Zum Wochenauftakt zunächst einen „kleinen“ Beschluss des BGH; daher „BGH-Räusperer“. Es geht um EncroChat. Geschickt haben mir den Beschluss der Kollege Rakow aus Rostock und der Kollege Stehr aus Göppingen, die beide in Sachen Encro bundesweit unterwegs sind.
Ich erinnere zunächst noch einmal an die zahlreichen OLG-Entscheidungen, die es inzwischen zu EncroChat gibt, von denen ich hier ja auch einige vorgestellt hatte, und zwar u.a. den KG, Beschl. v. 30.08.2021 – 2 Ws 79/21 – zum LG Berlin, Beschl. v. 01.07.2021 – (525 KLs) 254 Js 592/20 (10/21) – (dazu StPO I: EncroChat beim KG, oder: “das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden der rechtstreuen Bevölkerung”) mit weiteren Hinweisen auf andere OLG-Beschlüsse. Die OLG haben alle die Ergebnisse als verwertbar angesehen.
Und: Alle hoffen auf den BGH, das BVerfG und dann ggf. den EGMR. Von den Dreien hat sich nun der BGH geäußert. Nun „geäußert“ ist vielleicht ein wenig viel. Sagen wir: Der BGH hat sich „geräuspert“. Aber an dem Räusperer kann man schon mal sehen, wohin die Reise betreffend EncroChat auch beim BGH gehen dürfte, wenn sich der BGH „richtig äußerrt“. Nämlich in Richtung „Verwertbarkeit der Beweisergebnisse“. Ich sage jetzt nicht: Ich habe es schon immer gesagt, ist aber leider so. Damit bleiben dann wohl nur noch BVerfG und ggf. EGMR.
Denn der BGH hat sich im BGH, Beschl. v. 08.02.2022 – 6 StR 639/21 -wie folgt geäußert:
„Die aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen unzulässige Verfahrensrüge wäre auch unbegründet. Der Senat sieht im Ergebnis die aus der Überwachung der Kommunikation über den Krypto-Messengerdienst EncroChat durch französische Behörden gewonnenen Erkenntnisse im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung als im Strafverfahren verwertbar an (vgl. etwa KG, NStZ-RR 2021, 353 mwN).“
Also: „im Ergebnis…… verwertbar.“ = wir begründen das ggf. etwas anders, aber das Ergebnis wird sich nicht ändern.
Und wer jetzt ggf. meint, dass ja noch der Weg zum Großen Senat für Strafsachen offen sei, wenn nun ein anderer Senat das anders sehen sollte (was ich nicht glaube). Nein, den Weg muss man m.E. nicht gehen. Denn die Ausführungen des BGH zu EncroChat sind/waren nicht tragend.
Ein Hoffnungsschimmer bleibt vielleicht aber doch noch. Der BGH-Beschluss datiert vom 08.02.2022. Zu dem Ganzen sollen ja neue Erkenntnisse vorliegen, wie sich die „Einbindung“ der deutschen Behörden abgespielt haben soll (vgl. u.a. hier). Die hat der BGH bei seinem „Räusperer“ noch nicht berücksichtigen können. Mal sehen, ob die an der Rechtsprechung der OLG und dann ggf. auch des BGH etwas ändern. Man darf gespannt sein. Vor Überraschungen ist man ja nie sicher.