Was es alles gibt! Heute ist der Weltlachtag – der wird immer am 1. Sonntag im Mai gefeiert (vgl. hier).
Archiv für den Monat: Mai 2018
Wochenspiegel für die 18 KW., das war DSGVO, Zeuge vom Hörensagen, Reichsbürger und virtuelles Büro
Die 18. KW. läuft ab und ich kann aus der Woche über folgende Themen/Beiträge anderer Blogs berichten:
- Kein Scherz: Berichtigung der DSGVO kurz vor Geltung am 25. Mai 2018, und dazu: DSGVO Muster Datenschutzerklärung 2018
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BGH: Auch einen Zeugen vom Hörensagen muss das Gericht vernehmen!,
- Eine Klageerhebung ohne qualifizierte elektronische Signatur ist auch beim Finanzgericht unzulässig,
- LG Stuttgart: Schadensgutachten auch erforderlich, wenn Versicherer Übernahme der Reparaturkosten zusichert,
- Salvatorische Klausel für Reichsbürger,
- Verteidiger will Knast für eigenen Mandant,
- und dazu die Replik: Darf ein Anwalt eine Strafe für seinen Mandanten fordern?
Fahrradfahrerzusammenstoß beim Überholen, oder: Wann muss man klingeln?
Die zweite Entscheidung kommt – wie bereits angekündigt auch vomKG aus Berlin. Gegenstand ist ein Fahrradfahrerunfall. Zwei Fahrradfahrer sind bei einem Überholvorgang im gleichgerichteten Verkehr zusammen gestoßen. Der eine macht gegen den anderen Radfahrer Zahlung von Schmerzensgeld, Krankenbehandlungskosten, Sachschäden und Verdienstausfall sowie Nebenforderungen in Höhe von zuletzt 16.825,52 EUR geltend. Das LG hat die Klage abgewiesen, weil es die Behauptung des Klägers nicht für erwiesen erachtet hat, dass die Beklagte beim Überholen den notwendigen Seitenabstand zu ihm als ebenfalls auf einem Rad Fahrenden nicht eingehalten hat. Die durch den Sturz des Klägers eingetretene Unterarmfraktur habe die Beklagte daher nicht verschuldet. Der Fahrradweg aus Bitumen habe eine Breite von 1,75 m gehabt, bis zum Bordstein habe sich noch ein kleingepflasterter Bereich angeschlossen, der eine Breite von 95 cm gehabt habe. Rechts neben dem Fahrradweg habe sich ein Grünstreifen befunden. Dann aber sei ausreichender Platz für ein Überholen mit einem Abstand von 1 m vorhanden gewesen. Ausreichende Anhaltspunkte für ein Unterschreiten des notwendigen Abstands ergäben sich allenfalls aus den Angaben des Klägers, die aber keinen Vorrang vor den plausiblen Erklärungen der Beklagten hätten. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Überholvorgang durch ein Klingeln vorzubereiten.
Das KG führt dazu in seinem Hinweisbeschluss, dem KG, Beschl. v. 26.02.2018 – 22 U 146/16, in dem es für den Kläger angeregt hat, seine Berufung zu überdenken:
„…..Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt hat, so dass weder ein Anspruch wegen der eingetretenen Körperverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB noch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 229 StGB in Betracht kommt…………
2. Die Entscheidung des Landgerichts unterliegt auch keinem Rechtsfehler. Zu Recht hat das Landgericht eine Verpflichtung zum Klingeln verneint. Eine entsprechende generelle Verpflichtung ergibt sich nicht aus dem Gesetz, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 StVO ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Nach § 5 Abs. 1 StVO ist links zu überholen. Dabei ist nach § 5 Abs. 4 Satz 2 StVO ein ausreichender Seitenabstand zu anderen Radfahrern einzuhalten. Der Überholende muss sich weiter so verhalten, dass eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist und der Überholte nicht behindert wird. Dies alles gilt auch dann, wenn ein Radfahrer einen anderen Radfahrer überholen will, weil ihm das Überholen trotz der Regelung des § 2 Abs. 4 Satz 1 StVO grundsätzlich erlaubt ist. Die Regelung § 2 Abs. 4 Satz 