Heute köcheln im „Kessel Buntes“ dann zwei Entscheidungen zur Wiedereinsetzung. Ich könnte zwar auch Entscheidungen zu den „Dieselfällen“ vorstellen, aber da muss ich erst mal schauen, ob sich die „lohnen“. Ich räume ein, ich habe da den Überblick verloren. 🙂
Als erstes hier die Entscheidung aus dem Zivilrecht. M.E. ganz interessant, da es eine Problematik behandelt, die so bisher noch nicht entschieden ist.
Es geht um Schadensersatz Land wegen von der Klägerin behauptetet Pflichtverletzungen von Beamten der Staatsanwaltschaft Kiel im Zusammenhang mit bzw. im Nachgang von Durchsuchungen. Der Gegenstandswert ist erheblich, es werden allein rund 385.000 EUR Verdienstausfall geltend gemacht. Das LG hat die Klage abgewiesen. Dagegen die Berufung der Klägerin. Die Berufungsbegründung hätte am 15.04.2021 eingehen müssen. Sie gehr aber erst am 16.04.2021 um 00:25 Uhr ein. Grund: Ein plötzliches Windowsupdate verhindert den fristgerechten Versand der Begründungsschrift mit dem beA. Der Vertreter der Klägerin beantragt Wiedereinsetzung, die das OLG mit dem OLG Schleswig, Urt. v. 14.12.2021 – 11 U 19/21 – gewährt.
„Die Berufung ist zulässig.
Zwar ist die Berufungsbegründung nicht bis zum Ablauf der Frist am 15.04.2021, sondern erst am Folgetag um 00:25:47 Uhr eingegangen. Auf den zulässigen, insbesondere innerhalb der Monatsfrist nach § 234 Abs. 1 S. 2 ZPO gestellten Antrag vom 29.04.2021 war der Klägerin aber nach § 233 S. 1 ZPO Wiedereinsetzung in diese Frist zu gewähren.
Die Klägerin hat nach § 236 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO ausreichend glaubhaft gemacht, dass sie an der Fristwahrung ohne eigenes oder ihr zuzurechnendes Verschulden verhindert war. Sie hat nämlich durch Vorlage der Originale der eidesstattlichen Versicherungen ihres Prozessbevollmächtigten und der beiden weiteren Mitglieder von dessen Bürogemeinschaft glaubhaft gemacht, dass der Prozessbevollmächtigte die Begründungsschrift am Tag des Fristablaufs um 23.48 Uhr versandfertig in eine Zwischenablage kopiert und sich sodann zwecks Versendung von seinem Büroarbeitsplatz zum Computerarbeitsplatz im Empfangsbereich seiner Kanzlei begeben hat, der als einziger Arbeitsplatz das für die Benutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs erforderliche Chipkartenlesegerät aufwies. Erst dort hat der Prozessbevollmächtigte feststellen können, dass der Rechner gerade mit einem automatischen Windows-Update beschäftigt war. Dieses Update war erst nach Mitternacht abgeschlossen, so dass auch die Berufungsbegründung erst nach Mitternacht hat versandt werden können. Die Klägerin hat auch glaubhaft gemacht, dass wegen einer Besetztmeldung des gerichtlichen Faxgeräts die Berufungsbegründung vor Ablauf des 15.04.2021 nicht vollständig per Fax hat übermittelt werden können.
Entgegen der Bewertung durch das beklagte Land und dessen Streithelferinnen ist es dem Prozessbevollmächtigten nicht als Verschulden vorzuwerfen, dass er nicht mit dem verhängnisvollen automatischen Update rechnete und es deshalb nicht rechtzeitig verhinderte.“