StPO II: Das selbständige Einziehungsverfahren, oder: Wenn der Eröffnungsbeschluss fehlt ==> Einstellung

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Die zweite Entscheidung betrifft das selbständige Einziehungsverfahren (§ 435 StPO). Das KG äußert sich im KG, Beschl. v. 01.11.2021- 4 Ws 80/21 – zur Frage, wie damit umzugehen ist, wenn in diesem Verfahren  nicht über die Eröffnung entschieden worden ist. Die Antwort liegt auf der Hand: Das Verfahren ist von Amts wegen wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen.

„Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Einstellung des Verfahrens, da ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis vorliegt. Das Landgericht hat entgegen §. 435 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 203 StPO nicht über die Eröffnung des Verfahrens entschieden.

Ein Fall der Nichtausführbarkeit nach § 435 Abs. 3 Satz 1 StPO lag nicht vor, weil keine unüberwindbaren faktischen Barrieren — etwa der unbekannte Aufenthalt des Einziehungsadressaten — der Durchführung des Verfahrens entgegenstanden (vgl. OLG Bamberg StraFo 2019, 382 mwN; Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 64. Auflage, § 435 Rdn 16; BT-Drucks. 18/9525 S. 92).

Die Kammer hat auch nicht konkludent über die Eröffnung‘ entschieden. Die ausdrückliche wie auch die konkludente — Eröffnung des Verfahrens erfordert eine eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage zur Hauptverhandlung zuzulassen (vgl. BGH NStZ-RR 2017, 86 mwN). Für das selbständige Einziehungsverfahren gilt über § 435 Abs. 3 StPO insoweit dasselbe (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vorn 10. August 2020 — 1 Ws 265/20 juris). Dem Akteninhalt ist indes nicht zu entnehmen, dass die „Kammer die Eröffnungsvoraussetzungen geprüft und eine bewusste Entscheidung hierüber getroffen hat. Eine konkludente Eröffnungsentscheidung kann auch nicht in der Sachentscheidung selbst liegen, da erstere der letzteren vorausgehen muss (vgi. OLG Bamberg aaO).

Der Senat hat gemäß § 309 Abs..2 StPO in der Sache selbst zu entscheiden und das Verfahren nach § 206a Abs. 1 StPO einzustellen. Ist im selbständigen Einziehungsverfahren eine Einziehungsanordnung ergangen, stellt das Fehlen der Prozessvoraussetzung eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses ein endgültiges, nicht mehf behebbares Verfahrenshindernis dar, das in jeder Lage des Verfahrens zu berücksichtigen. ist (vgl. BGHSt 33, 167; 29, 224; StraFo 2018, 471; NStZ 2012, 225; OLG Oldenburg aaO; OLG Bamberg aaO; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. Juni 2014 — 111-2 RVs 55/14 —, juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 2. Mai 2008 — 1 Ws 142/08 —, juris; . Senat, Beschluss vom 16. März 2015 — 4 Ws 27/15 —, juris). Eine Nachholung der unterbliebenen Eröffnungsentscheidung im Beschwerdeverfahren durch den Senat ist daher ebenso ausgeschlossen wie die Zurückverweisung der Sache (vgl. OLG Olden¬burg aaO; OLG Bamberg aaO). Soweit die Staatsanwaltschaft unter Bezugnahme auf den Beschluss des Landgerichts Kleve vom 7. April 2020 — 120 Qs 23/20 —, juris, die Auffassung vertritt, dass der fehlende Eröffnungsbeschluss nicht zu einer Verfahrenseinstellung führe, weil dieser im selbständigen Einziehungsverfahren nicht dieselbe Bedeutung habe wie im Strafverfahren, überzeugt dies nicht, weil der Eröffnungsbeschluss nach § 435 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 427 Abs. 1 Satz 1 StPO dem Einziehungsbeteiligten die Befugnisse eines Angeklagten verleiht und damit konstituierende Wirkungen für seine prozessuale Rolle, und seine — unverzichtbare — Rechtsposition hat.“

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