1 StVO betrifft nur den Fall, dass länger nebeneinander gefahren und gerade nicht überholt werden soll (vgl. Burmann/Heß, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl., § 2 Rdn. 55). Die beim Überholen zu beachtenden Pflichten setzen das vorherige Ankündigen des Überholens grundsätzlich nicht voraus. Selbst nach § 5 Abs. 6 StVO besteht keine Pflicht zur Ankündigung des Überholens durch Schallzeichen. Anderes kann allenfalls dann in Betracht kommen, wenn eine besondere Sachlage vorliegt. Eine solche Konstellation könnte gegeben sein, wenn der Überholvorgang wegen der geringen Straßenbreite besonders gefährlich ist oder der zu Überholende erkennbar unsicher ist. All dies ist hier aber nicht der Fall gewesen. Aus dem gleichen Grund scheidet auch eine Verpflichtung aus § 16 Abs. 1 StVO aus. Dann aber kann hier auch offen bleiben, ob sich eine etwaige Verletzung der Ankündigungspflicht überhaupt auf den Unfall ausgewirkt hat, nachdem der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung ausdrücklich erklärt hat, er habe sich nicht wegen des Überholens erschrocken, sondern wegen der Berührung.“
Der Kläger ist der Anregung des KG übrigens nicht gefolgt. Das hat die Berufung dann im KG, Beschl. v. 09.04.2018 – 22 U 146/18 – zurückgewiesen.
Feststellungsklage, oder: Feststellungsinteresse auch bei unstreitigem Unfallgeschehen?
Im Kessel Buntes dann heute zwei Entscheidungen des KG aus dem verkehrszivilrechtlichen Bereich. Zunächst bringe ich das KG, Urt. v. 16.04.2018 – 22 U 168/16. Es behandelt eine zivilprozessrechtliche Problematik – an sich ein Buch mit sieben Siegeln für mich, aber bei der behandelten Problematik geht es noch 🙂 .
Geklagt wird vom Kläger nach einem Verkehrsunfall. Es wird noch um weiteres Schmerzensgeld für den Kläger, der bei dem Verkehrunfall verletzt worden ist. Vom LG ist die auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes von mindestens 7.000 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage als unbegründet abgewiesen und der weiter gestellte Feststellungsantrag wegen Fehlens des notwendigen Feststellungsinteresses als unzulässig angesehen worden. Begründung: Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass die Beklagte zu 2) als die Haftpflichtversicherung des von dem Beklagten zu 1) geführten KfZ für den Unfall alleine einzustehen habe. Dann aber sei für die begehrte Feststellung kein Raum. Die Beklagte zu 2) habe auch – was unstreitig sei– vorgerichtlich bereits 8.000 EUR als Schmerzensgeld, 500 EUR wegen der Beschädigung von Kleidung und 880,72 EUR an vorgerichtlichen Anwaltskosten gezahlt und damit umfassend und abschließend entschädigt.
Das KG sieht das anders: Es sieht die auf die Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Klage als zulässig an:
„Wie das Landgericht zu Recht annimmt, besteht zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Denn hierzu reicht ein Schuldverhältnis aus, nach dem die eine Partei der anderen zum Schadensersatz verpflichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1991 – VII ZR 245/90 –, juris Rdn. 8). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, weil der Beklagte zu 1) nach § 18 Abs. 1 Satz 1 StVG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 StVG und die Beklagte zu 2) als Haftpflichtversicherung nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG für den Schaden einzustehen haben, der dem Kläger wegen des Unfalls vom 10. Juli 2014 entstanden ist. Aufgrund der Schilderungen der Parteien ist dabei auch davon auszugehen, dass selbst unter Berücksichtigung einer Betriebsgefahr des von dem Kläger geführten Mopeds nach den §§ 18 Abs. 3, 17 Abs. 1 und Abs. 2 StVG eine Alleinhaftung der Beklagten gegeben ist.
