Und dann der erste richtige Beitrag des Tages – weit ab von DSGVO. Es geht um den AG Bad Kreuznach, Beschl. v. 23.04.2018 – 400 Cs 1023 Js 7986/16, den der Kollege T. Scheffler aus Bad Kreuznach in „mühevoller Kleinarbeit“ erstritten hat.
Geltend gemacht hatte der Kollege nach Beendigung des Verfahrens gegen seinen Mandanten im Rahmen der Kostenfestsetzung auch eine Terminsgebühr gemäß Nr. 4102 VV RVG für seine Teilnahme an einer Durchsuchungsmaßnahme in dem wegen Betruges gegen den ehemaligen Angeklagten geführten Verfahren. Der Rechtspfleger hat die – nach entsprechender Stellungnahme des Bezirksrevisors – wen wundert das? – nicht festgesetzt. Dagegen richtete sich die Erinnerung des Kollegen, die er damit begründet hat, dass anlässlich der Durchsuchung auch konkrete Fragen an den Beschuldigten gerichtet worden seien. Die Polizeibeamten hätten Nachfragen zu einzelnen Konten gestellt, die auf den Namen des Sohnes des Angeklagten liefen. Auch Fragen nach Mietzahlungen für die Wohnung und nach einer Beteiligung der Lebensgefährtin des Angeklagten an den Wohnkosten seien gestellt worden. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten seien erörtert worden. Vor der Beantwortung einzelner Fragen habe er, der Verteidiger, sich mit seinem Mandanten in einem Nebenraum besprochen. Aus dem Durchsuchungsbericht ergebe sich zudem, dass der Beschuldigte belehrt und der Durchsuchungsbeschluss eröffnet worden seien.
Das AG hat das anders gesehen als die Vertreter/Hüter der Staatskasse:
„Für die Teilnahme des Verteidigers an der Durchsuchung ist eine Gebühr gemäß Nr. 4102 Ziffer 2 VV RVG entstanden.
Die Gebühr entsteht für die Teilnahme des Rechtsanwalts an Vernehmungen durch Staatsanwaltschaft, Polizei, oder Zoll- und Finanzbehörden, wobei es nicht darauf ankommt, ob der teilnehmende Rechtsanwalt für den Beschuldigten oder für einen anderen Beteiligten tätig wird (BeckOK RVG/Knaudt RVG Rn. 7, beck-online m.w.N.).
Es gilt der formelle Vernehmungsbegriff der Strafprozessordnung.
Zentrales Merkmale einer Vernehmung im Sinne der StPO ist es, dass der Vernehmende der Auskunftsperson in amtlicher Funktion gegenübertritt und in dieser Eigenschaft von ihr eine Auskunft verlangt (BGH, Beschluss vom 31. März 2011 — 3 StR 400/10 Rn. 8, juris). Die Frage, ob es sich um spontane Äußerung der Auskunftsperson, um deren informatorische Befragung oder bereits um ihre Vernehmung durch die Ermittlungsperson handelt, ist vor dem Hintergrund der bestehenden Belehrungspflichten aus §§ 163a Abs. 4, 136a StPO und 52 ff StPO von zentraler Bedeutung für die Verwertbarkeit einer Aussage.
Dem späteren Angeklagten wurde von den ermittelnden Polizeibeamten bei Durchführung der Durchsuchung zutreffend der Status eines Beschuldigten zuerkannt. Entsprechend wurde er ausweislich des Durchsuchungsberichts vom 28.092016 auch über bestehende prozessuale Rechte belehrt. Obwohl die entsprechende Formulierung sehr allgemein gehalten ist, ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte dabei insbesondere auch über sein Schweigerecht belehrt worden ist. Schon dies spricht für eine Vernehmungssituation.
Das Gericht glaubt dem Verteidiger aufgrund seiner anwaltlichen Versicherung und der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung seiner Mitarbeiterin zudem, dass im Rahmen der Durchsuchung die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten erörtert wurden und dass die Polizeibeamten konkrete Fragen zu einzelnen Beweisstücken an den Beschuldigten richteten.
Unter diesen Voraussetzungen handelt es sich bei den vom Beschuldigten gemachten Angaben weder um spontane Äußerungen noch um Auskünfte im Rahmen einer bloßen informatorischen Befragung sondern um Aussagen anlässlich einer förmlichen Vernehmung.“
Die Entscheidung ist zutreffend. Aber bitte beachten: Sie ändert nichts daran, dass für eine „normale Durchsuchung“ eine Gebühr nach Nr. 4102 VV RVG nicht entsteht. Hier handelte es sich aber eben um eine Durchsuchung mit „intergrierter Vernehmung“ 🙂 und für die ist zu Recht die Gebühr Nr. 4102 Ziff. 2 VV RVG festgesetzt worden.
Die Durchsuchung, bei der der Beschuldigte nicht belehrt wird – insbesondere über das Schweigerecht und das Recht auf Verteidigerkonsultation – und an ihn keine Fragen gestellt werden, insbesondere, wenn der Beschuldigte – wie es die Regel zu sein pflegt – durch die Durchsuchung zum ersten Mal von dem gegen ihn geführten Verfahren erfährt -, möchte ich sehen …
Ja, und? Dann entsteht eben die Gebühr. Wo ist das Problem?
Allerdings; Wenn ich so die Kollegen höre, dann hapert es manchmal dann doch mit den Belehrungen.