Heute dann mnal wieder ein Pflichtverteidigungstag.
Und den beginne ich mit dem OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 02.02.2021 – 3 Ws 85/21, der sich noch einmal mit der Frage der Entpflichtung des Pflichtverteidigers (§ 143a StPO) befasst. Das OLG nimmt noch einmal zu den Gründen für eine Entpflichtung, die hier vom Angeklagten betrieben worden ist, Stellung. Es hat dann einen LG-Beschluss, der den Kollegen entpflichtet hatte, aufgehoben.
„Gemäß § 143a Abs. 2 Ziffer 3. StPO ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers aufzuheben, wenn das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört ist oder aus einem sonstigen Grund keine angemessene Verteidigung gewährleistet ist. Damit wurden die bislang in der obergerichtlichen Rechtsprechung des Rechts auf Verteidigerwechsel anerkannten Fälle nunmehr kodifiziert. Auf die bisherige Rechtsprechung ist weiterhin zurückzugreifen (BT- Drs. 19/13824 S. 48). Eine ernsthafte Erschütterung des Vertrauensverhältnisses muss der Angeklagte substantiiert darlegen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 63. Aufl. § 143a Rn. 22 m.N.).
Danach kommt eine Entpflichtung von Rechtsanwalt pp. nicht in Betracht. Das Landgericht lässt in seinem angefochtenen Beschluss bereits nicht erkennen, aufgrund welcher konkreten Umstände es nunmehr von einem nachhaltig erschütterten Vertrauensverhältnis ausgegangen ist. Allein der Hinweis auf den wiederholten Antrag des Angeklagten, dass das Vertrauensverhältnis zu Rechtsanwalt pp. erschüttert sei und dass er bereits mehrere Rechtsanwälte vorgeschlagen und dies des Öfteren widerrufen habe, genügt nicht, den Pflichtverteidigerwechsel zu begründen.
Aber auch die von dem Angeklagten vorgebrachten Umstände sind bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise nicht geeignet, eine nachhaltige Erschütterung des Vertrauensverhältnisses hinreichend zu belegen.
Der Angeklagte stützte seinen unter dem 07.12 2020 gestellten Entbindungsantrag darauf, dass Rechtsanwalt pp. es abgelehnt habe, weitere Mandate für ihn zu übernehmen. Aus Sicht eines verständigen Angeklagten begründet dieser Sachverhalt jedoch nicht die Sorge Rechtsanwalt pp. wäre auch in dem vorliegenden Verfahren nicht mehr zu einer Verteidigung bereit. Auch wenn die Mandatsablehnung mit 04.12.2020 in der Wortwahl „Selbst für 600,00 Euro netto pro Stunde bei 12.000,00 Euro Vorschuss würde ich es nicht mache “ deutlich ist, soll hiermit offensichtlich weiteren Mandatsanfragen entgegengewirkt werden, ohne die ordnungsgemäße Verteidigung in dem vorliegenden Verfahren in Frage zu stellen. Wie sorgfältig Rechtsanwalt pp. in, dem vorliegenden Verfahren agiert, zeigt sich auch in seinem eigenen Antrag auf Aufhebung der Beiordnung vom 24.06.2020, mit welchem er auf einen möglichen Interessenkonflikt hingewiesen hat, weil der Angeklagte ihn zivilrechtlich in einem Verfügungsverfahren in Anspruch genommen und gegen ihn Beschwerde bei der Rechtsanwaltskammer geführt habe. Dessen ungeachtet hat er im weiteren Verlauf des Verfahrens die Interessen des Angeklagten weiterhin wahrgenommen, unter dem 13.01.2021 Akteneinsicht beantragt und auf Unklarheiten bei dem von der Kammer erwogenen Pflichtverteidiger Ba. hingewiesen.
Schließlich ist in die Betrachtung mit einzubeziehen, dass der Angeklagte noch am 02.12.2020 Rechtsanwalt pp. in dem vorliegendes Verfahren besondere Vollmacht im Sinne von § 329 StPO erteilt hat, er mithin zu diesem Zeitpunkt das Vertrauensverhältnis zu Rechtsanwalt pp. nicht als nachhaltig erschüttert angesehen hat. Auch dass der Angeklagte mit seiner Beschwerdeschrift vom 20.01.2020 unter Ziffer 4. die Beiordnung der Rae Bo. und pp. als weitere Verteidiger beantragt hat, belegt, dass der Angeklagte selbst gegenwärtig nicht von einer ernsthaften Erschütterung des Vertrauensverhältnisses zu Rechtsanwalt pp. ausgeht, die einen Verteidigerwechsel rechtfertigen könnte.“
Wenn man es liest, hat man den Eindruck, dass der Angeklagte – gelinde ausgedrückt – nicht so richtig weiß, was und wen er eigentlich will. Ein wenig „Anwaltshopping“ 🙂
Ich habe bei diesem Thema den Eindruck, dass schon fast ein versuchtes Tötungsdelikt von Seiten des Angeklagten bzw. des Verteidigers vorliegen muss bevor die Gerichte mal eine Entpflichtung annehmen….
Grds. ja, aber hier kann es nachvollziehen 😉