts Besonderes, aber die Übrigen Ausführungen des KG zur Entscheidung des AG führen dann doch zu der Frage, ob man weinen oder lachen soll. Ich habe mich nicht entscheiden können und überlasse es den Lesern, das für sich zu entscheiden:
Das KG hat nämlich zu der Entscheidung des KG „angemerkt“:
„1. Es kann offen bleiben, ob das Urteil bereits deshalb durchgreifend rechtsfehlerhaft und aufzuheben ist, weil es logisch unverständlich ist. Es scheint so, dass der Abteilungsrichter die Gründe mit einer Software diktiert und den in Teilen ungeordneten und wirren Text hiernach nicht mehr gelesen, sondern nur noch abgezeichnet hat. Dass ein solches Vorgehen den Bestand des Urteils gefährdet, ist dem befassten Bußgeldrichter bereits im Verfahren 3 Ws (B) 211/21 durch einen Beschluss des Senats, ersichtlich ungehört, mitgeteilt worden. Unabhängig davon, ob der Sinn der für sich unverständlichen Passagen durch Auslegung zu ermitteln ist, gefährdet die offenbar eingeschliffene Praxis der Abteilung nach Auffassung des hier entscheidenden Einzelrichters nicht nur den Urteilsbestand, sondern auch das Ansehen der Justiz. Die Urteilsgründe muten in Teilen satirisch an (z. 3. „Schrittgeschwindigkeit von 70 km/h“, „Hauptwarnung“ statt Hauptverhandlung u.v.m.).
2. Im vorgenannten Senatsbeschluss ist auch die Wirksamkeit der Unterschrift des Abteilungsrichters in Frage gestellt worden, die in ihrer geringen Komplexität einen Buchstaben weder erkennen noch erahnen lässt. Auch dies hat zu keiner Abhilfe geführt. Aber auch über die Wirksamkeit der Unterschrift muss hier nicht entschieden werden.“
Dass die Begründung der Fahrverbotsentscheidung dann auch nicht passt, überrascht moch dann nicht:
„3. Denn jedenfalls ist das Urteil aufzuheben, weil die Bemessung der Rechtsfolgen, über die ausschließlich entschieden worden ist, rechtsfehlerhaft begründet ist.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer an den Senat gerichteten Zuschrift Folgendes ausgeführt:
„Der Hinweis darauf, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung massiv gewesen sei, ist nicht geeignet, eine Erhöhung des Regelsatzes um immerhin mehr als 30 % zu begründen. Zwar bilden 40 km/h das Höchstmaß der unter Nr. 11.3.6 erfassten Überschreitung (von 31 km/h bis 40 km/h). Eine Differenzierung innerhalb der laufenden Nummern, die mit Ausnahme von Nr. 11.3.10 (über 70 km/h) jeweils Geschwindigkeitsüberschreitungen mit einer Spanne von maximal 9 km/h betreffen, sieht § 1 BKatV jedoch nicht vor; lediglich bei Nr. 11.3.10, die kein Höchstmaß benennt, mag dies anders zu beurteilen sein. Eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 40 km/h ist gerade ein von Nr. 11.3.6 (noch) erfasster gewöhnlicher Tatumstand im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 BKatV.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen, die das Amtsgericht bei der Bemessung der Geldbuße „auch“ berücksichtigt hat, tragen die Erhöhung des Regelsatzes schon deshalb nicht, weil dazu keine Feststellungen getroffen worden sind.
b) Die Anordnung des einmonatigen. Fahrverbotes unter Wirksamkeitsbestimmung gemäß § 25 Abs. 2a StVG stellt sich gleichfalls als rechtsfehlerhaft dar.
(1) Auch in den Regelfällen des § 4 Abs. 1 BKatV steht dem Tatgericht ein Ermessensspielraum zu, um Verstößen im Straßenverkehr mit der im Einzelfall angemessenen Sanktion zu begegnen. Die Frage, ob die Würdigung der Tat und der Persönlichkeit des Betroffenen besondere Umstände ergibt, nach denen es ausnahmsweise der Warn- und Denkzettelfunktion eines Fahrverbotes im Einzelfall nicht bedarf, liegt grundsätzlich in seinem Verantwortungsbereich. Die tatrichterliche Entscheidung wird durch das Rechtsbeschwerdegericht demzufolge nur daraufhin überprüft, ob das Tatgericht sein Ermessen deshalb fehlerhaft ausgeübt hat, weil es die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt, die Grenzen des Ermessens durch unzulässige Erwägungen überschritten oder sich nicht nach den Grundsätzen und Wertmaßstäben des Gesetzes gerichtet hat (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Juli 2021 — 3 Ws (B) 182/21).
(2) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil jedenfalls in einer Ge-samtschau der nachfolgenden Erwägungen nicht gerecht:
(aa) Ein ausnahmsweises Absehen von der Anordnung eines Fahrverbotes hat das Amtsgericht zwar geprüft und verneint. Die rechtsfehlerhafte Erhöhung der Regelgeldbuße — wie unter a) dargelegt — ließe sich auf Grundlage der getroffenen Feststellungen jedoch nur mit einer Entscheidung gemäß § 4 Abs. 4 BKatV rechtfertigen.
(bb) Soweit das Gericht zur Begründung auf einen in der Hauptverhandlung eingereichten, in Augenschein genommenen und verlesenen Arbeitsvertrag des Betroffenen Bezug nimmt, ist dem Senat eine Überprüfung der insoweit angestellten Ermessenserwägungen nicht möglich. Eine Verweisung nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO (in Verbindung mit § 71 Abs. 1 OWiG) ist nur auf Ab-bildungen zulässig, nicht auch auf Schriftdokumente (vgl. nur Senat, Beschluss vom 23. April 2021 — 3 Ws (B) 87/21 —).
(cc) Der Zeitablauf von über eineinhalb Jahren zwischen Tat und Urteil allein gibt zwar noch keinen Anlass für eine Entscheidung gemäß § 4 Abs. 4 BKatV. Andere Umstände, die für die Beurteilung der Frage, ob das Fahrverbot seinen erzieherischen Zweck noch zu erfüllen vermag, von Bedeutung sein könnten, etwa ob in der Zwischenzeit weitere verkehrsordnungsrechtliche Zuwider-handlungen des Betroffenen bekannt geworden sind sowie ob und inwieweit ihm die Verzögerung anzulasten ist, gehen aus dem Urteil aber nicht hervor. In der Hauptverhandlung verlesen wurde ausweislich der Gründe lediglich ein Auszug aus dem Fahreignungsregister vom 1. August 2020, also auf dem Stand von kurz nach dem Tattag.
3. Der Senat kann nicht gemäß § 79 Abs. 6 OWiG selbst entscheiden, weil das Urteil hierfür — im Wesentlichen aus den bereits unter 2. b) (2) (bb) und (cc) genannten Gründen — keine hinreichende Grundlage bildet.“
Diesen zutreffenden Ausführungen folgt der Senat.