Archiv für den Monat: November 2021

Ein schöner Tag, wenn Handbücher erschienen sind, oder: Herzlichen Dank an alle Mitarbeiter

Da ist man einmal nicht zu Hause 🙂 , da überschlagen sich die Ereignisse. Gerade erreicht mich hier auf Borkum die Nachricht der Produktmanagerin – früher nannte man das „Lektorin“ 🙂 -, dass die Druckerei

ausgeliefert hat. Die Produktmanagerin hat die druckfrischen Exemplare zur Freigabe vorliegen. Die erfolgt jetzt und dann kann ausgeliefert werden. Also: Das „Ermittlungsverfahren“ kommt etwas später als geplant, dafür kommt die „Hauptverhandlung“ eher, was den Vorteil hat, dass die „Burhoff-Pakete“ dann jetzt auch sofort ausgeliefert werden können. Ich denke, das dürfte in der 49. KW. passieren. Also passend zum Nikolaustag am 06.12. Vielleicht morgens einfach mal im Schuh schauen, ob die beiden Bücher da drin sind 🙂 .

Das Erscheinen der Bücher ist für mich dann immer Anlass, mich bei allen zu bedanken, die dazu beigetragen haben, dass wir unseren Zeitplan haben einhalten können. Das sind vor allem die Mitarbeiter im ZAP-Verlag, allen voran die Produktmanagerin Frau Goehring. Es war für alle ein hartes Stück Arbeit, aber wenn man dann das fertige Produkt sieht, ist die Freude besonders groß und man weiß, es hat sich gelohnt. Das wird noch besser, wenn man als Autor/Herausgeber die Schutzfolien von den Erstexemplaren macht. Das ist der Sex des Alters :-).

Bei diesen Auflagen muss ich mich aber nicht nur bei den Mitarbeitern des Verlages bedanken, sondern erstmals auch bei den Mitautoren, die in die Werke eingestiegen sind. Ja, es waren vier Kolleg*innen, die so mutig waren, die Zusammenarbeit mit mir zu wagen. Das ist Kernerarbeit. Eingestiegen sind:

  • RiLG Thomas Hillenbrand, Stuttgart,
  • Rechtanwältin A. Hirsch, Hamburg,
  • Rechtsanwalt Mirko Laudon, LL.M., Hamburg,
  • Rechtsanwalt Dr. F. Schneider, Hamburg.

Die Zusammenarbeit hat super geklappt, was ich allerdings auch erwartet hatte. So macht es Spaß, Herausgeber zu sein. Allen Vieren herzlichen Dank. Ad multos annos!!

So, und nun freue ich mich darauf, dass ich, wenn ich nach Hause komme, meine Erstexemplare auspacken darf.

Und natürlich – nun aber <<Werbemodus an>> man kann die Bücher auch bestellen, und zwar hier auf der Bestellseite. Jetzt muss man nicht mehr warten. Die Vorbesteller brauchen nicht nachzufragen: Die bestellten Exemplare kommen automatisch. Versprochen ist versprochen. <<Werbemodus aus>>

Pflichti II: Die kostenneutrale Umbeiordnung, oder: OLG Frankfurt/Main kann es mal wieder nicht

Bild von Christian Dorn auf Pixabay

Und als zweite Entscheidung dann der OLG Frankfurt am Main, Beschl.  v. 05.11.2021 – 2 Ws 84/21 -, den mir der Kollege Peter aus Frankfurt geschickt. Die Entscheidung ist – das schon mal vorab – leider falsch.

Das OLG geht von folgendem Sachverhalt aus:

Der Kollege, der zuvor als Wahlverteidiger mandatiert war, wurde dem zwischenzeitlich Verurteilten auf dessen Antrag hin durch Beschluss des AG vom 13.3.2019 als Pflicht-verteidiger beigeordnet. Im gleichen Beschluss wurde die bisherige Pflichtverteidigerin Rechtsanwältin D. entpflichtet. Das AG ist in seinem Beschluss vom 13.3.2019 von einer nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses des späteren Verurteilten zu seiner bisherigen Pflichtverteidigerin ausgegangen. Die bisherige Pflichtverteidigerin hatte im Schriftsatz vom 8.3.2019 angegeben, dass das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem späteren Verurteilten aus ihrer Sicht im vollem Umfang bestehe und die Aufrechterhaltung ihrer Pflichtverteidigerbestellung beantragt.

