Archiv für den Monat: September 2014

Die Frau des Vorsitzenden als Zeugin

© sss78 – Fotolia.com

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Eine in der Praxis sicherlich nicht so häufige Konstellation, die aber zu interessanten verfahrensrechtlichen Fragestellungen führt, hat dem BGH, Beschl. v. 06.08.2014 – 1 StR 333/14 – zugrunde gelegen. In der Hauptverhandlung ist nämlich die Ehefrau des Vorsitzenden der Strafkammer als Zeugin vernommen worden. Während der Vernehmung der Zeugin hat dann aber nicht der Vorsitzende, sondern der Berichterstatter die Verhandlungsleitung übernommen. Das wird mit der Revision beanstandet, allerdings ohne Erfolg. Der BGH behandelt – auf der Grundlage der Stellungnahme des GBA, die er einrückt – folgende Punkte:

  • Verstoß gegen § 338 Nr. 1 StPO?
    • Nein, denn „Die zeitweise Übertragung der Verhandlungsführung auf ein anderes Mitglied des Spruchkörpers ändert nichts an der Tatsache, dass die Strafkammer durchgängig mit dem Vorsitzenden Richter K. und den beisitzenden Richtern P. und Ku. besetzt war und diese auch durchgängig verhandlungs- und erkenntnisfähig waren.“
  • Mitwirkung des Vorsitzenden, obwohl er sich offenbar selbst als befangen angesehen hat?
    • Nein, der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO scheitert „daran, dass keine gerichtliche Entscheidung über die (Selbst-)Ablehnung erfolgt ist. Die Rüge kann nicht damit begründet werden, dass einer der mitwirkenden Richter seine Selbstablehnung nach § 30 StPO hätte erklären müssen (KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 338 Rn. 59).Nachdem dem Verteidiger des Angeklagten bereits vor der Hauptverhandlung mitgeteilt worden war, dass es sich bei der Zeugin H. um die Ehefrau des Vorsitzenden Richters K. handelt, hätte ein diesbezügliches Ablehnungsgesuch gem. § 25 Abs. 1 StPO bis zum Beginn der Vernehmung des Angeklagten zu seinen persönlichen Verhältnissen erfolgen müssen.“
  • Relativen Revisionsgrund gem. § 337 Abs. 1 StPO in der gewählten Verfahrensweise bei der Vernehmung der Zeugin?
    • Nein bzw.: „Zwar ist darin ein Verstoß gegen § 238 Abs. 1 StPO zu sehen; der Angeklagte hat jedoch von der Möglichkeit des Zwischenrechtsbehelfs nach § 238 Abs. 2 StPO keinen Gebrauch gemacht gemacht, weshalb er mit einer entsprechenden Rüge präkludiert ist.

Insbesondere der letzte Hinweis des BGH ist interessant und führt zu der Folgerung für die Praxis: Auch das ist eine Konstellation, in der man als Verteidiger vom Zwischenrechtsbehelf nach § 238 Abs. 2 StPO Gebrauch machen sollte. Aber – wie gesagt: So ganz häufig wird es nicht vorkommen.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Gibt es eine (Vernehmungs)Terminsgebühr für diese Hafttermine?

Und hier dann die Lösung/Antwort zu dem Posting vom vergangenen Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Gibt es eine (Vernehmungs)Terminsgebühr für diese Hafttermine?. Ich räume ein: Ganz taufrisch war die Frage nicht mehr, da es zu der Problematik nämlich inzwischen schon einen OLG Beschluss gibt, und zwar den OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.06.2014 -1 Ws 85/14. Das OLG hat in beiden Fällen das Entstehen der Nr. 4102 Nr. 3 VV RVG abgelehnt. Nach Auffassung des OLG ist in beiden Fällen nicht i.S. der Nr. 3 „verhandelt“ worden:

