Archiv für den Monat: Februar 2022

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Muss ich hier einen Erstreckungsantrag stellen?

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Am Freitag hieß es: Ich habe da mal eine Frage: Muss ich hier einen Erstreckungsantrag stellen? Und hier kommt dann die Antwort:

„Interessante Frage.

M.E. kann man das aus der Abheftung schon folgern – das ist die berühmte „juristische Sekunde“. Zudem soll die Akte ja den Ablauf des Verfahrens wiedergeben – also Verbindung und dann Beiordnung, also § 48 Abs. 6 Satz 1 RVG.

Da man aber nie genau weiß, was ein Rechtspfleger macht und auf welche Idee er kommt, würde ich vorsorglich die Erstreckung beantragen unter Hinweis darauf, dass du an sich von Satz 1 ausgehst. Dann mag sich das Gericht positionieren: Entweder Erstreckung ist nicht erforderlich – § 48 Abs. 6 Satz 1 RVG – oder eben ist erforderlich und dann muss es entscheiden. Besser jetzt klären als den Eiertanz bei der Vergütungsfestsetzung beginnen.“

StPO II: Telefonerlaubnis für den Beschuldigten?, oder: Pandemielage und Sohn im Ausland, also ja

Und als zweite StPO-Entscheidung dann etwas zur Telefonerlaubnis, und zwar der AG Nürnberg, Beschl. v. 10.02.2022 – 57 Gs 1224/22. Ergangen ist der Beschluss in einem sog. BtM-Verfahren. Der Beschuldigte hatte eine Erlaubnis für ein Telefonat mit seinem im Ausland lebenden Sohn beantragt. Die StA hat das abgelehnt. Der dagegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte dann Erfolg:

„Die Verfügung war aufzuheben, da sie nicht der Sach- und Rechtslage entspricht.

Weshalb ein Telefonat mit dem im Ausland lebenden Sohn dem Zweck der Untersuchungshaft widersprechen soll, wie in der Verfügung apodiktisch behauptet, jedoch nicht näher begründet wird, ist nicht nachvollziehbar. Die Behauptung, Telefonate seien mit der Anstaltsordnung unvereinbar, ist – unabhängig davon, dass diese ebenfalls apodiktische Behauptung für das Gericht nicht nachvollziehbar ist – irrelevant; Gründe der Anstaltsordnung haben bei der grundsätzlichen Frage von Genehmigungen von Telefonaten außer acht zu bleiben, weil § 119 StPO die Erteilung von Beschränkungen nur gestattet. soweit diese haftgrundbezogen sind. Die Wahrung der Anstaltsordnung im Rahmen der Vorschriften des BayUVollzG ist ausschließlich Sache der Justizvollzugsanstalt, nicht der Staatsanwaltschaft oder des Ermittlungsgerichts.

Soweit die Staatsanwaltschaft sich im Übrigen darauf beruft, dass keine außergewöhnlichen Umstände vorlägen, trifft-dies – unabhängig von der Frage, ob Telefonate nur beim Vorliegen außer-gewöhnlicher Umstände zu genehmigen sind – vorliegend zum einen angesichts der unverändert fortdauernden Pandemielage, zum anderen aber auch angesichts der Tatsache, dass der Sohn im Ausland lebt und sich eine Anreise nach Deutschland nicht leisten kann, schlicht nicht zu.

Das Gericht hat die Telefonerlaubnis vorliegend ohne Anordnung einer polizeilichen Überwachung erteilt, da nicht ersichtlich ist, wie durch das Telefonat mit dem Sohn, der im Ausland lebt und in keinerlei Verbindung zu den verfahrensgegenständlichen Taten steht, das vorliegende Verfahren beeinträchtigt werden könnte.“

StPO I: „Negativer BGH-Räusperer“ zu EncroChat, oder: „im Ergebnis….gewonnene Erkenntnisse…verwertbar“

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Zum Wochenauftakt zunächst einen „kleinen“ Beschluss des BGH; daher „BGH-Räusperer“. Es geht um EncroChat. Geschickt haben mir den Beschluss der Kollege Rakow aus Rostock und der Kollege Stehr aus Göppingen, die beide in Sachen Encro bundesweit unterwegs sind.