In einem an das AG gerichteten Schriftsatz des Kollegen vom 12.2.2019 hatte sich dieser zuvor wie folgt geäußert: „Weiterhin wird dem Wunsch des Beschuldigten entsprochen und ein Antrag auf Pflichtverteidigerwechsel gestellt. Herr PP. möchte sich nicht mehr von Frau D. verteidigen lassen. Im Fall eines Wechsels wird der Unterzeichner sein Wahlmandat niederlegen und auf bereits entstandene Gebühren verzichten.“ Die Staatsanwaltschaft hatte dazu dahingehend Stellung genommen, dass zwar „die (hohen) Voraussetzungen für einen Widerruf der Beiordnung der Pflichtverteidigerin nach § 143 StPO … nach den bisherigen Darstellungen …. nicht vor[liegen]. Eine Stellungnahme der Pflichtverteidigerin hat die Staatsanwaltschaft bisher nicht erreicht. Sollte Einverständnis mit dem Widerruf der Beiordnung bei ihr bestehen, würde sich die Staatsanwaltschaft einem Pflichtverteidigerwechsel nicht entgegenstellen, da der neue Verteidiger einen Verzicht für die bereits bei der Pflichtverteidigerin entstandenen Gebühren (Grund- und Verfahrensgebühr) erklärt hat, sodass keine nennenswerten Mehrkosten zu erwarten sind.

Die frühere Pflichtverteidigerin hat am 21.3.2019 ihre Tätigkeit mit 443,87 EUR gegenüber dem AG abgerechnet. Dabei sind die Gebühren Nr. 4101, 4104 VV RVG mit netto 192,00 EUR abgerechnet worden. Mit Schriftsatz vom 26.11.2020 hat er Kollege nach Verurteilung des Angeklagten seine Pflichtverteidigertätigkeit gegenüber dem LG abgerechnet. Der Rechtspfleger hat diese Gebühren abgesetzt, da sie bereits für Rechtsanwältin D. entstanden seien und mit Schreiben vom 12.2.2019 auf die bereits entstandenen Gebühren verzichtet worden sei. Auf die sofortige Beschwerde des Kollegen hat das LG diese Gebühren dann aber festgesetzt. Auf das dagegen gerichtete Rechtsmittel der Bezirksrevisorin hat das OLG die Gebührenfestsetzung des Rechtspflegers wieder hergestellt.

Begründung:

„Der Beschwerdegegner hat in seinem Schriftsatz vom 12. Februar 2019, in dem er für den inzwischen Verurteilten, den Antrag auf Pflichtverteidigerwechsel gestellt hat, erklärt, im Falle eines Wechsels sein Wahlmandat niederzulegen und auf bereits entstandene Gebühren zu verzichten. Im Hinblick hierauf hat die Staatsanwaltschaft erklärt, sich einem Pflichtverteidigerwechsel nicht entgegenzustellen. Nachdem das Amtsgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 13. März 2019 die vormalige Pflichtverteidigerin entpflichtet und den Beschwerdegegner zum Pflichtverteidiger bestellt hat, ist die Bedingung, unter der der Beschwerdegegner seinen Gebührenverzicht erklärt hat, eingetreten. Aufgrund dieses Verzichts, der nicht lediglich hilfsweise, sondern eindeutig erklärt worden ist, hat der Beschwerdegegner keinen Anspruch auf die vom Rechtspfleger abgesetzten Gebühren, die bereits bei der vormaligen Pflichtverteidigerin entstanden sind. Der Umstand, dass das Amtsgericht die Voraussetzungen für eine Entpflichtung der vormaligen Pflichtverteidigerin wegen einer Störung des Vertrauensverhältnisses zum inzwischen Verurteilten später entpflichtet hat, ist insoweit ohne Belang. Auch ist es nicht unbillig, dem Beschwerdeführer die Gebühren, auf die er zuvor wirksam verzichtet hat, gleichwohl zuzuerkennen.“