Es ist aber auch von einem ausreichenden Feststellungsinteresse auszugehen. Das Feststellungsinteresse besteht, wenn dem subjektiven Recht des Klägers – hier dem Anspruch auf Schadensersatz – eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte es ernstlich bestreitet und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, dieser Gefahr zu begegnen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 1977 – VIII ZR 5/76 –, BGHZ 69, 144-153 Rdn. 11; Urteil vom 13. Januar 2010 – VIII ZR 351/08 –, juris Rdn. 12; BGH, Versäumnisurteil vom 16. September 2008 – VI ZR 244/07 –, juris Rdn. 19). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagten bestreiten zwar nicht ihre Verpflichtung, für den entstandenen Schaden einzustehen. Nach ihrer Auffassung sind sie aber, wie sich etwa aus der Klageerwiderungsschrift vom 19. Oktober 2015 ergibt, nicht zur Leistung weiteren Schadensersatzes verpflichtet, der über die bereits von der Beklagten zu 2) erbrachten Leistungen hinausgeht. Insoweit wird sowohl das Entstehen weiteren Schadens bestritten als auch die Möglichkeit, dass sich aus der Verletzung des Klägers weitere nachteilige Folgen ergeben, die den Schadensersatzanspruch wieder aufleben lassen könnten. Dann aber ist ein entsprechendes Feststellungsurteil geeignet nicht nur die Verpflichtung zur Leistung des Schadensersatzes festzulegen, sondern auch, eine zu erwartende Einrede der Verjährung zu verhindern, die ohne entsprechendes Urteil durchgreifen würde.
Der Kläger ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht zur Erhebung einer Leistungsklage verpflichtet, soweit er jetzt schon weiteren Schadensersatz begründen könnte. Denn der Kläger ist bei einer nicht abgeschlossenen Schadensersatzentwicklung nicht verpflichtet, alle bereits feststehenden Einzelansprüche mit der Leistungsklage geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1986 – VII ZR 318/84 –, juris Rdn. 13).
b) Die auf die Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichtete Klage ist auch begründet.
Voraussetzung hierfür ist neben dem Vorliegen eines entsprechenden Rechtsverhältnisses, dass ein Schadenseintritt wahrscheinlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1992 – V ZR 230/91 –, BGHZ 120, 204-215 Rdn. 25; Urteil vom 26. September 1991 – VII ZR 245/90 –, juris Rdn. 9; Urteil vom 25. November 1977 – I ZR 30/76 –, juris Rdn. 17). An die Darlegung der für ein Feststellungsbegehren erforderlichen Wahrscheinlichkeit, dass spätere Schadensfolgen eintreten können, sind vor allem mit Rücksicht auf das Interesse des Klägers an einem Schutz vor der Verjährung seiner Ersatzansprüche stets maßvolle Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass der Kläger die aus seiner Sicht bei verständiger Würdigung nicht eben fern liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch das Auftreten weiterer Folgeschäden aufzeigt (BGH, Urteil vom 19. März 1991 – VI ZR 199/90 –, juris Rdn. 10; Urteil vom 25. Januar 1972 – VI ZR 20/71; Urteil vom 30. Oktober 1973 – VI ZR 51/72). Davon ist aber bei Knochenverletzungen regelmäßig auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1973 – VI ZR 4/72 – juris Rdn. 17/18; OLG Karlsruhe, Urteil vom 28. März 2012 – 7 U 104/11 –, juris Rdn. 32; OLG München, Urteil vom 24.11.2006, Az. 10 U 2555/06, juris Rdn. 27; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 14. März 2000 – 4 U 192/99 – 139 –, juris Rdn. 71; OLG Hamm, Urteil vom 18. Oktober 1994 – 9 U 90/94 –, juris Rdn. 12).
Danach ist hier eine ausreichende Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Folgeschäden gegeben.“
Ich habe da mal eine Frage: Auch in dem Fall zusätzliche Verfahrensgebühr?
Im Moment habe ich noch ausreichend Fragen für das Rätsel, die direkt bei mir aufgelaufen sind. Daher muss ich dann mal zurückgreifen auf eine Frage, die vor einiger Zeit in der Fachebook-Gruppe Fachanwälte Strafrecht gestellt worden ist. Der Kollege wollte wissen:
„Guten Morgen, kurze Frage:
Verkehrs-OWi (selten bei mir, war aber ein Kollege).
Schriftsatz nach Terminierung (nur eine Woche vor angesetzter HV) (Verfolgungsverjährung) – Aufhebung Termin – 3 Wochen später: Beschluss Einstellung – Befriedungsgebühr?
Vielen Dank im Voraus!“