Die zweite „Montagsentscheidung“ kommt vom ebenfalls BGH. Es handelt sich um den BGH, Beschl. v. 16.10.2018 – 3 StR 256/18. Thematik ist kein Dauerbrenner, sondern eine Frage, die m.E. die Rechtsprechnung bislang nicht so häufig beschäftigt, nämlich die Bild-Ton-Aufführung in der Hauptverhandlung (§ 255a StPO). In dem Beschluss geht es um die Frage der erneuten richterlichen Vernehmung der sog. Opferzeugin in einem Vergewaltigungsverfahren. Die Strafkammer hatte dazu die Aufzeichnung der richterlichen Vernehmung statt erneuter Zeugenvernehmung in der Hauptverhandlung angeordnet. Die Anordnung kam allerdings nicht von der Strafkammer, sondern „nur“ vom Vorsitzenden, zudem passte die Begründung nicht. Das führte zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils durch den BGH:
„Zu Recht beanstandet die Revision, dass die Entscheidung, die persönliche Vernehmung (§ 250 StPO) der Zeugin und Nebenklägerin Celina D. durch Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung ihrer richterlichen Vernehmung zu ersetzen, nicht durch gerichtlichen Beschluss, sondern nur durch – zudem unzureichend begründete – Anordnung des Vorsitzenden getroffen wurde.
1. Durch den Wortlaut der seit dem 1. September 2013 geltenden Fassung des § 255a StPO ist klargestellt, dass Entscheidungen nach § 255a Abs. 2 StPO nicht der Vorsitzende, sondern das Gericht nach einer Interessenabwägung zu treffen hat (vgl. auch Beck-OK StPO/Berg, § 255a Rdn. 17.1; Löwe-Rosenberg/Mosbacher, Nachtrag zu § 255a Rdn. 10; a.A. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 255a Rdn. 11). Soweit zur zuvor geltenden Gesetzesfassung angenommen wurde, es genüge die Anordnung des Vorsitzenden (vgl. BGH NStZ 2011, 712; a. A. KK-Diemer, StPO, 7. Aufl., § 255a Rdn. 14), ist diese Ansicht nunmehr obsolet (vgl. Beck-OK StPO/Berg, a. a. O.; Löwe-Rosenberg/Mosbacher, a. a. O).
Der Verstoß gegen das Beschlusserfordernis kann mit der Revision als eigenständige Verletzung von Verfahrensrecht gerügt werden (vgl. MüKo-StPO/Krüger, § 255a Rdn. 44; Beck-OK StPO/Berg, § 255a Rdn. 18).
2. Auch die gemäß § 255a Abs. 2 S. 3 StPO erforderliche Begründung zur Ersetzung der persönlichen Vernehmung durch Vorspielen der Bild-Ton-Aufzeichnung war – wie die Revision ebenfalls mit Recht rügt (RB S. 52) – unzureichend. Die Gründe der Anordnung (vgl. Anlage I zum Protokoll vom 21. Februar 2018) geben lediglich die tatsächlichen Voraussetzungen wieder, die die Ermessensentscheidung eröffnen; sie lassen aber die Ausübung des Ermessens nicht erkennen. Eine eingehende Begründung war vorliegend umso mehr geboten, als die Zeugin, auf deren Angaben die Anklage sich im Wesentlichen gestützt hat, zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits neunzehn Jahre alt war und eine besondere sich gerade aus dem Alter ergebene Schutzbedürftigkeit der Zeugin sich damit nicht von Vornherein aufdrängte.“