Straftat „außer Landes“ – Bewährungswiderruf „inner Landes“ möglich?

© angelo sarnacchiaro - Fotolia.com

© angelo sarnacchiaro – Fotolia.com

Ein Irrtum ist es zu glauben, dass die Verurteilung wegen einer im Ausland begangenen Tat nicht den Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung aus einer inländischen Verurteilung nach sich ziehen kann. Das Gegenteil ist der Fall, wie jetzt (erneut) ein Verurteilter vom KG im KG, Beschl. v. 23.05.2014 – 2 Ws 198/14 – bescheinigt bekommen hat. Der Verurteilte war hier in der Bundesrepublik 2007 u.a. wegen wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Nach  Teilverbüßung wurde die Reststrafe 2010 für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. 2012 wurde gegen den Verurteilten dann  in den Niederlanden eine Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt. Die ist dann zum Anlass für den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung der deutschen Reststrafe genommen worden.

Und zwar, wie das KG sagt, zu Recht. nach seiner Auffassung liegen die Voraussetzungen für einen Widerruf der Strafaussetzung nach § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 57 Abs. 5 Satz 1 StGB vor:

„a) Dass der Beschwerdeführer die neue Tat im Ausland begangen hat, steht ihrer Heranziehung als Widerrufsgrund nicht entgegen. Es ist anerkannt, dass auch Auslandstaten Anlass zum Widerruf einer Strafaussetzung geben können, weil auch sie die bei der Strafaussetzung angenommene günstige Legalprognose zu erschüttern vermögen (vgl. OLG Köln MDR 1972, 437, 438; Senat, NStZ-RR 2009, 61 – bei juris Rdn. 12; Beschluss vom 12. Juli 2006 – 5 Ws 375/06 –; Fischer, StGB 61. Aufl., § 56f Rdn. 3; S/S-Stree/Kinzig, StGB 29. Aufl., § 56f Rdn. 6; SK-StGB/Schall, Stand: 140. EL, § 56f Rdn. 8; Lackner/Kühl, StGB 28. Aufl., § 56f Rdn. 4).

Soweit vereinzelt die Auffassung vertreten wird, dass eine im Ausland begangene Tat nur dann den Widerruf begründen könne, wenn auf sie das deutsche Strafrecht nach §§ 4 ff. StGB Anwendung finde (so SSW-StGB/Mosbacher, 2. Aufl., § 56f Rdn. 9; MüKoStGB/Groß, 2. Aufl., § 56f Rdn. 9, der auf diese Einschränkung allerdings verzichten will, wenn die Tat innerhalb der Europäischen Union, insbesondere in einem der sog. Schengen-Staaten, stattgefunden hat), folgt der Senat dem nicht. Eine solche Einschränkung findet im Gesetz keine Stütze. Die Erwartung, dass der Verurteilte keine Straftaten mehr begehen wird, ist unabhängig von dem auf sie anwendbaren Recht, insbesondere auch unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Verurteilten und unabhängig vom Tatort durch jede neue Tat von nicht unerheblichem Gewicht in Frage gestellt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die Tat auch nach deutschem Recht strafbar wäre.

 b) Der Widerruf nach § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass die schuldhafte Begehung der neuen Tat zur Überzeugung des über den Widerruf der Strafaussetzung befindenden Gerichts feststeht (vgl. BVerfG NStZ 1987, 118; Senat, Beschluss vom 12. Dezember 2013 – 2 Ws 477-478/13 – juris). Dies ist hier der Fall…….

Zwar ist das Widerrufsgericht – anders als hinsichtlich der Ausgangsverurteilung, die im Vollstreckungsverfahren vorbehaltlich einer rechtskräftigen Anordnung der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 370 Abs. 2 StPO nicht in Frage gestellt werden kann (vgl. Senat NStZ-RR 2001, 136; ZfStrVo 1996, 247; Beschlüsse vom 28. März 2013 – 2 Ws 59/13 – und 30. April 2012 – 2 Ws 78/12 –) – an die rechtskräftige Entscheidung eines Gerichts im Anlassverfahren nicht gebunden (vgl. OLG Düsseldorf StV 1996, 45; VRS 95, 253; KG NStZ-RR 2001, 136; Senat, Beschluss vom 7. Juni 2007 – 2 Ws 361/07 – juris; Stree NStZ 1992, 153, 156 f.). Das Gericht darf sich aber auf ein rechtskräftiges Urteil stützen und dadurch die Überzeugung von Art und Ausmaß der Schuld des Täters gewinnen (vgl. OLG Zweibrücken StV 1991, 270; Senat NStZ-RR 2005, 94; Beschluss vom 7. Juni 2007 – 2 Ws 361/07 – juris; Fischer, StGB 61. Aufl., § 56f Rdn. 7; Stree a.a.O.). ….

Diese Grundsätze gelten in der Regel auch für ausländische Urteile, soweit diese auf einem rechtsstaatlichen Verfahren beruhen, in dem die maßgeblichen Feststellungen auf fundierter und nachvollziehbarer Tatsachengrundlage durch ein unabhängiges Gericht unter Wahrung der Rechte des Angeklagten aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, insbesondere aus deren Artikel 6 getroffen worden sind.“

Und die Voraussetzungen hat der KG, Beschl. v. 23.05.2014 – 2 Ws 198/14 für die Niederlande bejaht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert