In der zweiten Entscheidung, dem BGH, Beschl. v. 14.11.2018 – 3 StR 198/18, hatte das LG den Angeklagten u.a. wegen ausbeuterischer und dirigistischer Zuhälterei verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Der BGH beanstandet die vom LG ausgeworfenen Einzelstrafen wegen eines Verstoßes gegen das Doppelverwertungsverbot:
- „a) Im Fall A.II.3. der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten der ausbeuterischen und dirigistischen Zuhälterei in Tateinheit mit (gewerbsmäßigem) Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung schuldig gesprochen. Bei der Strafzumessung hat es den Strafrahmen des § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB in der bis zum 14. Oktober 2016 geltenden Fassung (aF) zugrunde gelegt. Einen minder schweren Fall im Sinne des § 232 Abs. 5 Halbsatz 2 StGB aF hat es verneint und dabei ebenso wie bei der konkreten Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass dieser gewerbsmäßig handelte. Damit hat es einen Umstand, der schon Merkmal des gesetzlichen (Qualifikations-) Tatbestandes des § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB aF ist, bei der Strafzumessung berücksichtigt und gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB verstoßen.
- b) Im Fall A.II.6. der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten wegen ausbeuterischer und dirigistischer Zuhälterei in Tateinheit mit (gewerbsmäßigem) Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung verurteilt und einen minder schweren Fall im Sinne des § 232 Abs. 5 Halbsatz 2 StGB aF angenommen. Die Erwägungen zur Strafzumessung sind so zu verstehen, dass die Strafkammer auch hier zu Lasten des Angeklagten gewertet hat, dass dieser gewerbsmäßig handelte. Zwar hat sich der darin liegende Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot in diesem Fall bei der Strafrahmenwahl nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt. Es ist jedoch – ebenso wie im Fall A.II.3. der Urteilsgründe – nicht auszuschließen, dass die Strafkammer auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte, wenn sie die Vorschrift des § 46 Abs. 3 StGB im Rahmen der konkreten Strafzumessung beachtet hätte.“
Jetzt mal eine Frage. Ich kenne meine Formulierungskünste, sie mag daher womöglich vorwurfsvoll / rhetorisch klingen – ich meine es aber tatsächlich als Frage, um die etwaige Entstehungsgeschichte zu verstehen:
Wie kann ein Volljurist, wahrscheinlich mit Prädikatsexamen, der es zum (Vorsitzenden) Richter einer LG-Kammer geschafft hat, so einen Fehler machen – während mir als Laien nach ein paar Beiträgen dieser Art schon bei der Stelle „zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass dieser gewerbsmäßig handelte.“ klar war, wie der Satz weiter geht?
Klar, hier im gemütlichen, mit der Einleitung von Herrn Burhoff und der Überschrift ist das natürlich einfacher, insoweit ziehe ich natürlich schon ab, dass ich hier wie der klassische „Couch-Bundestrainer“ alles besser weiss. Aber so eine Urteilsverkündung entsteht ja auch nicht im Eifer des Gefechts, sondern nachher am Schreibtisch. Auch ist mir klar, dass ein Urteil schreiben schwieriger sein wird, als es nachher zu sezieren, und so ein Richter auch nicht unter Aufgabenarmut leidet. Aber trotzdem, dass ist am Ende aller Tage sein Job, er ist hochqualifiziert und so schwer kann so eine Argumentation doch nicht als Fehler bemerkbar sein, wenn ich das schon schaffe. Oder?