„aa) Im Termin vom 09.10.2009 hat der Verteidiger, nachdem dem Beschuldigten der Haftbefehl verkündet, ihm eine Rechtsmittelbelehrung sowie eine Belehrung gemäß § 136 StPO erteilt und eine Ausfertigung des Haftbefehls übergeben worden war und er sich zur Sache nicht geäußert hatte, ausweislich des Terminsprotokolls nämlich lediglich Akteneinsicht und seine Beiordnung zum Pflichtverteidiger beantragt, weitere Erklärungen oder Stellungnahmen zur Fortdauer der Untersuchungshaft hingegen nicht abgegeben. Soweit der Verteidiger in seinem Schrift-satz vom 07.02.2014 vorgetragen hat, dass der Ermittlungsrichter den Sachverhalt und die den Tatverdacht begründenden Umstände erörtert habe, und zur Verdeutlichung dieses Vortrags den Inhalt eines von ihm für seine Unterlagen gefertigten Aktenvermerks dargelegt hat, vermag dieses Vorbringen eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn — wie die Strafkammer zutreffend ausgeführt hat — ergibt sich hieraus lediglich, dass der Ermittlungsrichter den Verteidiger über den Ermittlungsstand informiert und der Beschuldigte sodann offenbar auf Anraten des Verteidigers keine Angaben zur Sache gemacht hat. Eine gebührenauslösende Tätigkeit im Sinne der Nr. 4102 VV RVG wird mit diesem Vortrag indes nicht dargetan.

bb) Nichts anderes gilt bezüglich des Vorführungstermins am 19.02.2008. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug, denen er sich anschließt. Zwar hat zu Beginn dieses Termins noch kein Haftbefehl bestanden, sondern ist dieser erst im Verlaufe des Termins erlassen worden, nachdem der Beschuldigte nach Belehrung keine Angaben zur Sache gemacht hatte. Aber auch in diesem Termin hat der Verteidiger ausweislich des Terminsprotokolls mit Ausnahme der Beantragung von Akteneinsicht keine weiteren Erklärungen oder Stellungnahmen zur Anordnung der Untersuchungshaft abgegeben und wird Entsprechendes vom Verteidiger auch nicht vorgebracht.“

Na ja, kann man m.E. auch anders sehen. Geht man nämlich davon aus, dass für das Entstehen der Nr. 4102 Nr. 3 VV RVG in dem (Haft-) Termin mehr geschehen sein muss als eine bloße Verkündung des Haftbefehls, hätte hier m.E. das OLG ohne weiteres die Gebühr Nr. 4102 VV RVG gewähren können/müsen. Denn es handelte sich nicht um bloße Haftbefehlsverkündungstermine. Im Termin am 19.02.2008 gab es zunächst überhaupt noch keinen Haftbefehl; die Fallgestaltung ist also vergleichbar mit der von KG StraFo 2006, 472 = RVGreport 2006, 310 = AGS 2006, 545, in der die Gebühr gewährt worden ist. Dass in dem Termin nicht über den Bestand und/oder den Erlass des dann schließlich erlassenen Haftbefehls gestritten worden sein soll, ist schlechterdings nicht vorstellbar. Ähnliches gilt für den Termin 09.10.2009. Wenn in dem Termin – so das OLG – „der Ermittlungsrichter den Sachverhalt und die den Tatverdacht begründenden Umstände erörtert hat, und zur Verdeutlichung dieses Vortrags den Inhalt eines von ihm für seine Unterlagen gefertigten Aktenvermerks dargelegt hat“, ist es in meinen Augen Spiegelfechterei, wenn das OLG darin nur eine Information über den Ermittlungsstand sieht. Denn was ist das im Grunde anders als die Diskussion des (dringenden) Tatverdachts. So hatte es der Verteidiger zutreffend gesehen und u.a. damit zutreffend den Anfall der Gebühr Nr. 4102, 4103 VV RVG begründet.

Wie leider häufig: Ein wenig kleinkariert. Aber passt m.E. zu anderen Entscheidungen des OLG Saarbrücken.

