Der (erfahrene) Strafverteidiger weiß (hoffentlich): An die Beweiswürdigung des Tatgerichts ist nicht so einfach „dran zu kommen“. Denn so das Mantra der Revisionsgerichte: Die Beweiswürdigung gehört dem Tatrichter. Aber manchmal gelingt es dann doch und das ist häufig in den Fällen der Aussage-gegen-Aussage-Konstellation der Fall, vor allem wenn es um sexuellen Missbrauch geht. Ein schönes – lesenswertes Beispiel ist da der BGH, Beschl. v. 20.03.2016 – 2 StR 92/15 -, in dem der BGH seine Grundsätze – noch einmal zusammenfasst, quasi ein Grundkurs:
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt nur, ob ihm dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 22. Oktober 2014 – 2 StR 92/14, NStZ-RR 2015, 52, 53).
Beruht die Überzeugung des Gerichts von der Täterschaft des Angeklagten – wie hier – allein auf der Aussage einer Belastungszeugin, ohne dass weitere, außerhalb dieser Aussage liegende belastende Indizien vorliegen, so sind an die Überzeugungsbildung des Tatrichters strenge Anforderungen zu stellen. Die Urteilsgründe müssen in Fallkonstellationen der genannten Art erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, welche seine Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (BGH, Urteil vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 159). Insbesondere die Aussage der Zeugin selbst ist einer sorgfältigen Glaubhaftigkeitsprüfung zu unterziehen (vgl. BGH, aaO, S. 158). Macht die einzige Belastungszeugin in der Hauptverhandlung in einem wesentlichen Punkt von früheren Tatschilderungen abweichende Angaben, so muss sich der Tatrichter mit diesem Umstand auseinander setzen und regelmäßig darlegen, dass und aus welchem Grund insoweit keine bewusst falschen Angaben vorgelegen haben (BGH, Urteil vom 17. November 1998 – 1 StR 450/98, BGHSt 44, 256, 257). Darüber hinaus ist es in Fallkonstellationen, in denen die Angaben der einzigen Belastungszeugin in der Hauptverhandlung in wesentlichen Teilen von ihren früheren Angaben abweichen, geboten, jedenfalls die entscheidenden Teile der Aussage in den Urteilsgründen wiederzugeben, weil dem Revisionsgericht ohne Kenntnis des wesentlichen Aussageinhalts ansonsten die sachlich-rechtliche Überprüfung der Beweiswürdigung nach den oben aufgezeigten Maßstäben verwehrt ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. August 2011 – 1 StR 114/11, NStZ 2012, 110, 111; Beschluss vom 24. April 2014 – 5 StR 113/14, NStZ-RR 2014, 219). Gleiches gilt in Fallkonstellationen, in denen konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines Falschbelastungsmotivs bestehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Februar 2016 – 2 StR 308/15, juris Rn. 7 ff., 12).“
Und auf der Grundlage passte ihm die landgerichtliche Beweiswürdigung dann nicht. Wie gesagt: Grundkurs – lesenswert.