Wie gesagt: Leider – wie so vieles aus Frankfurt – falsch. Das OLG übersieht m.E., dass für einen Pflichtverteidigerwechsel unterschiedliche Gründe vorliegen können. Es kann sich um einen sog. einvernehmlichen und kostenneutralen Wechsel handeln oder um eine Entpflichtung und Umbeiordnung wegen Störung des Vertrauensverhältnisses. Legt man diese zutreffende Sicht zugrunde, hätte hier nicht auf den Verzicht des neuen Pflichtverteidigers abgestellt werden dürfen. Denn „umbeigeordnet“ worden ist wegen einer Störung des Vertrauensverhältnisses und zwar in vollem Umfang. Der Beiordnungsbeschluss des AG v. 13.03.2019 enthielt zudem auch keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der beim neuen Pflichtverteidiger entstehenden Gebühren, so dass sich auch schon von daher die Frage stellt, ob die Gebühren Nr. 4101, 4104 VV RVG zur Recht nicht festgesetzt worden sind. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Verzicht im Antrag vom 12.02.2019. Denn der war erkennbar auf einen „einvernehmlichen“ Wechsel im Hinblick auf eine kostenneutrale Umbeiordnung erklärt und ist im Übrigen auch von der Staatsanwaltschaft, wie deren Stellungnahme zu dem Antrag vom 12.02.2019 zeigt, so verstanden worden. Alles andere macht auch keinen Sinn. Zumindest stand dieser Verzicht unter dem Vorbehalt eines „einvernehmlichen Wechsels“, zu dem es aber nicht gekommen ist. Für einen Verzicht auch für den Fall eines „gestörten Vertrauensverhältnisses“ hatte der Kollege überhaupt keinen Anlass. Die Entscheidung des OLG geht – mal wieder zu Lasten eines Verteidigers – an der Interessen- und Rechtslage vorbei.

Pflichti I: Bestellung im Strafvollstreckungsverfahren, oder: Prüfung der Prognose und Therapiemaßnahmen

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Und heute dann mal wieder ein „Pflichti“-Tag, den ich mit einer Entscheidung des LG Amberg zur Bestellung im Strafvollstreckungsverfahren beginne. Das LG hat mit dem LG Amberg, Beschl. v. 09.11.2021 – StVK 916/21 – einen Pflichtverteidiger bestellt:

„Es liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung gemäß § 140 Abs. 2 StPO entsprechend vor. Im Vollstreckungsverfahren ist ein Fall der notwendigen Verteidigung gegeben, wenn die Schwere der Tat oder die Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage oder die Unfähigkeit des Verurteilten, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen, das gebietet.

Vorliegend gebietet die Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers.

Der Verurteilte beantragte mit Schreiben vom 01.06.2021 die Strafaussetzung des Strafrestes zur Bewährung.

Mit Stellungnahme vom 25.06.2021 befürwortete die Justizvollzugsanstalt Amberg eine Aussetzung unter der Voraussetzung einer stationären Spielsuchttherapie, um die Sozialprognose langfristig zu verbessern.

Die Staatsanwaltschaft Hof beantragte die Aussetzung des Strafrestes, wobei die Weisung einer Sozialtherapie beantragt wurde. Sollte eine solche nicht gesichert sein, werde einer Bewährung entgegengetreten.

Auf Nachfrage der Kammer, ob eine Sozialtherapie gesichert sei, nahm der Verteidiger mit Schriftsatz vom 28.07.2021 Stellung. Auf diesen wird Bezug genommen.

Schließlich regte die Staatsanwaltschaft die Erholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage an, ob eine Sozialtherapie oder Verhaltenstherapie sinnvoll sei und wie eine solche Therapie ausgestaltet werden solle, insbesondere ob sie ambulant oder stationär stattfinden solle.

Die Kammer kam diesem Vorschlag mit Beschluss vom 01.09.2021, auf den Bezug genommen wird, nach.

Schließlich nahmen der Verteidiger und der Verurteilte den Antrag auf Aussetzung der Reststrafe zurück. Zu einer Erstattung eines Gutachtens kam es deshalb nicht mehr.