Ich erinnere zunächst noch einmal an die zahlreichen OLG-Entscheidungen, die es inzwischen zu EncroChat gibt, von denen ich hier ja auch einige vorgestellt hatte, und zwar u.a. den KG, Beschl. v. 30.08.2021 – 2 Ws 79/21 – zum LG Berlin, Beschl. v. 01.07.2021 – (525 KLs) 254 Js 592/20 (10/21)  – (dazu StPO I: EncroChat beim KG, oder: “das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden der rechtstreuen Bevölkerung”) mit weiteren Hinweisen auf andere OLG-Beschlüsse. Die OLG haben alle die Ergebnisse als verwertbar angesehen.

Und: Alle hoffen auf den BGH, das BVerfG und dann ggf. den EGMR. Von den Dreien hat sich nun der BGH geäußert. Nun „geäußert“ ist vielleicht ein wenig viel. Sagen wir: Der BGH hat sich „geräuspert“. Aber an dem Räusperer kann man schon mal sehen, wohin die Reise betreffend EncroChat auch beim BGH gehen dürfte, wenn sich der BGH „richtig äußerrt“. Nämlich in Richtung „Verwertbarkeit der Beweisergebnisse“. Ich sage jetzt nicht: Ich habe es schon immer gesagt, ist aber leider so. Damit bleiben dann wohl nur noch BVerfG und ggf. EGMR.

Denn der BGH hat sich im BGH, Beschl. v. 08.02.2022 – 6 StR 639/21 -wie folgt geäußert:

„Die aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen unzulässige Verfahrensrüge wäre auch unbegründet. Der Senat sieht im Ergebnis die aus der Überwachung der Kommunikation über den Krypto-Messengerdienst EncroChat durch französische Behörden gewonnenen Erkenntnisse im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung als im Strafverfahren verwertbar an (vgl. etwa KG, NStZ-RR 2021, 353 mwN).“

Also: „im Ergebnis…… verwertbar.“ = wir begründen das ggf. etwas anders, aber das Ergebnis wird sich nicht ändern.

Und wer jetzt ggf. meint, dass ja noch der Weg zum Großen Senat für Strafsachen offen sei, wenn nun ein anderer Senat das anders sehen sollte (was ich nicht glaube). Nein, den Weg muss man m.E. nicht gehen. Denn die Ausführungen des BGH zu EncroChat sind/waren nicht tragend.

Ein Hoffnungsschimmer bleibt  vielleicht aber doch noch. Der BGH-Beschluss datiert vom 08.02.2022. Zu dem Ganzen sollen ja neue Erkenntnisse vorliegen, wie sich die „Einbindung“ der deutschen Behörden abgespielt haben soll  (vgl. u.a. hier). Die hat der BGH bei seinem „Räusperer“ noch nicht berücksichtigen können. Mal sehen, ob die an der Rechtsprechung der OLG und dann ggf. auch des BGH etwas ändern. Man darf gespannt sein. Vor Überraschungen ist man ja nie sicher.

Trotz allem auch heute ein Sonntagswitz, und zwar zu mit/über/von Kindern

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Und dann hier auch heute der Sonntagswitz. Ich habe länger überlegt, ob ich ihn bringe oder ob ich es angesichts der Ereignisse lieber lasse. Ich habe mich dann entschlossen, den Sonntagswitz dann doch online gehen zu lassen. Es ist ja irgendwie auch ein Stück Normalität in dieser sicherlich bewegenden Zeit, bei dem man nicht weiß, wohin das Ganze führt.

