Die zweite Entscheidung zu der Thematik: „Kosten des SV-Gutachtens“, der LG Essen, Beschl. v. 18.11.2019 – 52 Qs-42 Js 1435/18-33/19 -, ist auch nicht mehr „taufrisch“, aber für die Praxis ganz interessant.
In dem Beschluss geht es um die Erstattung der Kosten eines vom Betroffenen eingeholten Sachverständigengutachten, immerhin rund 2.400 EUR, und zwar wie folgt:.
Gegen den Betroffenen war ein Bußgeldbescheid mit einem Bußgeld von 92,50 EUR (zuzüglich Gebühren und Auslagen) ergangen, da er sein Motorrad trotz erloschener Betriebserlaubnis und mit schlecht lesbaren Kennzeichen geführt habe. Gegen den Bußgeldbescheid legte der Verteidiger fristgerecht Einspruch ein. Zum Hauptverhandlungstermin am 25.02.2019 erschien der Betroffene in Begleitung des Privatsachverständigen S aus X. Der Sachverständige wurde im Termin mündlich gehört, außerdem hatte er bereits am 31.01.2019 ein schriftliches Sachverständigengutachten gefertigt, welches zur Gerichtsakte gereicht wurde. Auf die Hauptverhandlung verurteilte das Amtsgericht den Betroffenen wegen Fahren eines Fahrzeuges, obwohl die vorgeschriebenen Kennzeichen schlecht lesbar waren, zu einer Geldbuße von 10,00 EUR. Der weitergehende Vorwurf hatte sich nach dem Gutachten des Privatsachverständigen nicht bestätigt. Hinsichtlich der Kosten lautet das Urteil vom 25.02.2019 wie folgt:
„Die Kosten des Verfahrens samt der notwendigen Auslagen des Betroffenen soweit sie durch die Einholung des Sachverständigengutachtens samt der durch seine Anhörung im Hauptverhandlungstermin entstandenen Kosten werden der Landeskasse auferlegt. Im Übrigen trägt der Betroffene die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen selbst.“
Mit Schriftsatz vom 28.03.2019 beantragte der Verteidiger, Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 2.386,19 EUR festzusetzen. Nach Anhörung der Bezirksrevisorin setzte das AG die zu erstattenden Sachverständigenkosten mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 04.09.2019 auf 1.645,77 EUR zuzüglich Zinsen fest. Der darüber hinaus gehende Antrag wurde zurückgewiesen, da die Sachverständigenkosten lediglich in Höhe der im JVEG vorgesehenen Sätze erstattungsfähig seien. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner sofortigen Beschwerde, die beim LG Erfolg hatte:
„Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte, sofortige Beschwerde ist begründet. Dem Beschwerdeführer sind die für das Privatgutachten entstandenen Kosten in voller Höhe zu erstatten. Zwar sind Kosten für Privatsachverständige grundsätzlich nicht als notwendige Auslagen erstattungsfähig, vorliegend hat das Amtsgericht im Kostentenor des Urteils vom 25.02.2019 jedoch ausdrücklich festgelegt, dass die Kosten erstattet werden sollen. Dabei spricht schon die gewählte Formulierung („durch die Einholung des Sachverständigengutachtens samt der durch seine Anhörung im Hauptverhandlungstermin entstandenen Kosten“) dafür, dass eine Freistellung des Betroffenen von sämtlichen Sachverständigenkosten erfolgen sollte. Gestützt wird diese Auslegung auch durch den Umstand, dass die Kostenentscheidung in Kenntnis der Tatsache, dass ein vorbereitendes schriftliches Gutachten erstellt worden ist, ergangen ist. Zudem hat die zuständige Richterin dies in dem klarstellenden Vermerk vom 04.06.2019 (Bl. 100R d.A.) noch einmal ausdrücklich bestätigt und zur Begründung darauf verwiesen, dass der Betroffene durch das Gutachten von einem Großteil der erhobenen Vorwürfe entlastet wurde. Für eine Kürzung des Erstattungsanspruchs der Höhe nach ist vor dem Hintergrund dieser eindeutigen (Einzelfall-)Entscheidung des Gerichts kein Raum mehr. Es bestanden vorliegend auch keine Erkundigungs- oder Hinweispflichten des Beschwerdeführers bei der Beauftragung des Privatsachverständigen dahingehend, dass nach dem JVEG abzurechnen sei, da ein Sachverständiger bei Beauftragung durch Private generell nicht verpflichtet ist, die Sätze des JVEG zugrunde zu legen. Dafür, dass die in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten nicht marktüblich sein könnten, gibt es vorliegend keinerlei Anhaltspunkte.“