Vorliegend war im Verfahren gemäß § 57 StGB nicht nur zu beurteilen, ob beim Verurteilten eine günstige Prognose vorliegt oder nicht, vielmehr war (vorab) die Frage zu klären, ob zur Verbesserung der Sozialprognose eine Therapiemaßnahme angezeigt ist oder nicht, welche Therapiemaßnahme – Sozialtherapie, Verhaltenstherapie oder Spielsuchttherapie – sinnvoll ist, und ob eine entsprechende Therapiemaßnahme ambulant oder stationär durchzuführen ist.

Aus Sicht der Kammer ist deshalb eine besondere Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage zu bejahen. Die Mitwirkung eines Verteidigers war im Einzelfall geboten.“

Die „Ampel“, oder: „Wir machen Strafprozesse noch effektiver, schneller, moderner und praxistauglicher“

Vor dem Tagesprogramm ein paar Gedanken zum gestrigen Tag und zu dem, was da offenbar kommt oder kommen soll (wirklich?).

Gestern war er nun, der Tag der Tage für die „Ampelkoaltion“. Wir haben gehört: „Die Ampel steht“ – das haben Ampeln übrigens i.d.R. so an sich – fragt sich nur, wie lange. Und als Beweis haben wir den „Koaltitionsvertrag 2021 -2025“ unter dem Titel: „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ vorgelegt bekommen. 178 Seiten Fortschritt (hier der Link zum Koalitionsvertrag – nur zufällig auf die Seite der SPD).

Ich frage mich: Wirklich Fortschritt? Und da mich natürlich das Strafverfahren und der Strafprozess am meisten interessieren, habe ich dann mal gesucht, was man auf den 178 Seiten zum Strafverfahren – ich lasse das Strafrecht mal außen vor – mitteilt, was man sich also so als „Ampelkoalition“ für die nächsten vier Jahre vorgenommen hat.

Um das zu finden, muss man sich bis auf Seite 106 unten des Vertrages durchkämpfen. Und da liest man dann:

„Wir machen Strafprozesse noch effektiver, schneller, moderner und praxistauglicher, ohne die Rechte der Beschuldigten und deren Verteidigung zu beschneiden. Vernehmungen und Hauptverhandlung müssen in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Unter anderem regeln wir die Verständigung im Strafverfahren einschließlich möglicher Gespräche über die Verfahrensgestaltung und das grundsätzliche Verbot der Tatprovokation. Gerichtsentscheidungen sollen grundsätzlich in anonymisierter Form in einer Datenbank öffentlich und maschinenlesbar verfügbar sein. Wir stellen die Verteidigung der Beschuldigten mit Beginn der ersten Vernehmung sicher.“

Als ich das gelesen habe, habe ich nur gedacht: Ich hätte nicht vorauszusagen gewagt, dass mich meine Ausführungen in meiner Dankesrede zum „Pro reo 2020“ so schnell einholen werden. Da sind sie nämlich wieder die Begriffe: „Strafprozesse noch effektiver, schneller, moderner und praxistauglicher“ machen. Das hatten wir doch alles schon, oder, wie ich am 13.11.2021 in Leipzig ausgeführt habe:

„….. Im Übrigen: Gesetze, die z.B. die StPO „effektiver und praxistauglicher“ gestalten, muss man sich genauer ansehen. Denn meist werden unter diesem Deckmantel oder auch unter dem Motto: „Modernisierung“ oder „Fortentwicklung“ die Rechte des Angeklagten und seiner Verteidigung beschnitten. Der Gesetzgeber erhört gerne und m.E. zu oft die Rufe aus der Justiz und opfert Rechte des Angeklagten auf dem Altar der Verfahrensbeschleunigung, die von der Justiz immer wieder – und auch noch weiter – gefordert wird. …..“

Natürlich habe ich nicht überlesen: „…. ohne die Rechte der Beschuldigten und deren Verteidigung zu beschneiden…..“ Aber das haben früher auch schon immer alle gesagt und davon übrig geblieben ist nichts bzw. die Rechte der Beschuldigten und der Verteidigung sind beschnitten worden. Und das droht also auch jetzt von dem „Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“. In meinen Augen nur Worthülsen.

