In den letzten Wochen habe ich einiges an OWi-Entscheidungen bekommen. Daher dann heute mal wieder ein OWi-Tag. Da es doch eine ganze Menge ist, gibt es dazu dann – ausnahmsweise – heute dann mal nur die Leitsätze.
Und ich beginne mit Entscheidungen zu Geschwindigkeitsmessungen. Und zwar.
1. Eine Messung mit Riegl FG 21 P ist ein standardisiertes Messverfahren. Dass das Messgerät weder ein Messfoto noch Rohmessdaten speichert, hat auf diese Einordnung keinen Einfluss.
2. Die Einsicht in nicht bei der Akte befindliche Unterlagen, wie z.B. Lebensakte, verkehrsrechtliche Anordnung, muss nicht gewährt werden. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urt. v. 25.07.2019 – 1586/15) steht dem nicht entgegen.
1. Es entspricht sich festigender Rechtsprechung, dass die Verteidigung auch und gerade bei standardisierten Messverfahren im Vorfeld der Hauptverhandlung und namentlich im Ermittlungsverfahren Zugang zu allen Informationen erhalten kann, die den Verfolgungsbehörden zur Verfügung stehen. Denn nur mit diesen Unterlagen kann sie beurteilen, ob Beweisanträge gestellt oder Beweismittel vorgelegt werden sollen.
2. Dies bedeutet, dass sich der verteidigungswillige Betroffene die bereitstehenden Daten vor der Hauptverhandlung beschaffen muss und sachverständig überprüfen lassen kann. Sein Ansprechpartner ist dabei die Verwaltungsbehörde.
Das Kostenrisiko trägt in Bezug auf das Privatgutachten grundsätzlich der Betroffene, nur im Falle eines Freispruchs kann etwas anderes gelten (Anschluss an LG Aachen NZV 2018, 480).
1. Bei dem Antrag auf Beiziehung nicht bei den Gerichtsakten befindlicher Rohmessdaten (hier: Ausdruck mittels Tuff-Viewer erstellter Bilddatei) handelt es sich um einen Beweisermittlungsantrag, dessen Ablehnung nur unter Aufklärungsgesichtspunkten (§ 77 Abs. 1 OWiG bzw. § 244 Abs. 2 StPO) gerügt werden kann.
2. Als Verletzung des rechtlichen Gehörs kann die Versagung der Beiziehung nicht gerügt werden, weil Art. 103 Abs. 1 GG kein Recht auf Erweiterung der Gerichtsakten vermittelt.
Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass die Verwertbarkeit der Ergebnisse eines standardisierten Messverfahrens nicht von dessen nachträglicher Überprüfbarkeit anhand von aufzuzeichnenden Rohmessdaten abhängig ist, und durch die fehlende Reproduzierbarkeit der zum einzelnen Messwert führenden Berechnung weder der Anspruch auf ein faires Verfahren noch der auf eine effektive Verteidigung berührt wird.
- OLG Zweibrücken, Beschl. v. 05.11.2020 – 1 OWi 2 Ss Rs 124/20
Nach der am 27. April 2020 erfolgten Verkündung der 54. Verordnung zur Änderung verkehrsrechtlicher Vorschriften besteht, soweit die Änderungsverordnung wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot aus Art. 80a Abs. 3 GG nichtig ist, die bis dahin geltende Rechtslage fort.
Von einem standardisierten Messverfahren kann nicht ausgegangen werden, wenn nach Ende der Messung nicht alle Eichmarken auf ihre Unversehrtheit geprüft worden sind.
Sehr schöne Aufstellung (ist jetzt nicht unbedingt inhaltlich gemeint 😉 ), vielen Dank für die wie immer äußerst nützlichen Arbeitshilfen.
Danke. Ist im Moment in der Tat eine Menge, da muss man sich leider kurz fassen 🙂 .