Viele BGH-Entscheidungen sind für die Praxis interessant. Zwar enthalten sie nicht immer bahnbrechend Neues, aber sie rücken häufig doch die ein oder andere Frage, die in der Praxis von Bedeutung ist/sein kann, wieder in den Fokus. So der BGH, Beschl. v. 09.06.2015 – 3 StR 113/15. Und der gleich in doppelter Hinsicht, nämlich sowohl wegen einer materiell-rechtlichen Fragestellung als auch wegen einer verfahrensrechtlichen Problematik. Zunächst zu der materiell-rechtlichen Problematik, die verfahrensrechtliche folgt dann nachher.
Das LG hat die Angeklagten jeweils wegen schweren Raubes in zwei Fällen sowie wegen Diebstahls in Tateinheit mit Unterschlagung verurteilt. Festgestellt worden ist, dass die Angeklagten und der ein weiterer Mitangeklagter, der nicht Revision eingelegt hat, übereingekommen waren, einen Raubüberfall auf die Tankstelle vorzutäuschen, bei der der Mitangeklagate Angestellter war. Die den vorgetäuschten Überfall ausführenden Angeklagten R. und H. entwendeten in erheblichem Umfang Zigaretten aus den Regalen der Tankstelle und nahmen im Einverständnis mit dem Mitangeklagten die Wechselgeldkasse mit, die 350 € Bargeld enthielt.
Der BGH beanstandet den Schuldspruch, soweit die Angeklagten tateinheitlich zu der rechtlich zutreffenden Verurteilung wegen Diebstahls auch der Unterschlagung schuldig gesprochen worden sind:
b) Zwar ist die Annahme nicht zu beanstanden, dass der Nichtrevident B. , der als Angestellter während der Dauer seiner Schicht verantwortlich fürdie Wechselgeldkasse war, als Kassenverwalter Alleingewahrsam an dem in der Kasse befindlichen Bargeld hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 1988– 3 StR 115/88, BGHR StGB § 246 Abs. 1 Alleingewahrsam 1 mwN) und dassdeshalb insoweit – anders als hinsichtlich der durch die gleiche Tat erbeuteten Zigaretten – eine Verurteilung wegen Diebstahls mangels Gewahrsamsbruchs nicht in Betracht kommt. Der Verurteilung auch wegen Unterschlagung steht indes die Subsidiaritätsklausel des § 246 Abs. 1 StGB entgegen, nach der dieser Tatbestand zurücktritt, wenn der Täter sich durch die Tat zugleich auchnach einer anderen Vorschrift strafbar gemacht hat und diese nach der im konkreten Fall anzuwendenden gesetzlichen Strafdrohung eine Höchststrafe von mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe vorsieht (BGH, Beschluss vom 24. Juli 2014 – 3 StR 188/14, juris Rn. 2). Dies ist hier der Fall, weil die Höchststrafe des durch dieselbe Tat verwirklichten Tatbestands des Diebstahls (an den Zigaretten) gemäß § 242 Abs. 1 StGB fünf Jahre Freiheitsstrafe beträgt.
Aber: Außer Spesen – nämlich Änderung des Schuldspruchs – nichts gewesen, denn:
c) Die Änderung der Schuldsprüche lässt die in diesem Fall verhängten Einzelstrafen unberührt. Das Landgericht hat in der Strafzumessung ausdrücklich nicht straferschwerend berücksichtigt, dass die Angeklagten tateinheitlich zu dem Diebstahl noch eine Unterschlagung begangen hätten.“
Wie gesagt: Nichts Bahnbrechendes, aber als kleine Erinnerung dann doch mal wieder ganz nett. Und ggf. kann es ja auch für die Strafzumessung Auswirkungen haben.