Die mit der (Akten)Einsicht des Verteidigers in die Bedienungsanleitung oder sonstige Unterlagen von Messgeräten zusammenhängenden Fragen waren der verfahrensrechtliche Dauerbrenner der letzten Zeit, zu dem sich viel AG und auch schon einige OLG zu Wort gemeldet haben. Nach dem „Cierniak-Aufsatz“ in zfs 2012, 664 ff. (vgl. hier: Danke Herr Cierniak – Akteneinsicht im Bußgeldverfahren Teil I) hätten m.E. die Fragen als geklärt angesehen werden können. Auch hatten einige OLG den von Cierniak vorgegebenen Weg beschritten bzw. sich ihm angeschlossen (vgl. hier Danke OLG Naumburg – erste OLG-Entscheidung zum Umfang der Akteneinsicht im Bußgeldverfahren – Teil 2 und Gerade herein bekommen: Auch das KG entscheidet positiv zur Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung). Nun ist aber über einen Beschluss des OLG Celle zu berichten, der m.E. einen Rückschritt in der Diskussion bedeutet.
Der OLG Celle, Beschl. v. 28.03.2013 – 311 SsRs 9/13 – befasst sich zwar zunächst mit der Frage der ausreichenden Begründung der Rechtsbeschwerde in diesen Fällen, die es sehr viel strenger sieht als OLG Naumburg und KG und die Hürden so hoch stellt, wie es z.B. das OLG Hamm (vgl. OLG Hamm, Beschl. v.03.09.2012 – III 3 RBs 235/12) und OLG Bamberg (vgl. OLG-Bamberg, Beschl. v. 19.10.2012 – 2 Ss Owi 1351/12) getan haben. Nun da kommt man drüber weg als Verteidiger, wenn man es weiß und – was wichtig ist, dann auch beachtet.
Im Zusammenhang mit den Begründungsanforderungen an die Rechtsbeschwerde mach das OLG aber auch Ausführungen zur materiellen Frage des (Akten)Einsichtrechts und sieht auch das sehr viel restriktiver als z.B. Cierniak und OLG Naumburg und KG. Zwei Punkte „irritieren“ dabei, und zwar:
- Das OLG verweist auf Anfragen und Einholung von Auskünften beim Hersteller des Messgerät. Schön, liest sich gut. Nur: Damit werden dem Verteidiger Steine statt Brot gegeben. Der Weg führt nämlich ins Nirwana, da die Anfragen wie wir alle wissen, von den Herstellern unter Hinweis auf das Geschäftsgeheimnis in der Regel nicht beantwortet werden.
- Und das OLG scheint auch der Auffassung zu sein, dass der Verteidiger die entsprechenden Unterlagen ja käuflich erwerben könne (müsse). Auch dazu hatte Cierniak zfs 2012, 664 674 Stellung genommen und es als „nicht diskussionswürdig“ angesehen worden. Darauf geht das OLG nicht näher sein, sondern meint nur: „Warum eine solche Vorgehensweise nicht diskussionswürdig sein soll (vgl. Cierniak, ZfS 2012, 664 (674)), erschließt sich dem Senat nicht.„. Das ist nun keine Begründung. Angesichts dieser knappen „Begründung“ (?) Man hat den Eindruck, man mag Cierniak nicht.
Als letztes: Das OLG ist in meinen Augen sehr bemüht herauszustellen, warum man denn nun nicht vom OLG Naumburg und/oder dem KG abweicht. Der Hintergrund ist klar: Bloß keine Vorlage an den BGH. Obwohl die sicherlich allmählich wünschenswert wäre, damit die Fragen endlich höchstrichterlich geklärt sind/werden und nun nicht jedes OLG sein eigenes Süppchen kocht.
„Tit for tat“ nennen das die Engländer – „nicht diskussionswürdig“ (Ciernak) war ja wohl auch keine Begründung.
Überhaupt bemerkenswert, wie ein simpler Überblicksaufsatz jetzt von interessierten Kreisen zum Maß aller Dinge hochgejubelt wird.
„simpler Überblicksaufsatz“ – in meinen Augen war das mehr bzw. von solchen „simplen Überblicksaufsätzen“ wünschte man sich mehr, auch wenn das „interessierten Kreisen“ nicht immer gefallen würde.
Schade, dass das OLG die Sache nicht dem BGH vorgelegt hat. Das Vertrauen in den BGH scheint bei den OLGs ja eher verhalten zu sein.
tja, man befürchtet wahrscheinlich nach dem „simplen Überblicksaufsatz“ Schlimmes 🙂