Archiv für den Monat: Mai 2012

Untätigkeitsbeschwerde – gibt es die noch?

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Der KG, Beschl. v. 15.03.2012 – 8 W 17/12 -befasst sich mit den Auswirkungen des am 03.12.2011 in Kraft getretenen Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungen vom 24.11.2011, und zwar im Hinblick auf die Frage der weiteren Zulässigkeit einer sog. Untätigkeitsbeschwerde. Im (Zivil)Verfahren hatte der Kläger mit Schriftsatz vom 26.01.2012 wegen eines erst am 09.08.2012 anberaumten Verhandlungstermins erhoben und beantragt, einen Termin spätestens Ende März 2012 anzuberaumen. Das LGhat mit Beschluss vom 02.02.2012 den Antrag zurückgewiesen. Mit einem bei Gericht am 16.02.2012 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger hiergegen Beschwerde eingelegt, der das LG mit Beschluss vom 16.02.2012 nicht abgeholfen hat. Das KG hat die „Untätigkeitsbeschwerde“ des Klägers gegen die Terminsanberaumung zum 09.08.2012 als unzulässig angesehen.

Die Untätigkeitsbeschwerde vom 16. Februar 2012 kommt aber nach dem am 03. Dezember 2011 in Kraft getretenen Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungen vom 24. November 2011 (BGBl. I, Seite 2302) nicht mehr in Betracht (vgl. OLG Brandenburg Beschluss vom 06. Januar 2012 – 13 WF 235/11 – bei […]; vgl. auch Bay LSG Beschluss vom 24.02.2012 – L 16 SB 282/11 B – bei […], Tz. 11; vgl. OVG Mecklenburg- Vorpommern Beschluss vom 23.01.2012 . 1 O 4/12 – bei […], Tz. 4ff). Einer solchen Beschwerde fehlt das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. Zöller/ Heßler, a.a.O., § 567 ZPO, Rdnr. 21 b). Der Gesetzgeber hat ausweislich seiner Gesetzesbegründung die konkret- präventive Beschleunigungswirkung der neu eingeführten Verzögerungsrüge als verfahrensrechtlich ausreichend betrachtet und von einer Beschwerdemöglichkeit für den Fall der Nichtabhilfe ausdrücklich abgesehen, um die Belastung für die Praxis begrenzt zu halten (vgl. Gesetzesbegründung BT- Drs. 17/3802, Seite 15,16). Mit dem neuen Entschädigungsanspruch werden die verschiedenen von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsbehelfskonstruktionen (so auch die außerordentliche Beschwerde) grundsätzlich hinfällig, weil die Entschädigungsregelung das Rechtsschutzproblem bei überlanger Verfahrensdauer abschließend lösen soll. Dieser Rechtsschutz wird einheitlich und ausschließlich gewährt durch einen außerhalb des Ausgangsverfahrens zu verfolgenden Anspruch. Eine Regelungslücke als Analogievoraussetzung besteht nach dem Inkrafttreten der Entschädigungsregelung nicht mehr (vgl. Gesetzesbegründung BT- Drs. 17/3802, Seite 16).“

Hm. Mit der Entscheidung habe ich ein wenig Probleme. Richtig ist m.E., dass es ein Rechtsmittel gegen die auf die Verzögerungsrüge ergehende Entscheidung nicht gibt. Insoweit bereitet die Verzögerungsrüge ja nur einen späteren Entschädigungsprozess vor. Richtig ist daher, dass die Beschwerde gegen den Nichtabhilfebeschluss unzulässig ist/war. Aber: Unter Untätigkeitsbeschwerde habe ich bislang immer etwas anderes verstanden, nämlich die Beschwerde unmittelbar gegen die „Nichtentscheidung“. Soll die jetzt auch unzulässig sein? Mal sehen, wie sich die Rechtsprechung an der Stelle weiter entwickelt.

