Der OLG Bamberg, Beschl. v. 21. 3. 2012 – 3 Ss 34/12 – befasst sich mit den in der Praxis immer wieder relevanten Fragen der Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB). Da hatte das LG nach Auffassung des OLG nicht sauber gearbeitet, so dass das OLG die Rechtsfolgenentscheidung des LG aufgehoben hat und wie folgt in den Leitsätzen zu den Bewährungsfragen Stellung nimmt:
1. Besondere Umstände i.S.v.. § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB dürfen nicht mit der Begründung versagt werden, einem Geständnis komme – etwa aufgrund der Betreffenssituation – nur eingeschränkte „Wertigkeit“ zu (u.a. Anschluss an BGH StraFo 2010, 207 und NStZ 2009, 441 = StraFo 2009, 342).
2. Die Bedeutung eines Tatgeständnisses bei der Bewährungsentscheidung nach § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB darf nicht mit der Begründung relativiert werden, es fehle ihm an ‚Schuldeinsicht’ oder ‚Reue’.
3. Schon ein Zusammentreffen lediglich durchschnittlicher und für sich betrachtet einfacher Milderungsgründe kann die Bedeutung besonderer Umstände i.S.v. § 56 Abs. 2 StGB erlangen. Hierbei sind auch solche Milderungsgründe zu berücksichtigen, die (schon) bei der konkreten Strafhöhe oder der Prognoseentscheidung herangezogen worden sind (u.a. Anschluss an BGH StV 2009, 695 f. = NStZ 2010, 147 f.).
4. Für das Vorliegen besonderer Umstände i,S.v. § 56 Abs. 2 StGB ist ausreichend, dass Milderungsgründe von besonderem Gewicht vorliegen, die eine Strafaussetzung trotz des erheblichen Unrechtsgehalts der Tat, der sich in der Strafhöhe widerspiegelt, als nicht unangebracht und als den vom Strafrecht geschützten Interessen zuwiderlaufend erscheinen lassen. Dass diese Milderungsgründe der Tat darüber hinaus ‚Ausnahmecharakter‘ verleihen, verlangt § 56 Abs. 2 nich (u.a. Anschluss an BGH StV 2009, 695 f. = NStZ 2010, 147 f. und BGH NStZ 2009, 441 = StraFo 2009, 342).
Zum Leitsatz 1 und zur „Wertigkeit“ führt das OLG dann im Einzelnen aus:
aa) Als rechtsfehlerhaft erweist sich schon, dass sich das LG angesichts der Zubilligung einer günstigen Sozialprognose im Sinne von § 56 I StGB bei der anschließenden Verneinung besonderer Umstände im Sinne von § 56 II 1 StGB maßgeblich von einer seiner Auffassung nach nur eingeschränkten „Wertigkeit“ des Geständnisses hat leiten lassen. Aus dem Zusammenhang der Strafzumessungsgründe ergibt sich nämlich, dass hiermit zunächst auf die Betreffenssituation des Angekl. anlässlich seiner polizeilichen Kontrolle am Tattag abgestellt wird. Die Berufungskammer ist deshalb bereits im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne davon ausgegangen, dass „das Geständnis […] jedoch in seinem ‚Wert‘ insoweit relativiert werden“ müsse, „als es in einer Situation erfolgt ist, als nach Auffinden des Amphetamins in der Mittelkonsole die (weitere) gezielte Durchsuchung des Fahrzeugs angekündigt worden war mit der Folge, dass der Angeklagte mit dem Auffinden des Marihuanas rechnen musste“, zumal der Angekl. „mit seinem eigenen Fahrzeug allein unterwegs war, weswegen auch die Zuordnung der Betäubungsmittel zu seiner Person zumindest sehr nahe gelegen hat“. Von einer nur eingeschränkten „Wertigkeit“ des Geständnisses ist nach Auffassung des LG weiterhin aber auch deshalb auszugehen, weil der Angekl. „zwar den Vorwurf eingeräumt“ hat, jedoch „seinen emotionslosen Ausführungen darüber hinausgehende Schuldeinsicht und Reue nicht entnommen werden“ konnten. Beide Begründungsvarianten für die mindere „Wertigkeit“ des Geständnisses des Angekl. laufen im Ergebnis darauf hinaus, die Verneinung besonderer Umstände im Sinne von § 56 II 1 StGB in rechtsfehlerhafter Weise mit Inhalt und Umfang des Tatgeständnisses bzw. dem Fehlen einer von „Schuldeinsicht und Reue“ getragenen Motivation für seine Abgabe und damit letztlich mit einer von dem Angekl. berechtigt verfolgten Verteidigungsstrategie zu begründen, was auch dann unzulässig wäre, wenn der Angekl. die ihm zur Last gelegte Tat bestritten hätte (BGH StraFo 2010, 207; BGH NStZ 2009, 441 = StraFo 2009, 342; Beschluss vom 07.02.2007 – 2 StR 17/07 [bei juris] und schon BGH NStZ-RR 2003, 264 = StV 2003, 669 f.; vgl. auch Fischer StGB 59. Aufl. § 56 Rn. 20 und 23, jeweils a.E.).