Nachdem ich gestern über die Blitzer-App auf dem Smartphone und den dazu ergangenen OLG Celle, Beschl. v. 03.11.2015 – 2 Ss (OWi) 313/15 berichtet habe (vgl. Die Blitzer-App auf dem Smartphone – lieber nicht, das gibt nämlich ein Bußgeld) heute dann schon wieder Handy/Smartphone, nun aber in Zusammenhang mit einer Fahrverbotsfrage, die zeigt, wie gefährlich die Dinger im Straßenverkehr sind/sein können.
Man weiß: Ein Fahrverbot kann nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG auch dann verhängt werden, wenn eine „beharrliche Pflichtverletzung“ vorliegt. Die damit zusammenhängenden Fragen sind allerdings nicht so einfach zu beantworten, weil es eine gesetzliche Regelung dazu nicht gibt. Deshalb werden an der Stelle auch immer wieder Fehler gemacht, weshalb in der Frage einiges an Verteidigungspotential steckt. Das zeigt dann auch der OLG Hamm, Beschl. v. 17.09.2015 – 1 RBs 138/15 – bei dem es u.a. auch um Handyverstöße ging -, auch wenn er nicht zu einem Erfolg für den Betroffenen geführt hat.
Das AG hatte gegen den Betroffenen wegen Beharrlichkeit ein Fahrverbot verhängt: Nach der „.. gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Gerichts ist bei sogenannten Handyverstößen eine beharrliche Pflichtverletzung im vorbezeichneten Sinne gegeben, wenn drei oder mehr einschlägige Vorbelastungen vorliegen oder zwei einschlägige Vorbelastungen vorliegen und die verfahrensgegenständliche Tat binnen Jahresfrist nach der letzten einschlägigen Vorbelastung begangen worden ist.“ Das OLG meint, das sei,
„im Hinblick auf die hier relevanten sog. „Handyverstöße“ rechtlich bedenklich.
Beharrliche Pflichtverletzungen liegen vor, wenn ein Verkehrsteilnehmer durch die wiederholte Verletzung von Rechtsvorschriften erkennen lässt, dass es ihm an der für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderlichen rechtstreuen Gesinnung und der notwendigen Einsicht in zuvor begangenes Unrecht fehlt (vgl. nur: BGH NJW 1992, 1398; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2014 – IV – 2 RBs 37/14 = BeckRS 2014, 16347).Bei der Beurteilung, ob ein Verstoß beharrlich ist, kommt es auf die Zahl der Vorverstöße, ihren zeitlichen Abstand (OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Hamm NStZ-RR 2015, aber auch auf ihren Schweregrad an (vgl. insoweit: BayObLGSt 2003, 132, 133; OLG Hamm NStZ-RR 2014, 59). Mangelnde Rechtstreue wird sich daher eher bei gravierenden Rechtsverstößen zeigen, kommt aber auch bei einer Vielzahl kleiner Rechtsverstöße in Betracht. Bei den sog. „Handyverstößen“ handelt es sich – gemessen an ihrer Einordnung im Bußgeldkatalog (Nr. 246) mit einer vergleichsweise geringen Geldbuße – um solche eher leichteren Rechtsverstöße, wobei sie aber in der Bandbreite der leichteren Rechtsverstöße eher im oberen Bereich anzusiedeln sind, was sich aus der Bewertung (nach neuem Recht) mit einem Punkt und damit der gesetzgeberischen Einordnung als „verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeit“ (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. s StVG) ergibt. Hier schon grundsätzlich bei zwei einschlägigen Vorverstößen, der letzten Vorbelastung innerhalb eines Jahres vor der neuen Tat, von einer Beharrlichkeit auszugehen, völlig ungeachtet dessen, aus welcher Zeit die erste einschlägige Vorbelastung stammt, erscheint dem Senat gleichwohl nicht überzeugend. Erforderlich ist nämlich auch, dass ein innerer Zusammenhang i.?S. einer auf mangelnder Verkehrsdisziplin beruhenden Unrechtskontinuität zwischen den Zuwiderhandlungen besteht (OLG Hamm a.a.O. m.w.N.). Das kann bei diesen vom Amtsgericht aufgestellten Rechtssätzen der Fall sein, muss es aber nicht. Konkret war es hier so, dass der erste der beiden „Handyvorverstöße“ am 10.01.2012 begangen und am 16.01.2012 mit Bußgeldbescheid geahndet worden ist. Der zweite einschlägige Vorverstoß wurde am 04.03.2014 begangen und mit Bußgeldbescheid vom 11.03.2014 geahndet. Es folgte dann der jetzige Verstoß am 16.09.2014. Hier bestehen wegen des langen Zeitraums zwischen der Ahndung des ersten einschlägigen Vorverstoßes und der Begehung des zweiten einschlägigen Vorverstoßes (immerhin mehr als zwei Jahre) Zweifel an einer solchen Unrechtskontinuität, wenn man allein die „Handyverstöße“ in den Blick nimmt.
Aber: „Gereicht“ hat es dann trotzdem: Der Senat hält gleichwohl eine beharrliche Pflichtverletzung für gegeben, wenn man alle im angefochtenen Urteil aufgeführten Vorverstöße seit dem ersten „Handyverstoß“ berücksichtigt. Denn zwischen den beiden einschlägigen Vorverstößen hat der Betroffene zwei nicht unerhebliche Geschwindigkeitsverstöße (jeweils um 22 km/h) begangen, die mit Bußgeldbescheide von 29.05.2013 bzw. 09.01.2014 mit Geldbußen geahndet worden sind.
M.E. passt die Entscheidung, und zwar in beiden Punkten: Zwei Handyverstöße sind noch keine „Beharrlichkeit“, aber wenn die anderen Verstöße dazu kommen….