Und dann war es natürlich auch nicht einfach ein Thema zu finden. Ich habe mich für „Kinderwitze“ entschieden. Das sind diejenigen, für die man hoffen kann/muss, das alles gut geht und wir uns nicht in einer Apokalypse wiederfinden, die wir alle bis zu dieser Woche ganz weit weg gewähnt haben. War sie dann aber leider doch nicht, sondern sie war nebenan. Aber. Die Hoffnung stirbt zuletzt und daher: Kopf hoch. Wir schaffen das (auch) 🙂 .

Hier dann einige Witzchen – mehr ist das nicht, ich weiß:

Sabine spielt im Wohnzimmer ihrer Großmutter. Plötzlich läuft sie gegen das Regal und eine große Vase fällt auf den Boden.

Sie zerspringt sofort in viele kleine Teile.

Die Großmutter schreckt auf und sagt: „Die Vase ist aus dem 18. Jahrhundert!“.

Darauf antwortet Sabine erleichtert: „Puh – da habe ich ja Glück gehabt! Und ich dachte schon, sie wäre neu!“


Fritzchen sitzt am Montagmorgen im Schulunterricht.

Er meldet sich und fragt seinen Lehrer: „Herr Meier, kann man eigentlich für etwas bestraft werden, was man nicht gemacht hat?“

Der Lehrer antwortet: „Fritzchen, natürlich nicht! Das wäre ja ungerecht.“

Darauf sagt er erleichtert: „Das ist ja prima! Ich habe nämlich meine Hausaufgaben nicht gemacht!“


Ein Kind sitzt im Zug und kaut schweigend an seinem Kaugummi.

Die altere Dame gegenüber meint dann: „Es ist ja sehr lieb von dir, mir soviel zu erzählen! Leider bin ich aber völlig taub.“


Im Bus sitzt ein Junge mit einer Schnupfennase.

Neben ihm ein Mann, der fragT: „„Sag mal, hast du denn gar kein Taschentuch, Junge?““

Junge: „„Schon, aber ich verleihe es nicht.““

Wochenspiegel für die 8. KW., das war beA, Stress, DSGVO, steuerliche Zinsen, Onlineheirat, Pauschgebühr

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Am Ende dieser denkwürdigen Woche, an dem fast nichts mehr so ist, wie es am Beginn war, dann trotzdem einen Wochenspiegel, schon auch als Zeichen, dass es ja irgendwie weiter geht. Gute Aussichten sind das allerdings nicht.

Hinzuweisen ist auf:

  1. 50 Tage aktive Nutzungspflicht – Update Version 3.10 kommt am 24.2.2022 – Kartentausch

  2. LG Frankfurt: Stromanbieter darf keine höheren Preise für Neukunden bei Grundversorgung oder Ersatzversorgung verlangen – wettbewerbswidriger Verstoß gegen §§ 36 Abs. 1 S. 1, 38 Abs. 1 EnWG
  3. BMF legt Gesetzesentwurf zur Neufassung steuerlicher Zinsen vor

  4. E-Mail-Versand ist noch kein Beweis für tatsächlichen Zugang,

  5. VG Düsseldorf: Eheschließung per Online-Videokonferenz unwirksam

  6. OLG Celle zur Einsichtnahme in Lebensakten, Bedienungsanleitungen und ähnliches

  7. Raus aus dem Hamsterrad: 10 Tipps für gestresste Jurist:innen

  8. VG Wiesbaden: EuGH-Vorlage: Beweisverwertungsverbot aufgrund von DSGVO-Verstoß?

  9. Bundesgerichtshof: Käufer eines vom Dieselskandal betroffenen Neuwagen haben auch nach Ablauf der Verjährungsfrist einen Anspruch auf Schadensersatz

  10. und aus meinem Blog war es dann der Gebührenbeitrag: Pauschgebühr von rund 1,9 Mio EUR beantragt, oder: Welche Tätigkeiten sind zu berücksichtigen?