 

 

 

Neues im Besetzungsstreit beim BGH – Beschleunigung über alles

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Im Besetzungsstreit um den Vorsitz des 2. Strafsenats des BGH ist offenbar ein wenig Ruhe eingekehrt, zumindest nach außen bzw. vielleicht dringt auch nichts mehr nach außen. Nun hat es aber noch einmal eine Entscheidung gegeben, die zwar nicht unmittelbar in dem „Besetzungsstreit“ ergangen ist, aber mittelbar mit ihm zu tun hat. Im Verfahren 2 StR 620/11 hatte der Angeklagte die Senatsmitglieder wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, die vorschriftswidrige Besetzung des 2. Strafsenates gerügt und geltend gemacht, es gebe Anhaltspunkte dafür, dass die abgelehnten Richter nicht in der ihnen durch das Grundgesetz eingeräumten Unabhängigkeit entscheiden, sondern sich bei ihren Entscheidungen durch einen durch das Präsidium des BGH ausgeübten Druck bestimmen lassen. Begründet worden ist das wie folgt:

„Die abgelehnten Richter hätten als Mitglieder der Spruchgruppe 2 des 2. Strafsenates mit Beschluss vom 11. Januar 2012 (2 StR 346/11) festgestellt, dass der Senat nicht ordnungsgemäß besetzt sei und das Verfahren ausgesetzt, weil die Zuweisung des Senatsvorsitzes an den abgelehnten Vorsitzen-den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann durch den Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs mit Verfassungsrecht nicht in Einklang stehe (anders die Spruchgruppe 1 des 2. Strafsenates, vgl. Urteil vom 11. Januar 2012 – 2 StR 482/11). Am 8. Februar 2012 hätten sie gleichwohl in demselben  Verfahren durch Urteil in der Sache entschieden. Aus Presseveröffentlichungen gehe hervor, dass ein Mitglied des Senats in der mündlichen Verhandlung über die Strafsache 2 StR 346/11 am 8. Februar 2012 dem Präsidium des Bundesgerichtshofs vorgeworfen habe, in dieser Sache auf die Rechtsprechung des Senates Einfluss genommen zu haben. Da unter der Beteiligung der abgelehnten Mitglieder des 2. Strafsenates an demselben Tag eine Sachentscheidung ergangen sei, obwohl sie weiterhin davon überzeugt seien, für diese nicht zu-ständig zu sein, müsse der Beschwerdeführer befürchten, dass diese mit den Grundlagen des juristischen Denkens nicht vereinbare Handlungsweise auf einer Druckausübung durch das Präsidium beruhe, sich mithin die abgelehnten Richter erfolgreich unter Druck hätten setzen lassen und so ihre Unabhängigkeit selbst aufgegeben hätten. Der Beschwerdeführer müsse auch befürchten, dass Richter, die bereits einmal hierzu bereit gewesen seien, sich auch weiter-hin dem durch das Präsidium ausgeübten Druck beugen würden. …“

Der 2. Strafsenat hat das Ablehnungsgesuch mit BGH, Beschl. v. 09.05.2012 – 2 StR 620/11 – zurückgewiesen. Aus der Begründung:

..Der Beschwerdeführer hat bei vernünftiger Würdigung aller Umstände, unter besonderer Berücksichtigung der Gründe der Entscheidung vom 8. Februar 2012, keinen Anlass, an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu zweifeln. Unerheblich ist der von einem der abgelehnten Richter in seiner dienstlichen Erklärung aus seiner subjektiven Wahrnehmung geschilderte Ablauf seiner Anhörung am 18. Januar 2012 vor dem Präsidium. Ebenso kann dahinstehen, ob ansonsten durch das Präsidium – wie ein anderer abgelehnter Richter, der am 18. Januar 2012 nicht angehört wurde, dienstlich erklärt hat – nach seinem subjektiven Eindruck und Empfinden ein hoher Druck aufgebaut wurde, die Rechtsprechung der Spruchgruppe 2 des Senates zu ihrer Besetzung aufzugeben. ….

…Der Senat hat dies mit dem rechtsstaatlichen Beschleunigungsgebot und dem Gebot der Rechtsschutzgewährung begründet und ausdrücklich darauf hinge-wiesen, dass es nicht zu Lasten der Rechtsmittelführer gehen dürfe, dass das Präsidium des Bundesgerichtshofs die Rechtsprechung der Spruchgruppe 2 des Senates nicht umgesetzt habe.

Auch soweit es im Urteil vom 8. Februar 2012 heißt, dass „die richterliche Unabhängigkeit nach Art. 97 Abs. 1 GG partiell zurückstehen“ müsse und der Senat „nach der Entscheidung des Präsidiums gehalten“ sei, „in seiner Meinung nach verfassungswidriger Besetzung zu entscheiden“, rechtfertigt dies bei vernünftiger Würdigung kein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter. Die betreffenden Formulierungen sind – ungeachtet des auch an dieser Stelle wegen des Beratungsgeheimnisses offen bleibenden Abstimmungsverhaltens der einzelnen Richter – erkennbar in den dargelegten argumentativen Zusammenhang des Urteils eingebettet. Sie beschreiben insofern lediglich die Konsequenz mit Rücksicht auf die in der konkreten Situation als höherrangig bewerteten Gebote der Beschleunigung und der Rechtsschutzgewährung in der Sache zu entscheiden, obwohl sich die Spruchgruppe 2 des Senates nicht für ordnungsgemäß besetzt hält.“

Irgend wann – hoffentlich nicht zu spät – wird sich sicherlich das BVerfG zu der Frage äußern dürfen/müssen…

 

 

Lesetipp: AAK-Messung – fehlerfrei??

