Ebenfalls in die Rubrik: „Das kann doch nicht wahr sein“, gehört der BGH, Beschl. v. 29.11.2016 – 3 StR 444/16 (zum ersten Posting aus dem Themenkreis vgl. Mal wieder die Nebenklägerrevision, oder: der Orthopäde zieht ja auch keine Zähne). Dre behandelt ebenfalls einen Dauerbrenner, bei dem sich mancher Verteidiger nicht mit Ruhm bekleckert, nämlich bei der ordnungsgemäßen Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags. So auch hier. Die Beschlussbegründung spricht für sich:
„Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in zehn Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch geblieben ist, und wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen das am 25. Mai 2016 in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Angeklagte mit einem am 1. Juli 2016 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers vom selben Tage Revision eingelegt. Zugleich hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat der Verteidiger ausgeführt:
Der Angeklagte habe ihn gleich nach der Urteilsverkündung beauftragt, Revision gegen das Urteil einzulegen. Das habe er aufgrund von Arbeitsüberlastung unterlassen. Erst als ihn der Angeklagte „heute“ in der Justizvollzugsanstalt darauf angesprochen habe, eine neue Strafzeitberechnung erhalten zu haben, in der die Rechtskraft des Urteils vermerkt sei, habe er sein Versäumnis erkannt.
1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig, weil die Voraussetzun-gen gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht eingehalten wurden. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 26. Oktober 2016 ausgeführt:
„Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhal-ten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2016 – 4 StR 452/15, BeckRS 2016, 02161, mwN). An dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es hier. Der Antrag enthält keine ausreichenden Angaben dazu, wann das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand, weggefallen ist. Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten. Auf den – von der Revision mitgeteilten – Zeitpunkt der Kenntnis des Verteidigers kommt es hingegen nicht an (BGH, aaO, mwN). Wann dem Angeklagten die neue Strafzeitberechnung, in der das Urteil als rechtskräftig vermerkt ist, ausgehändigt wurde und ihm somit die Versäumung der Revisionseinlegungsfrist bekannt geworden ist, wird indes von der Revision nicht vorgetragen, obwohl der Wiedereinsetzungsantrag erst einen Monat nach Ablauf der Frist des § 341 Abs. 1 StPO gestellt wurde. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO wie hier nach Aktenlage nicht offensichtlich ist, gehört zur formgerechten Anbringung des Wiedereinset-zungsantrags, dass der Antragsteller mitteilt, wann das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand, weggefallen ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen wäre (BGH, aaO, mwN).“
Dem schließt sich der Senat an.
Soweit nunmehr mit Schriftsatz des Verteidigers vom 16. November 2016 ausgeführt worden ist, dass auch der Angeklagte erst am 1. Juli 2016 von der unterbliebenen Revisionseinlegung erfahren habe, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Die Angaben zu dem Zeitpunkt, in dem der Angeklagte von dem Wegfall des Hindernisses, hier mithin von dem Versäumnis des Verteidigers, erfahren hat, müssen innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 StPO gemacht werden, weil sie Voraussetzung für die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags sind; später können bereits rechtzeitig vorgetragene Zulässig-keitsvoraussetzungen nur noch ergänzt und verdeutlicht werden (BGH, Beschluss vom 30. April 2015 – 1 StR 135/15, juris Rn. 4).“
Ich kann nur (nochmals) sagen: Kollegen, wenn ich nicht wollt oder es nicht könnt, dann lasst es. Es gibt genügend Kollegen, die es können und die auch wollen.
Traurig für den Mandanten – natürlich unterstellt, die Revision hätte was gebracht. Aber selbst wenn nicht kann ich mir vorstellen (wer tiefere Einblicke in die Knackiseele hat möge mich bei Notwendigkeit bitte korrigieren), dass es dadurch dem Verurteilten schwerer fällt, seine Strafe zu akzeptieren und dies womöglich Einfluss auf die Resozialisierung / Rückfälligkeit hat.