Die eineiigen Zwillinge im Verkehrsrecht

entnommen openclipart.org

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Weltweit ist – so sagt es Wikidpedia – im Schnitt jede 40. Geburt eine Zwillingsgeburt. Die Verteilung der Geburtenraten eineiiger zu zweieiigen Zwillingen verändert sich nach Jahr und Region zwischen 1:4 bis 1:1. Entsprechend dieser Häufigkeit haben wir auch immer wieder, zwar nicht häufig, aber eben doch immer mal wieder im Verkehrs(straf)-/OWi-Recht mit (eineiigen) Zwillingen zu tun. Da gab es vor einiger Zeit den OLG Celle, Beschl. v. 31.o 8.2010 – 311 SsRs 54/10 (vgl. dazu Wir sind eineiige Brüder, oder ….). In dem Verfahren ging es um einen Beweisantrag zur  Frage des Fahrers eines Pkws mit der Behauptung: Mein Bruder ist gefahren und der ist eineiiger Zwillingsbruder und „gleicht mir wie ein Ei dem anderen“.

Um eineiige Zweillinge geht es auch im VG Düsseldorf, Urt. v. 16.07.2014 – 6 K 4161/13. Da war mit dem Pkw der Klägerin eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen worden. Von dem Verkehrsverstoß lag ein ein Lichtbild des Fahrers vor. Die Klägerin machte von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Von der Ermittlungsbehörde wurde dann mitgeteilt, dass es sich bei dem verantwortlichen Fahrzeugführer vermutlich um einen Sohn der Klägerin handele. Die OWi-Behörde forderte daraufhin Lichtbilder sowohl von ihm als auch von seinem eineiigen Zwillingsbruder an. Bei einer erneuten Befragung berief sich die Klägerin erneut auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht. Die Ermittlungen wurden eingestellt und gegen die Klägerin die Führung eines Fahrtenbuches angeordnet. Dagegen hat sie geklagt und hat – man ist, da die VG ja sonst sehr weitgehend alles absegnen, was die Verwaltungsbehörden nicht getan haben, erstaunt  – Erfolg. Dem VG haben bei der Sachlage die Aktivitäten der Verwaltungsbehörde dann doch nicht gereicht:

Ungeachtet dessen hat die OWi-Behörde ihrer Ermittlungspflicht nicht hinreichend Rechnung getragen. Sie hat nicht alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen, um den Täter zu ermitteln.

Nach Aktenlage lag nach Abgleich der Passbilder mit dem Fahrerfoto für die OWi-Behörde Anfang Januar 2013 und damit ein Monat vor Ablauf der Verjährungsfrist auf der Hand, dass einer der Söhne der Klägerin das Fahrzeug geführt und den Verkehrsverstoß begangen haben musste. Wäre die Klägerin ihren Halterpflichten nachgekommen, hätte sie der OWi-Behörde auch keine weitergehenden Angaben zum Kreis der möglichen Fahrer machen können, als der OWi-Behörde ohnehin zur Verfügung stand; nämlich dass einer ihrer beiden Zwillingssöhne der Fahrer war. Da die OWi-Behörde diese Information bereits besaß, war die Berufung der Klägerin auf ihr Schweigerecht nicht mehr kausal für die Nichtermittelbarkeit des Fahrers. Die OWi-Behörde hätte gegen die Zwillingssöhne ermitteln müssen, gleichviel ob diese wegen der Halterangabe oder durch sonstige Ermittlungen in den Täterkreis gerückt waren. Der OWi-Behörde stand im Januar 2013 auch noch ausreichend Zeit zur Verfügung, um diesem erfolgsversprechenden Ermittlungsansatz vor Eintritt der Verfolgungsverjährung (vgl. § 26 Abs. 3 Alt. 1 StVG) nachzugehen.

Es hätte an dieser Stelle zunächst nahe gelegen und wäre auch ohne großen Aufwand möglich gewesen, die Söhne persönlich anzuhören. Von einer solchen Anhörung hat die OWi-Behörde aber – anders als in dem von dem Beklagten zitierten Fall, welchem dem Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 17. Januar 2013 (2 K 1957/12) zu Grunde lag – aus nicht näher dargelegten Gründen abgesehen. Dabei erschien eine solche Anhörung auch nicht völlig aussichtslos. Denn es ist nicht von vornherein anzunehmen, dass sich die Söhne der Klägerin nicht zum Tatvorwurf geäußert hätten.

Da unbekannt geblieben ist, wie die Zwillingssöhne sich eingelassen hätten, lässt sich nicht sagen, dass weitere Bemühungen zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers allein deshalb erfolglos gewesen wären, weil es sich bei den Verdächtigen um eineiige Zwillinge handelte. Es ist nicht zwingend auszuschließen, dass der Fahrer sich zu erkennen gegeben hätte.