Um Einwänden vorzubeugen: Ich habe nicht überlesen, dass Vernehmungen und Hauptverhandlung in Bild und Ton aufgezeichnet werden „müssen“ und man „die Verteidigung der Beschuldigten mit Beginn der ersten Vernehmung „sicherstellen will. Beides ist schon in der abgelaufenen Legislaturperiodes nicht gelungen – wo übrigens die SPD die Justizministerin gestellt hat -, warum sollte es nun gelingen?. Mit einem – wie man hört BMJ Marco Buschmann? Ich bin gespannt auf den Kampf mit den Ländern. Denn die werden *kämpfen, da die Maßnahmen Geld kosten werden, das man nicht hat oder nicht hergeben will.

Und dann „regeln wir die Verständigung im Strafverfahren einschließlich möglicher Gespräche über die Verfahrensgestaltung und das grundsätzliche Verbot der Tatprovokation“. Auch das m.E. nichts Neues. Denn das „Verbot der Tatprovokation“ hat man ja schon mal versucht und es ist nicht gelungen. Und in meiner StPO ist die Verständigung geregelt – § 257c StPO lässt grüßen. Die Verständigung ist vielleicht nicht gut geregelt, aber geregelt ist sie. Und § 213 Abs. 2 StPO ermöglicht auch Gespräche über die Verfahrensgestaltung.

Alles in allem: Mich überzeugen die den „Strafprozess“ betreffenden Ankündigungen nicht. Sie mahnen eher große Vorsicht an und, dass man das, was die „Ampelkoalition“ mit dem Strafverfahren vor hat, sehr genau unter die Lupe nehmen und im Auge behalten muss. Also: Vorsicht.

Ach so: Wie gesagt. Justizminister soll offenbar Marco Buschmann, FDP, werden. Erst wollte ich schreiben: Kreisch, kreisch, kreisch, denn dem traue ich das Ministerium nicht. Aber ok. Er kann ja noch an seinen Aufgaben wachsen. Ich lasse mich gern davon überzeugen, dass er es kann. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Übrigens: Wer wissen will, wer in der Koalition das Sagen hat, der muss sich nur das Logo auf dem Deckblatt des Koalitionsvertrages ansehen. Welche Farbe steht oben? Richtig: Gelb. Mich überrascht das nicht 🙂 .

JGG III: Die Verurteilung im Jugendstrafverfahren, oder: Die Kostenentscheidung muss schon begründet werden

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Und die dritte Entscheidung des Tages hat dann noch einmal mit dem Urteil in einer Jugendsache zu tun, und zwar mit der Begründung der Kostenentscheidung im Hinblick auf § 74 GG.

Dazu sagt der LG Potsdam, Beschl. v. 14.07.2021 – 22 Qs 14/21:

„Die Kostenentscheidung im Urteil des Amtsgerichts, wonach dem Angeklagten gemäß § 465 StPO die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden, unterliegt der Aufhebung.

Der bloße Hinweis in dem Urteil, „die Kostenentscheidung folgt aus § 465 I StPO“ (vgl. UA S. 4) genügt wegen der jugendstrafrechtlichen Sonderregelung des § 74 JGG nicht (vgl. Eisenberg/ Kölbel, 63. Auflage 2020, § 54 Rn.41 m.w.N). Insoweit unterliegt die Kostenentscheidung bei Anwendung von Jugendstrafrecht, wie im vorliegenden Fall, einer zumindest kurzen und nachvollziehbaren Begründungspflicht.

Dem Tatrichter ist bei seiner Entscheidung, dem Angeklagten die Kosten aufzuerlegen und von der Vorschrift des § 74 JGG keinen Gebrauch zu machen, ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen. Die Prüfung des Beschwerdegerichts ist darauf beschränkt, ob das erkennende Gericht das ihm eingeräumte Ermessen frei von Rechtsfehlern ausgeübt hat. Fehlt es vollständig an einer solchen Begründung, wird das Beschwerdegericht nicht in die Lage versetzt, die Entscheidung des Tatgerichts zu überprüfen. Insoweit ist nicht auszuschließen, dass das Amtsgericht die Vorschrift in § 74 JGG übersehen hat.

Die Auferlegung der Kosten gemäß § 465 StPO kommt in geeigneten Fällen durchaus infrage. Das Amtsgericht wird bei der Entscheidung jedenfalls im Blick haben müssen, dass die Kostenentscheidung nicht zu einer der Geldstrafe ähnlichen Sanktion führen darf (vgl. BGH BeckRS 2016, 5080).“