Die Frage, ob ein AAK-Messung fehlerfrei und damit im Bußgeldverfahren verwertbar ist, kann für den Ausgang des Bußgeldverfahrens entscheidende Bedeutung haben. Deshalb war ich froh, dass es mir gelungen ist, einen Gerichtsmediziner zu gewinnen, der zu der Problematik einen Beitrag für den StRR verfasst hat. Den haben wir dann gleich auch im VRR gebracht.

Der Beitrag auf StRR 2012, 177 unter dem Titel „Fehler und Störeinflüsse bei der gerichtsverwertbaren AAK-Messung„, verfasst von Dr. Andreas Schuff aus Saarbrücken, steht derzeit (für einen Monat) zum Download bei Heymanns-Strafrecht online. Natürlich – wie immer bei uns – kostenlos.

AG Oschatz: Der Rechtspfleger entscheidet dann doch nicht, an welchem Termin der Verteidiger teilnehmen darf.

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Vor gut einem Monat hatte ich über den Beschluss des Rechtspflegers in einem Verfahren beim AG Oschatz wegen des Vorwurfs des unerlaubten Entfernens vom Unfallort berichtet. In dem war vom gerichtlich bestellten Sachverständigen ein Termin anberaumt worden, die Unfallbeteiligten waren aufgefordert worden, mit ihren Fahrzeugen zu erscheinen. Der Verteidiger erhielt nur eine Terminsmitteilung. Er nahm aber an dem Termin teil und rechnete dann nach Einstellung des Verfahrens gegenüber der Staatskasse auch eine Vernehmungsterminsgebühr Nr. 4102 VV RVG ab. So ist/war der Sachverhalt des AG Oschatz, Beschl. v. 04.04.2012, 1 Ds 253 Js 25756/11.

Der Rechtspfleger hatte weder die Nr. 4102 VV RVG festgesetzt noch die Teilnahme am Termin über § 14 RVG bei der Verfahrensgebühr berücksichtigt. Ersteres ist/war m.E. richtig, das letztere falsch. Die Kommentatoren zu meinem Posting haben es zum Teil anders gesehen (vgl. hier).

Nun liegt die Rechtsmittelentscheidung des AG vor. Der AG Oschatz, Beschl. v. 08.05.2012 – 1 Ds 253 Js 25756/11 – setzt die Gebühr Nr. 4102 VV RVG fest. Nach Auffassung des Amtsrichters kann die Vorschrift analog angewendet werden. M.E. falsch, wenn auch anwaltsfreundlich. Jedenfalls aber insoweit richtig, dass, um die Überschrift des Postings vom 24.04.2012 aufzugreifen: Der Rechtspfleger bestimmt dann doch nicht, an welchem Termin der Verteidiger teilnehmen darf.

Außer der Reihe: Vatertagswitze

Im Internet findet man ja – wie ich gerade mal wieder festgestellt habe – (fast) alles, also auch alles zum und um den Vatertag. So gibt es z.B. ein „Vatertag-Blog„, wer hätte das gedacht?
Und natürlich, wenn man mit der Eingabe „Vatertag Witze“ sucht, auch Vatertagswitze. Daher – außer der Reihe – heute ein paar gefundene bzw. ein paar Sprüche, der ein oder andere sicherlich ein wenig frauenfeindlich – man sehe es mir nach 🙂 ;-).

Warum haben Frauen nur 4 Gehirnzellen?
Für jede Herdplatte eine.

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“Lebensgefährtin” ist ein Wort, das von Lebensgefahr abgeleitet ist.

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Sagt der eine Mann zum andere:
„Meine Frau hat letzte Woche ein Baby bekommen!“

Sagt der andere:
„Und, weißt du schon wer der Vater ist?“

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Treffen sich zwei Väter.

Sagt der eine: „Meine Kinder sind richtige Engel!“

Sagt der andere: „Hast du ein Glück, meine leben noch!“

 

Und Wikipedia erklärt uns, woher der Vatertag kommt.