Für die Zukunft gilt: Sollten die Ermittlungen zu einem Verkehrsverstoß ergeben, dass als Täter ein eineiiger Zwilling in Betracht kommt, und kann aufgrund des ähnlichen äußeren Erscheinungsbildes nicht allein mit Hilfe des Fahrerfotos festgestellt werden, welcher Zwilling gefahren ist, sind die Zwillinge zu dem Verkehrsverstoß anzuhören. Ist auch nach Anhörung der Zwillinge die Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers unmöglich, kann die OWi-Behörde ihre Ermittlungen ohne Weiteres einstellen und der Beklagte eine Fahrtenbuchauflage erlassen.“

Sonntagswitz: Auf nach Paris – zum „Start der Fußball-EM 2016“ Fußball- und Schottenwitze

© Teamarbeit – Fotolia.com

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Wie habe ich es gerade gelesen: Das heutige Spiel der Fußballnationalmannschaft ist der Start zur Fahrt nach Paris, wo man am 10.07.2016 im Rahmen und als Abschluss der Fußball-EM 2016 ankommen will. Na dann, gute Fahrt, Hauptsache es gibt zwischendurch keinen Motorschaden oder eine Reifenpanne. Und wir begleiten den Start dann mit Fußball- und Schottenwitzen aus dem Netz:

Der Platzordner sieht nach Ende des Fußballspiels einen Jungen über den Zaun klettern.
Er brüllt: „Kannst Du nicht da rausgehen, wo Du rein gekommen bist?“

Der Junge: „Tu’ ich doch!“

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„Fußballspiel in einem schottischen Dorf.
Zur Seitenwahl wirft der Schiedsrichter eine Münze in die Luft.
Folge: 2000 Verletzte…“

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Ein Schotte möchte die Sterbeanzeige für seine verstorbene Frau in der Zeitung veröffentlichen lassen. Als er gefragt wird wie die Anzeige aussehen soll sagt er nur: “Sarah ist tot”.
Als der Verleger erfuhr,dass das alles sein sollte, was man nach 35 Jahren Ehe seiner toten Frau mit gibt, machte er den Schotten darauf aufmerksam, dass drei Wörter in der Anzeige genauso viel kosten wie sieben Wörter.
Daraufhin sagte der Schotte plötzlich: “Dann schreiben sie: Sarah ist tot und Fiesta zu verkaufen.”

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und dann war da noch:

der junge Ehemann, der seine Braut/frisch vermählte Frau zärtlich über die Türschwelle trägt und dann zusieht, wie sie sich auszieht und ins Bett legt.
Dann sagt er: Du hast mich warten lassen, bis wir verheiratet sind, jetzt musst du warten, bis die Fußballübertragung zu Ende ist.

Wochenspiegel für die 36. KW, das war der Anwalt mit Alukoffer, die erfundene Vergewaltigung und die Penisattrappe

entnommen wikimedia.org Urheber Tropenmuseum

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Urheber Tropenmuseum

Wir berichten aus der 36. KW – seit längerem mal wieder ohne den Fall Mollath und auch ohne NSU – über ganz „normale“ Postings/Verfahren, und zwar über

  1. Achtung, Anwalt mit Alukoffer: Konfliktverteidigung um Bonner Taschenbombe

  2. die Willkür des unzuständigen Richters,

  3. Nicht lustig: Die Klopapier-Affäre und ihre Folgen,

  4. die erfundene Vergewaltigung in Regensburg, vgl. auch hier,

  5. Jeder zweite Atemalkoholtest falsch ?,

  6. Penisattrappe und Kunsturin – als Helfer in der Not (?),

  7. das heimliche Mithören eines Telefonats, vgl. auch hier,

  8. Bundesjustizminister Maas: Handy-Ortung nur noch bei Einwilligung,

  9. dann waren da noch 10 Tipps für eine Kanzleihomepage,

  10. und dann war da auch noch die Frage, ob man als Nichtjurist eine Robe tragen darf mit: Robe ausziehen, Sie sind kein Anwalt!