Und – wie heißt es immer: Aller guten Dinge sind drei. Daher bringe ich am „Gebührenfreitag“ dann noch einmal einen Beschluss des LG Berlin zur Nr. 4142 VV RVG nach neuem Recht. Ich habe darüber ja schon zweimal berichtet. Hier dann also der LG Berlin, Beschl. v. 13.04.2018 – (511 KLs) 255 Js 739/14 (11/17), den mir der Kollege K.Reese aus Berlin geschickt hat.
Der Kollege war Pflichtverteidiger. Im Verfahren hatte es einen dinglichen Arrest des AG in Höhe von 418.851,00 € gegeben. Der Kollege hat bei der Vergütungsfestsetzung dann auch Festsetzung der zuätzlichen Verfahrensgebühr gemäß der Nr. 4142 VV RVG nach einem Gegenstandswert von Euro 418.000,00, mithin in Höhe von 447,00 € geltend gemacht. Die Rechtspflegerin hat den Betrag nicht festgesetzt , weil der Arrest ausweislich seiner Begründung der Rückgewinnungshilfe gedient habe und eine solche Anordnung nicht unter den Gebührentatbestand der Nr. 4142 VV RVG falle. Dagegen die Erinnerung, die dann beim LG Berlin Erfolg hatte:
„a) Der Angeklagte pp. hatte sich vor dem Landgericht Berlin gegen eine drohende Einziehung gemäß §§ 73, 73c StGB neue Fassung, also gegen einen endgültigen Vermögensverlust im Sinne der Nr. 4142 VV RVG zu verteidigen. Infolge der Streichung von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB alte Fassung kann der Tatertrag oder ein seinem Wert entsprechender Geldbetrag auch dann abgeschöpft werden, wenn Schadensersatzansprüche von Tatgeschädigten im Raum stehen. Grundlegender Gedanke des neuen Rechts ist es, dass sich Straftaten nicht lohnen sollen. Entsprechend ist im Hauptverhandlungstermin am 18.12.2017 ein Hinweis erteilt worden, anhand welcher Kriterien die Höhe einer in Betracht kommenden Einziehung zu schätzen sein wird. Eine Einziehung nach §§ 73, 73c StGB unterfällt dem Gebührentatbestand der Nr. 4142 W RVG. Dieser Gebührentatbestand hat den Sinn und Zweck, den Verteidigeraufwand in Verfahren, in denen Abschöpfungsmaßnahmen infrage kommen, angemessen zu honorieren (vgl. KG, Beschluss vom 20.12.2017, 1 Ws 70/17, juris Rz. 3). Die Kammer schließt sich der Auffassung der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Berlin im Beschluss vom 16.01.2018 (501 Qs 127/17) an. Danach kann der Umstand, dass die in Ansatz gebrachte Gebühr Nr. 4142 VV RVG Rechtsanwalt R. nach der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung geltenden Rechtslage nicht zugebilligt worden wäre, weil der dingliche Arrest der Sicherung von Rückgewinnungsansprüchen der verletzten Opfer diente (vgl. hierzu KG, Beschluss vom 15.04.2008, 1 Ws 309 — 310/07, juris), nicht zur Versagung des Gebührenansatzes nach neuem Recht herangezogen werden (vgl. LG Berlin, a.a.O., juris Rz. 7). Der Anwendungsbereich von § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG ist nicht eröffnet, da der Verteidiger nach altem Recht nicht etwa eine geringere, sondern überhaupt keine Gebühr hätte verlangen können.
b) Auch die von Rechtsanwalt R. angesetzte Höhe der Wertgebühr Nr. 4142 VV RVG ist berechtigt. Gemäß § 49 RVG ist bei einem Gegenstandswert von über Euro 30.000,00 eine Gebühr in Höhe von Euro 447,00 (netto) zu vergüten. Für die Bestimmung des Gegenstandswertes ist nach Ansicht der Kammer nicht maßgeblich, in welcher Höhe eine Einziehung im Urteil am 08.02.2018 angeordnet worden ist, sondern in welcher Höhe eine Einziehung drohte. Nach den Gründen des dinglichen Arrestes vom 19.10.2016 wurde die Höhe der zu sichernden Ansprüche nach der Anzahl der Bestellungen der verletzten Opfer durch Freier in den Bordellen „Kino 3″ und „Le Bar“ sowie im Escort-Service in der Zeit von Januar 2013 bis September 2016 berechnet. Unter Heranziehung des ebenfalls am 19.10.2016 erlassenen Haftbefehls des Amtsgerichts Tiergarten (Blatt 91 ff. Band Il Kostenband) dem Angeklagten pp. seinerzeit Taten zu Lasten von 1 1 Prostituierten vorgeworfenn nämlich zu Lasten der pp. In der Anklageschrift vom 06.03.2017 (Blatt 2 ff. Band I Kostenband) wurde zwar der Tatvorwurf zu Lasten der pp. nicht aufrechterhalten. Jedoch wurden dem Angeklagten pp. Tatvorwürfe zu Lasten weiterer 13 Prostituierter unterbreitet, so zu der pp. Die Tatvorwürfe zu Lasten der insgesamt 23 Prostituierten bestanden nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung am 01.07.2017 fort. Nach allem ist nicht zu beanstanden, dass der Verteidiger die Verteidigung des Angeklagten pp. darauf ausgerichtet hat, eine drohende Einziehung in Höhe von insgesamt Euro 418.000,00 abzuwenden. Abgesehen davon hat die Staatsanwaltschaft in der Sitzung am 05.02.2018 in Bezug auf den Angeklagten pp. eine Einziehung in Höhe von insgesamt Euro 291.930,40 beantragt. Aber selbst die im Urteil der Kammer angeordnete Einziehung eines Wertersatzes von insgesamt Euro 41.840,00 rechtfertigt einen Gebührenansatz in Höhe von Euro 447,00 netto.“
Ich wage – ist kein großes Wagnis 🙂 – die Behauptung: Das wird die Bezirksrevisorin (auch) nicht schlucken. Und damit wären dann wahrscheinlich drei Verfahren in der weiteren Beschwerde beim KG. Auf Leute, an die Arbeit….
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